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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Knoten der Angst. Sie wusste genau, wer hinter dem Plan stand, sie zu entführen. Und jetzt kannte sie auch seinen Namen. Titus Marcus Olivinus.
    Als Julia fort war, wandte Pomponia sich an Eigon. »Ist alles in Ordnung, mein Herz?«
    Eigon nickte. Sosehr sie diese Frau auch ins Herz geschlossen hatte, die ihr ebenso sehr eine Tante war wie ihrer leiblichen Nichte Julia, konnte sie ihr doch nicht von dem schrecklichen Geheimnis erzählen, das sie nur mit ihrer Mutter teilte.
    Nachdenklich betrachtete Pomponia sie und nickte dann betrübt. Vermutlich hätte Eigon weit mehr zu dem merkwürdigen Überfall zu sagen, als sie erzählte, aber wenn sie das für sich behalten wollte, würde sie ihr Schweigen respektieren. Sie steckte Eigons Hand in ihre Armbeuge. »Heute ist für mich ein ganz besonderer Tag, und ich möchte, dass du ihn mit mir feierst. Ein paar deiner Freunde sind schon hier. Komm.«
    Sie führte sie in den großen Empfangssaal. Als Erstes sah Eigon dort Melinus, der feierlich lächelte. Neben ihm stand Julius. Pomponia trat zu ihm. »Das ist mein ganz besonderer Gast. Julius, solange ich noch beschäftigt bin, erzähl ihr doch bitte, was heute stattfindet.« Lächelnd nahm sie Eigons Hand und legte sie in Julius’.

    Einen Moment stockte Eigon der Atem. Die Berührung dieses jungen Mannes durchfuhr sie wie ein Blitzschlag. Das Gefühl erschreckte sie. Einen Moment starrten die beiden sich an, unfähig, den Blick abzuwenden, bis Eigon verlegen als Erste fortschaute. Sanft entzog sie Julius ihre Hand und sah zu Melinus, der sie beide leicht belustigt beobachtet hatte. »Was passiert denn heute?«
    »Petrus kommt.«
    »Pomponia möchte, dass du ihn bittest, für deinen Vater zu beten«, erklärte Julius freundlich.
    »Petrus, der Christ?« Stirnrunzelnd blickte Eigon zu Melinus.
    Julius nickte. »Weißt du nicht, dass mein Großvater und Melinus gute Freunde geworden sind?« Amüsiert schaute er aus seinen warmen braunen Augen zu ihr.
    Dazu war es gleich bei ihrer ersten Begegnung gekommen, wenige Tage nach der schrecklichen Nacht, in der Julius sie und Julia vor der wütenden Menge gerettet hatte. Julius hatte seinen Großvater zur Villa begleitet, damit Caratacus und seine Frau ihm persönlich danken konnten, dass er ihrer Tochter in der Nacht Zuflucht gewährt hatte. Später am Nachmittag waren dann Melinus und der ältere Mann unversehens allein zurückgeblieben und ins Gespräch gekommen. Obwohl Melinus nach wie vor ein Druide war und Felicius sich zum Christen hatte taufen lassen, hatten sie sehr bald im jeweils anderen die vielen Eigenschaften erkannt, die ihnen gemein waren. Ihre Interessen, ihr Blick auf das Leben, ihre Philosophie waren der Stoff für viele stundenlange Diskussionen. Melinus hatte von seinem Respekt für Petrus erzählt, der in Rom der Christengemeinde vorstand, und hatte Felicius begleitet, als Paulus, ebenfalls einer der Apostel Jesu, von Tarsus nach Rom gekommen war.

    Mittlerweile gab es in Rom, wo die Menschen aus aller Herren Länder stammten und Dutzenden von Religionen und Aberglauben anhingen, eine größere Anzahl von Christen. Im Großen und Ganzen duldeten die römischen Behörden nahezu jede Denkungsart, doch zum christlichen Glauben bekannte sich niemand öffentlich. Nero und seine Berater misstrauten den Christen ebenso wie die einfachen Bürger, weil sie Gerüchte gehört hatten, Christen äßen und tränken das Fleisch und das Blut des Sohnes ihres Gottes, und sie deshalb des Kannibalismus bezichtigten - eine der wenigen Perversionen, die in Rom nicht toleriert wurde. Bisweilen wurden Christen fast willkürlich wegen Verrats oder Schlimmerem verhaftet, und sie erwartete ein grausames Schicksal. Also war es besser, über seinen Glauben Stillschweigen zu bewahren.
    »Manchmal ist es doch bestimmt beängstigend, zu wissen, dass euch nachspioniert wird. Merken die Leute denn nicht, dass ihr nicht zum Tempel geht und Opfer darbringt?«, fragte Eigon nachdenklich.
    Julius lächelte. »Die Leute sind toleranter, als du glaubst. Und unsere Familie ist so einflussreich, dass sie uns unsere exzentrischen Launen nachsehen.« Er lächelte wieder. »Ich hoffe, du hast keine Angst, hier unter so vielen Christen zu sein?«
    Sie schüttelte den Kopf. Wie immer konnte sie nur schlecht den Blick von seinem lächelnden Gesicht losreißen. Sie schaute sich um. »Weiß Pomponia, dass ihr Christen seid?«
    »Natürlich. Sie hat Petrus heute zu sich eingeladen. Zum einen, damit du ihn

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