Die Tochter des Königs
war sie nicht mehr im Garten gewesen. Nachdem er in den frühen Morgenstunden schließlich in sein Hotel gegangen war, hatten sie die Wohnungstür dreifach hinter ihm abgeschlossen und den Sicherheitsriegel vorgeschoben. In dieser Nacht würde niemand in die Wohnung kommen.
Kapitel 19
P omponia Graecina ließ die Mädchen in ihrer Sänfte abholen. »Da kann dir nichts passieren, Eigon.« Sie hatte die Einladung mit einem Lächeln ausgesprochen. »Niemand wird wissen, dass du darin sitzt. Aber deiner Mutter erzählen wir nichts davon. Sie hat schon genug Sorgen.«
Caradoc hütete das Bett, ihm fehlte die Kraft, aufzustehen. Immer wieder wurde sein Körper von Krämpfen geschüttelt, die ihm fast das Bewusstsein raubten, und er war bis zur Unkenntlichkeit abgemagert.
»Und Aelius erzähl auch nichts davon«, fügte Pomponia Graecina hinzu. »Weihe einige der Bediensteten in deinen Plan ein, damit sie dir helfen.« Sie lachte. Beim Gedanken an ihr Vorhaben strahlte ihr sonst so strenges Gesicht.
Julia und Eigon bestiegen die Sänfte, den Kopf unter ihrer Stola verborgen, und schlossen die Vorhänge. Das Beförderungsmittel wurde von insgesamt zwölf Sklaven getragen, sechs vorne und sechs hinten, und bewegte sich rasch und ohne Erschütterungen den staubigen Weg hinunter zur Straße, die zur Via Flaminia führte, über die sie in die Stadt gelangen würden.
»Was, meinst du, steht hinter der Einladung?« Julia nahm die Stola vom Kopf und richtete sich die kunstvoll festgesteckten Locken.
Eigon zuckte ausweichend mit den Schultern. Melinus hatte Andeutungen gemacht, ihr aber Stillschweigen auferlegt. Damit Julia nichts davon mitbekam, sollte sie zu einem aufregenden Einkaufsbummel entführt werden, der ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
Draußen war es heiß, kein Lüftchen regte sich, die großen Pinien, die die Straße säumten, waren das einzige Grün in der ausgedorrten Landschaft. Alle Leute, die unterwegs waren, ob nun zu Fuß oder zu Pferd, schleppten sich nur mühsam voran.
Der Überfall kam aus heiterem Himmel. Als die Sklaven donnerndes Hufgetrappel hörten, wichen sie zur Seite, damit die Soldaten sie passieren konnten. Doch diese umzingelten die Sänfte und zwangen die Träger, stehen zu bleiben. Die Truppen trugen die scharlachrote Uniform der Prätorianer.
»Halt im Namen des Kaisers!« Die Vorhänge wurden von einer Schwertspitze beiseitegeschoben, während die Sklaven die Sänfte absetzten und zurücktraten. Eigon und Julia drückten sich verängstigt aneinander, als einer der Männer absaß. »Raus!« Er verschwendete keine Zeit mit Höflichkeiten. Die beiden Mädchen stiegen aus und starrten ihn verschreckt an.
»Was soll das bedeuten?« Eigon fand ihre Stimme als Erste wieder. »Wie könnt Ihr es wagen!«
Der Offizier musterte zuerst sie und dann Julia von Kopf bis Fuß, als wüsste er nicht, an welche der jungen Damen er seine Worte richten sollte. »Und wie ich es wage, Schätzchen, glaub mir! Welche von euch ist Julia Pomponia Graecina?«
Julia fuhr zusammen. »Weshalb wollt Ihr das wissen?«
»Antworte!« Der Tonfall des Mannes war barsch.
»Das ist doch offensichtlich, Marius!«, warf einer der anderen Soldaten ein. »Schau dir doch ihre Hautfarbe an.
Das ist die, die wir wollen.« Er deutete mit dem Kopf auf Eigon.
Eigon straffte die Schultern. »Das ist eine Ungeheuerlichkeit!« Sie tat ihr Bestes, die Fassung zu wahren.
»Du.« Der erste Mann deutete auf Julia. »Ab in die Sänfte mit dir.«
Julia starrte ihn empört an. »Ganz sicher nicht.« Sie nahm allen Mut zusammen. »Untersteht Euch! Wisst Ihr, wer mein Onkel ist? Dafür werdet Ihr büßen!«
»Dir wird nichts passieren«, warf der Zweite ein. »Bitte steig wieder in die Sänfte.«
»Eigon, du zuerst!« Julias Stimme zitterte.
Das ließ Eigon sich nicht zweimal sagen. Hastig kletterte sie in die Sänfte, gefolgt von Julia. Keiner der beiden Männer hatte Anstalten gemacht, sie daran zu hindern. Marius seufzte. »Na gut, wenn ihr beide mitkommen wollt, das lässt sich sicher einrichten. Ihr«, sagte er dann an die Sklaven gerichtet. »Hebt sie auf und folgt uns.« Die vier bewaffneten Wachen hatten an den Ecken der Sänfte Aufstellung genommen.
»Nein!« Julias Protest war kaum zu hören.
»Herrin, da kommen Leute«, flüsterte Marcello, der dienstälteste Sklave. »Sie werden uns helfen.« Er warf einen Blick zu einem der Sänftenträger, die vorne standen, und nickte leicht mit dem Kopf. Eine Staubwolke,
Weitere Kostenlose Bücher