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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Christus dich segnen, mein Herz.« Er nahm ihr den Umhang von den Schultern und reichte ihn Eigon. »Du brauchst ihn mehr«, sagte er leise. Eigon errötete. Sie hatte versucht, ihre Blöße mit Titus’ Umhang zu bedecken, aber sie war dankbar für seine Geste. Der andere Mann robbte vorsichtig zur Lederklappe, hob sie an und spähte hinaus. Niemand war zu sehen, offenbar folgten keine Soldaten dem Wagen. In diesem Moment fuhren sie durch ein bewaldetes Gebiet, es war relativ dunkel. Der Mann schaute zu Eigon und hob fragend die Augenbrauen. Dann flüsterte er ihr direkt ins Ohr: »Sollen wir rausspringen? Das ist vielleicht unsere einzige Chance.« Sie nickte. Der Wagen war zwar hoch und fuhr mit raschem Tempo dahin, jeder, der heruntersprang, lief Gefahr, sich zu verletzen, aber alles war besser, als tatenlos das weitere Schicksal abzuwarten. »Wir müssen sehr leise sein. Springt und versteckt euch so schnell wie möglich zwischen den Bäumen. Schaut zu, dass ihr außer Sichtweite kommt.« Er warf einen Blick zu dem anderen Mann und dann zu Antonia. »Ihr zwei Frauen zuerst, wir nehmen jeder ein Kind und folgen euch. Jetzt!«

    Es blieb keine Zeit, zu überlegen. Eigon griff nach Antonias Hand, einen Moment kauerten die beiden hinten auf dem Wagen, dann ließen sie sich fallen. Durch den heftigen Aufprall blieb Eigon kurz die Luft weg, aber schon im nächsten Moment war sie aufgesprungen und lief zwischen die Bäume. Von dort sah sie, wie die beiden Männer ebenfalls heraussprangen, jeder mit einem Kind im Arm. Einer der Männer landete auf den Füßen und taumelte, fing sich aber wieder und rannte in den Wald. Die Pferde trabten schnell dahin, der Wagen schlingerte hinter ihnen her. Das Geräusch der Hufe auf den Pflastersteinen übertönte jeden Lärm, den die sechs gemacht haben konnten, und ehe sie wieder richtig zu Atem gekommen waren, war der Wagen bereits in einer Staubwolke um eine Kurve verschwunden.
    »Ist alles in Ordnung? Wo sind die anderen?« Der Mann, der den kleinen Jungen bei sich hatte, winkte Eigon aus dem Schatten zu. Das Kind wirkte völlig benommen.
    Eigon schüttelte den Kopf. »Ich kann sie nicht sehen. Sie müssen zwischen die Bäume geflüchtet sein. Ich schau nach ihnen.« Der Knöchel tat ihr weh, offenbar hatte sie ihn sich beim Aufprall verknackst, und sie hatte sich den Arm aufgerissen, die Schürfstelle brannte wie Feuer. Vorsichtig schlich sie zum Rand der Bäume und sah prüfend die Straße auf und ab.
    »Eigon?« Antonia taumelte auf sie zu. Sie war über und über mit Blättern bedeckt, und im Gesicht hatte sie dunkle Flecken, aber sonst schien sie unverletzt. »Wo sind die anderen?«
    Sie fanden den zweiten Mann und das kleine Mädchen im Straßengraben sitzen, beide zu benommen, um sich zu bewegen. Sie mussten eine ganze Weile auf das Mädchen einreden, ehe es schließlich seine Ärmchen vom Hals des Mannes löste, dann schließlich gelang es ihm, aufzustehen.

    »Kommt. Sie werden bald merken, dass wir nicht mehr da sind, und nach uns suchen. Wir müssen weg von hier.« Der ältere der beiden Männer übernahm die Führung. »Wir ziehen uns tiefer in den Wald zurück. Wir dürfen von der Straße aus nicht zu sehen sein. Weiß jemand von euch, wo wir sind?«
    Eigon hatte von dem Umhang, den sie sich um die Schultern gelegt hatte, einen Streifen abgerissen und verband damit ihren Knöchel. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerzen aufzuschreien. »Wir sollten nicht so weit von dem Bauernhof weg sein, in dem Antonia und ich gefangengenommen wurden. Ich weiß, wo der ist. Ich bin ja freiwillig dorthin geritten.« Sie verzog das Gesicht, halb wegen der Schmerzen in ihrem Fuß, halb wegen ihrer Dummheit. »Es war nicht weit entfernt von dort, wo ich wohne.«
    »Aber dahin wollen wir doch nicht zurück, Eigon«, sagte Antonia leise. Sie zitterte am ganzen Leib. »Da wird er als Erstes nach uns suchen.«
    Eigon seufzte. »Da hast du Recht. Also, was sollen wir tun?«
    »Wir sollten beten.« Der jüngere Mann, der Vater der beiden Kinder, hatte jetzt die Arme um sie gelegt. Er schaute zu den Frauen auf. »Ich heiße Stephanus. Und die beiden sind Maria und David.«
    »Und ich bin Marcellus«, sagte der Ältere. Als sie ein leises Donnern hörten, warf er durch die Bäume einen Blick zum Himmel. »Eigon, kannst du auftreten? Dann marschieren wir jetzt los. Mein Gefühl sagt mir, dass wir auf den Donner zugehen sollten. Das Unwetter treibt schon den ganzen Nachmittag von den

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