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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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bekannt.
    »Lucius Flavius Corbidum, Herrin.«
    Eigon begrüßte ihn gefasst und wartete schweigend, was er zu sagen hatte.
    Er zögerte ein wenig, ehe er begann: »Ich habe einen Haftbefehl für Euren Sklaven, der als Melinus bekannt ist. Mir wurde nahegelegt, mit Euch persönlich und nicht mit dem König zu sprechen, der krank ist. Ihr möchtet
sicher nicht, dass ihm eine Beteiligung am Verrat zur Last gelegt werden könnte.«
    Eigon starrte den Offizier verständnislos an. »Ihr werft Melinus Verrat vor?«
    Der junge Mann nickte. »Es wäre wohl besser, wenn Ihr ihn rufen lasst, als wenn ich meine Männer beauftrage, die Villa nach ihm zu durchsuchen, Prinzessin.«
    »Melinus kann keinen Verrat begangen haben«, brachte Eigon stockend hervor. Sie warf einen Blick zu Aelius, der mit unbewegter Miene neben der Tür stand. »Dazu ist er gar nicht fähig. Er ist ein gütiger, sanfter Mann, Politik interessiert ihn nicht …«
    »Darüber müssen die Richter befinden, Prinzessin.« Lucius musterte sie unverhohlen. Titus hatte Recht, sie war zu einer Schönheit herangewachsen, dieses Mädchen, das er vor all den Jahren in einem regennassen Wald in einem abgelegenen Winkel des Reichs aufgestöbert hatte. Und ihre Reaktion bewies, dass Titus auch mit seiner Vermutung richtig lag: Sie war mit Melinus befreundet. Jetzt würden ihre Freunde nacheinander verschwinden. Wenn sie tatsächlich glaubte, ein Sklave würde vor Gericht gestellt werden und einen richtigen Prozess bekommen, war sie noch naiver, als es den Anschein hatte. Er wollte den Mann bloß möglichst schnell und unauffällig aus dem Haus schaffen.
    Eine Gestalt war in die Tür getreten. Melinus. Er stand dort und beobachtete sie. Mit einem nachdenklichen Blick auf Aelius trat er vor. »Ihr seid meinetwegen gekommen?« Sein Gesicht war ernst.
    »Wenn du Melinus bist.«
    Melinus nickte. Lucius schauderte. Dieser Mann war ein Druide, hatte man ihm gesagt. Ein gefürchteter und verbotener Priester der grausamen keltischen Religion, der diese
junge Frau und ihr Vater angehörten, und wie ein furchteinflößender Priester sah er auch aus mit seinem langen silbernen Bart und dem geschnitzten Stab. Lucius musste sich zwingen, ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Ich habe einen Haftbefehl gegen dich. Ich soll dich zum Mamertinischen Kerker bringen, wo du den Prozess abwartest.« Melinus wusste vermutlich, dass er nicht vor Gericht gestellt würde, da war sich Lucius ziemlich sicher. Wahrscheinlich hörte der Alte schon das Brüllen der hungrigen Löwen, die nach seinem Blut trachteten. Er straffte die Schultern, bereit, nach seinen Männern zu rufen, aber Melinus zuckte nur mit den Achseln. Als hätte er mit dieser Verhaftung gerechnet. Lucius schauderte wieder. Druiden waren in vieler Hinsicht einschüchternd, unter anderem auch deswegen, weil sie die Zukunft vorhersagen konnten.
    Mit einem Lächeln wandte Melinus sich zu Eigon. »Hab keine Angst, Prinzessin. Mir wird es an nichts fehlen.«
    »Aber, Melinus…«
    »Komm mir nicht nach.« Er sah sie streng an. »Unternimm nichts. Was aus mir wird, ist in den Sternen geschrieben. Bleib bei deinem Vater.« Ohne auf Aelius zu achten, wandte er sich dann an Lucius, seine Stimme klang gefasst, fast freundlich. »Kommt, mein Freund, wir sollten gehen, bevor das Unwetter losbricht.«
    »Welches Unwetter denn?« Lucius sah in den wolkenlos blauen Himmel.
    Melinus lächelte geheimnisvoll. »Das Unwetter, das meine Götter schicken, um ihr Missfallen über meine Festnahme auszudrücken.« Er schritt zur Tür.
    Lucius eilte ihm nach, besann sich dann aber und verneigte sich noch kurz vor Eigon, ehe er verschwand. Eigon starrte den beiden Männern nach. Sie hatte einen trockenen
Mund, und ihr Magen krampfte sich vor Angst zusammen. Ganz leise tönte aus der Ferne das erste Donnergrollen herüber, das zwischen den Hügeln widerhallte.
     
    »Hast du den Donner gehört?«, flüsterte Jess. »Die Götter der Berge sind zornig. Das wird das schlimmste Gewitter, das Rom je erlebt hat.«
    Langsam wandte sie ihre Aufmerksamkeit von den Sonnenstrahlen, die durch die Blätter der Pflanzen am Rand der Terrasse fielen, wieder auf ihre unmittelbare Umgebung. Rhodri beobachtete sie gebannt. »Willkommen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Du warst irgendwo zweitausend Jahre entfernt.« Er lächelte fragend. »Erzählst du mir, was passiert ist?«
    Sie zögerte, noch etwas benommen, dann fiel ihr Blick auf die Uhr, und vor Verlegenheit

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