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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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werden. Er war nicht dumm, alles andere als dumm sogar. Er wusste genau, was passiert war. Und wann. Als er unterhalb von Ty Bran am Feldrand geparkt hatte. Voll Angst und Sorge war er allein ins Auto gestiegen, hatte nicht gewusst, was er tun sollte, hatte nur gewusst, dass er alles verspielt hatte - seine Karriere, seine Ehe, seine Zukunft. Und dann hatte er, wie aus heiterem Himmel, direkt neben sich diese andere Person gespürt. Er hatte Angst gehabt, schreckliche Angst, aber er hatte sich nicht gegen sie gewehrt. Was hatte er noch zu verlieren?
    Jetzt saß er am Rand des Brunnens unterhalb der Spanischen Treppe und sah die Welt an sich vorbeiziehen, während es um ihn her allmählich dunkel wurde. Jess war in der Nähe, das spürte er. Mittlerweile war es fast so, als brauchte er ihr gar nicht mehr zu folgen, er wusste einfach, wo sie war und was sie tat. Er lächelte. Ihm war nicht ganz klar, was Titus vorhatte, aber das störte ihn nicht. Wenn die Zeit reif war, würde er wissen, was er zu tun hatte. Er schloss die Augen. Ein Risiko gab es für ihn eigentlich nicht mehr, da war er sich ziemlich sicher. Dafür hatte er schon gesorgt. Von William hatte er nichts mehr zu befürchten. Vielleicht hätte er ihn ganz ausschalten sollen, als er die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Aber vielleicht war es doch besser so, denn wenn er ihn am Leben ließ, stiftete er noch mehr Verwirrung. Nat, Jessʹ Freunde und Bekannte, der Direktor, selbst der verrückte Opernsänger waren jetzt alle im Bild, alle wussten von ihrem »Zusammenbruch«. Niemand würde mehr etwas darauf geben, was sie sagte, niemand würde ihr noch helfen wollen. Wenn sie früher oder später beschloss, ihrem Leben ein Ende zu setzen, wen würde das noch wundern? Daniel lächelte in sich hinein. Wenn er nicht so bequem hier säße und die Menschen so schön beobachten
konnte, würde er aufstehen und sich ein kleines Hotel suchen; er wollte seine letzten Tage in Rom noch richtig auskosten. Schließlich konnte es jetzt nicht mehr lange dauern. Er spürte, wie Titus sich in seinem Kopf regte. Eine unbehagliche Präsenz, die von ihm zehrte und ihm all seine Energie raubte, aber momentan war er bereit, sich damit abzufinden. Momentan konnten sie einander helfen.

Kapitel 21
    W illiam dirigierte das Taxi die Straße hinauf zum Palazzo und bat den Fahrer dann, ihn an der Ecke abzusetzen. Es war zwar schon spät, aber er sah noch Licht in der Wohnung brennen. Vorsichtig schaute er sich um, lief auf die andere Straßenseite und drückte auf die Klingel. »Kim? Ich bin’s. Darf ich rein?«, fragte er, sobald sie die Gegensprechanlage betätigte.
    Als er die Wohnungstür erreichte, zog sie ihn sofort in den Flur. »Und? Wie geht’s dir?«
    »Es geht. Er muss mir was über den Kopf gezogen und dann irgendwelche K.-o.-Tropfen gegeben haben. Ich habe immer noch einen grausamen Brummschädel.«
    »Der Schuft! Ich dachte, du wolltest nach Hause fahren?« Kim und Steph hatten im Halbdunkeln gesessen, die Fenster zum Hof standen offen.
    »Das wollte ich auch, aber ich hab’s mir anders überlegt.« Williams Miene verfinsterte sich. »Irgendjemand muss sich Daniel ja zur Brust nehmen. Ist Jess gut weggekommen?«
    Kim und Steph tauschten einen Blick. »Wir hatten einen Plan, aber der hat nicht geklappt. Rhodri wollte sie von seinem Hotel aus zum Flughafen bringen, aber dann hat Daniel sie gefunden. Er muss ihr von hier gefolgt sein. Aber es ist alles in Ordnung, sie ist bei Carmella. Wo Daniel jetzt ist, wissen wir nicht.«

    »Verflucht!«
    Kim holte eine Flasche Wein und drei Gläser. »Jess steht sich selbst am meisten im Weg. Immer unternimmt sie alle möglichen Sachen allein. Sie traut uns nicht. Ich glaube, sie traut niemandem.«
    William stellte sein Glas so heftig auf den Tisch, dass Wein überschwappte und auf der Holzoberfläche eine kleine Lache bildete.
    »Was ist mit Rhodri?«
    Kim grinste. »Im Moment sucht er ganz Rom nach Daniel ab. Das Problem ist, dass wir keine Ahnung haben, wo er suchen soll.« Sie wischte den verschütteten Wein mit einer Papierserviette auf.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Steph.
    »Wir können nicht einfach abwarten. Wir müssen etwas tun.« Unruhig stand William auf und trat ans Fenster. »Da habe ich Daniel gesehen. Unten im Garten.«
    »Na, jetzt ist er nicht da. Ich habe das Schloss austauschen lassen!«, sagte Kim erbost. »Und Jacopo hat die Gardinenpredigt seines Lebens bekommen. Er kann von Glück reden, dass er

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