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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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sichtbare Anstrengung, ihre hellen Haare waren nass vor Schweiß und ihre Miene verzerrt. Sie schien es nicht mit Freude zu tun, nur mit Sturheit und Verbissenheit. Ich weiß nicht, was mich mehr verwirrte, dass sie half oder dass sie so ernst dabei aussah. Ich war nicht vertraut mit dieser Art von Hilfe – und dachte mir doch, dass man solches entweder erhabenen Herzens tun müsste oder eben gar nicht, gewiss mit Entschlossenheit, jedoch nicht mit solch einer grimmigen.
    Sie ist eine Frau, die zupackt, war eins der ersten Urteile, die ich je über sie fällte. Und sie ist eine, die nicht lacht.
    So wenig wie Gaetanus jemals lachte. Rasch blickte ich nun zurück zu ihm, wollte wissen, ob er nur zufällig auf jene Frau geblickt hatte oder willentlich, nahm wahr, irgendwie erleichtert – ich wollte nicht, dass irgendetwas seinen Gleichmut erschütterte, wenn ich es schon nicht konnte –, dass er sein Interesse verloren hatte, sich schon wieder abwandte. Doch just in diesem Augenblick wurde der Anführer der Legionäre, die zu Gaetanus’ Empfang gekommen waren, auf die junge Frau, die da Brot verteilte, aufmerksam. Dieses Gebaren musste ihm so fremd sein wie mir, denn er furchte die Stirne, bellte einige Worte in ihre Richtung, schickte schließlich, da sie nicht reagierte, sondern einfach fortfuhr, das Brot zu verteilen, zwei Legionäre aus.
    Da stellte sich heraus, dass sie die Stimme eines Marktweibes hatte, laut und schrill. Das passte vielleicht zu ihrer hageren Gestalt, zum finsteren Gesichtsausdruck, nicht aber zu ihrer offensichtlichen Jugend. Kein Faltennetz verzerrte ihre Züge, die, wenn auch nicht ebenmäßig, so doch fein waren. Aber dann dieses Gekreische, als man sie von ihrem Werk abhalten wollte! Es traf die beiden Legionäre so unerwartet, dass sie zusammenzuckten, ihre Fassung verloren, zu lachen begannen. Der Haupt- mann brüllte ihnen erneut etwas zu, vergaß Gaetanus, wegen dem er doch hier war, und jener wiederum – er blickte nun erneut auf Julia, aus starren, schwarzen Augen – wirkte irgendwie verstört. Seine Lider zitterten.
    Ich wusste nicht, worauf ich mehr achten sollte, auf seine veränderte Mimik – oder auf das Mädchen, das nun tatsächlich mit den Legionären zu rangeln begann. Dann freilich war der Spuk schon beendet. Ein dritter Mann kam nun auf sie zugelaufen, älter, dickleibig und schnaufend. Er schien ihr nahezustehen, weswegen man ihn wohl geholt hatte, als ihr unbotmäßiges Benehmen im ganzen Hafen ruchbar wurde.
    Bei seinem Erscheinen hörte sie auf zu kreischen. Sie runzelte nur die Stirne und verdrehte die Augen, um solcherart zwar Missfallen auszudrücken, bei ihrem Werk gestört worden zu sein, sich zugleich jedoch der Gewissheit fügend, dass sie diesem Mann Folge zu leisten hatte.
    Gaetanus wandte sich nun endgültigab, um sich in der neuen, schon jetzt verhassten Heimat begrüßen zu lassen.
    Drei Tage später war’s, da sprach ich mit Thaïs, einer Sklavin, die in dem Palast lebte, den ich in Gaetanus’ Gefolgschaft bezogen hatte. Sie war neugierig, fragte viel, und wiewohl ich ihr erst nur einsilbige Antworten gegeben hatte, nicht willens, eine nahezu Fremde in die Gesetzmäßigkeiten jenes Lebens einzuweihen, das Gaetanus gehörte – und irgendwie auch mir, weil ich ja wiederum ihm gehörte –, so nutzte ich denn doch aus, dass sie gern redete.
    Ich erzählte ihr von dem, was im Hafen geschehen war, und ohne dass ich die junge Frau beschreiben musste, rief sie sogleich: »Das war Julia Aurelia.«
    »Und wer ist diese Julia, dass sie sich so absonderlich gebärdet?«
    »Sie ist die Tochter des Eusebius. Er ist ein Kaufmann aus Carthago, und es heißt, er habe dort mit teuersten Waren gehandelt: Purpur aus Syrien, Wachs vom Schwarzen Meer, Austern aus Ephesus, Trüffel aus Mytilene ... Ich habe keine Ahnung, was ihn hierher nach Corsica getrieben hat, wo man doch weiß, dass es hier nichts anderes zu kaufen und zu verkaufen gibt als Wachs, Honig und Fisch. Vielleicht noch Marmor ...«
    Das alles erklärte nicht, warum sie bettelnden Schiffbrüchigen zu essen brachte. Doch ehe ich erneut fragen konnte, neigte sich Thaïs mit verschwörerischem Blick zu mir. »Nun, ganz gleich, was Eusebius nach Corsica gefuhrt hat. Seine Familie scheint außergewöhnlich reich zu sein, auch wenn sie es nicht zeigen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich und scheute mich, der Geschwätzigen ganz zu trauen.
    »Ich habe einmal mit Julia gesprochen«, erklärte Thaïs. »Und

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