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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Als Erstes bringe ich dir bei, wie du ihn auslöschst. Puff! Einfach so.« Sie schnalzte mit den Fingern. »Er hat große Angst, und ein ängstliches Tier ist immer gefährlich, Jess. Du hast die Macht, sein Leben zu zerstören, deshalb reagiert er nicht rational. Er ist in Panik.«
    Die beiden Weingläser standen unberührt auf dem Tisch, in der Nachmittagshitze lief Kondenswasser an ihrem Stiel herunter und bildete auf dem Tisch eine Lache. Eine Wespe flog auf die Oliven zu, schwebte einen Moment darüber und flog dann weiter.
    Jess schauderte.
    »Eigon ist hier. Ihr habt beide Angst. Ihr lauft beide vor einem Mann davon«, sagte Carmella leise. »Hör zuerst ihr zu. Lass dir ihre Geschichte erzählen. Dann machen wir weiter.«

Kapitel 17
    S ie waren beim Goldschmied gewesen und länger geblieben als geplant. Als sie sich schließlich zu den Pferden aufmachten, brach bereits die Dunkelheit herein. Die Stadttore standen offen, und die Wagen und Karren, denen tagsüber die Zufahrt ins Zentrum verboten war, drängten herein und verstärkten noch den Lärm und das hektische Treiben auf den Straßen. Flavius sah sich ständig um und betrachtete nervös die vielen Menschen. Er hatte kein gutes Gefühl, das Gedränge hier im Viertel war zu groß, und die Stimmung war insgesamt reizbar und explosiv. Er wusste nicht genau, was vor sich ging, der Pöbel scharte sich zusammen. Keine gute Zeit, um mit zwei jungen Frauen und zwei unbewaffneten Sklaven unterwegs zu sein. Er war sorglos geworden mit diesen Ausflügen. Jedes Mal hatte er sich gefragt, ob es nicht doch zu gefährlich war, dass Eigon gegen den Willen ihrer Mutter die Villa verließ, aber bislang war nie etwas passiert. Vier harte Jahre des Lernens lagen hinter ihr. Sie hatte sich diese Ausflüge verdient. Außerdem boten sie ihm die Möglichkeit, mit Julia zusammen zu sein. Niemand hatte sie je bedrängt, obwohl er bisweilen das Gefühl hatte, dass sie beobachtet würden.
    Unauffällig verringerte er den Abstand zu den beiden jungen Frauen und spitzte gleichzeitig die Ohren, um zu hören, worüber die Leute sich unterhielten. Der Kaiser. Der
junge Kaiser und seine Freunde zogen wieder raufend und zechend durch die Stadt, stifteten Chaos und verhöhnten den Plebs. Im Stillen fluchend mahnte Flavius seine Schützlinge zur Eile, schob sie durch Lücken im Gedränge. Dann sah er unmittelbar vor ihnen eine Schlägerei ausbrechen, ein Dutzend junger Männer stürmte schreiend auf sie zu. Flavius gefror das Blut in den Adern. Die Raufbolde hatten es wirklich auf die beiden Mädchen abgesehen. Er packte Eigon am Arm und riss sie mit sich, suchte hektisch nach einem Fluchtweg. Der Sklave Demitrius, der hinter ihm ging, hatte Julia an der Hand genommen. So liefen sie davon, während die jungen Männer einen Haken schlugen und ihnen brüllend folgten.
    »Halt sie auf!«, rief Flavius Vulpius zu, dem zweiten Sklaven. »Damit wir einen Vorsprung haben!« Ganz in der Nähe sah er eine dunkle Gasse. Verzweifelt steuerte er darauf zu, drängte die Mädchen in den Schatten, während die Schläger Vulpius erreicht hatten und ihn schreiend und johlend aus dem Weg stießen. Jemand packte eine brennende Fackel und setzte sie als Waffe gegen die Angreifer ein, ein anderer prügelte mit Fäusten auf sie ein. Flavius kämpfte sich zu Vulpius zurück, um ihm zur Seite zu stehen. »Lauft!«, rief er über die Schulter den Mädchen zu. »Lauft! Macht schon!«
    Verängstigt hasteten Julia und Eigon die dunkle Gasse entlang, doch dann blieben sie abrupt stehen. »Ohne Flavius können wir nicht gehen!«, rief Julia. »Du lauf, ich warte auf ihn!« Vulpius war gestürzt, einen Moment konnte Flavius sein schmerzverzerrtes Gesicht inmitten des Gewühls am Boden ausmachen, dann war nichts mehr von ihm zu sehen. Verzweifelt versuchte Flavius, sich aus der Menge herauszuboxen, fort von den fliegenden Fäusten. Blut rann ihm aus der Nase. Dann war Julia bei ihm. Hinter ihnen
johlte die Menge, jemand anderes fiel zu Boden. Julia packte Flavius am Arm und zog ihn in den Schatten. »Hier entlang! Schnell!«
    »Aber Vulpius! Wir können ihn nicht dort lassen!«
    »Das müssen wir aber. Wir können ihm nicht helfen!« Es war Demitrius, der die Führung übernahm. »Hier weiter. In der Dunkelheit werden sie uns nicht folgen.«
    Irgendwie waren sie dem Tumult entkommen, auf einen schmalen Weg zwischen zwei Gebäuden gelangt und von dort in eine andere Gasse, die weiter vom Forum wegführte. Eigon griff nach

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