Die Tochter des Königs
Jetzt, da Eigon wieder hier ist, kann sie ihm helfen. Alles wird wieder gut.« Innerhalb kürzester Zeit waren nur noch Eigon und ihre Mutter im Raum. »Brauchst du etwas aus deiner Kräuterkammer?«, fragte sie leise, als Eigon wieder am Bett ihres Vaters saß und seine Hand hielt.
Eigon schüttelte den Kopf. Sie betete.
»Soll ich anordnen, dass sie eine Suppe für ihn zubereiten?«
»Nein, Mama.« Eigon sah auf. »Ich kann nichts mehr tun. Papa stirbt. Jetzt müssen wir nur noch für ihn hier sein. Er geht nach Hause.« Sie warf ihrer Mutter ein trauriges Lächeln zu. »Sein Herz ist schon seit langer Zeit nicht mehr sehr stark. Das hast du auch gewusst. Ich spüre es unter meiner Hand. Es ist sehr schwach, es schlägt kaum noch. Er kann schon die Hügel unserer Heimat sehen.«
Cerys starrte sie an, Tränen standen ihr in den Augen. »Nein«, flüsterte sie.
»Bald ist die Zeit gekommen.« Eigon rutschte ein wenig zur Seite, um ihrer Mutter Platz zu machen. »Hier, komm und halt auch seine Hand. Er soll wissen, dass wir beide bei ihm sind.«
»Es war ihm doch besser gegangen!«, rief Cerys gequält.
»Ich weiß. Ein letztes Aufbäumen, mehr nicht.« Eigon beugte sich vor und gab ihrem Vater erneut einen Kuss auf die Stirn.
Nachdem er zu atmen aufgehört hatte, saßen sie lange Zeit schweigend bei ihm am Bett. Schließlich brach Eigon die Stille mit einem leisen Gebet. »Lieber Jesus. Mein Vater hat nie die Gelegenheit gehabt, dich kennenzulernen. Aber segne ihn und schütze ihn im Land der ewigen Jugend. Darum bitte ich dich.«
Cerys schaute auf. »Also stimmt es doch.« Wütend erhob sie sich. »Wie kannst du es wagen, über dem Leichnam deines Vaters zu einem fremden Gott zu beten! Als der Mann sagte, du seist Christin, habe ich ihm nicht geglaubt. Ach, natürlich weiß ich schon lange, dass Antonia und ihre Familie getauft sind. Dein Vater hat es auch vermutet, aber er sagte, es mache nichts. Er sagte, die Christen seien gute Menschen. Aber das stimmt nicht. Sie haben diese Stadt zerstört. Sie haben meine Familie zerstört, und jetzt haben sie meinen Geliebten getötet! Du hast ihn getötet!«
»Mama! Bitte, niemand hat ihn getötet.«
Als sie das sagte, dachte sie an Titus’ Augen. Er war hier gewesen, in diesem Raum. Er hatte die Liebe ihres Vaters zu ihr zerstört, seinen Glauben an sie, seinen letzten Frieden. Er hatte alles zerstört, was ihr wichtig war, und damit hatte er auch sie selbst zerstört.
»Verschwinde aus diesem Zimmer!« Weinend warf sich Cerys auf ihren toten Mann. »Verschwinde! Durch dich habe ich Togo und Gwladys verloren! Jetzt habe ich durch dich Caradoc verloren! Geh doch zu deinen christlichen Freunden. Verschwinde! Du hast hier kein Zuhause mehr. Ich will dich nie wiedersehen.«
Hinter ihnen ging leise die Tür auf. »Eigon?« Es war Marcellus.
Eigon wusste nicht, wie viel er mit angehört hatte. Sie wandte sich zu ihm, ohne ihn wahrzunehmen. »Er ist tot.«
»Meine Liebe, das tut mir sehr leid.« Er näherte sich, warf einen Blick auf den Toten und auf die Frau, die sich verzweifelt an ihn klammerte. »Eigon, es tut mir leid, aber einer eurer Sklaven hat mir etwas erzählt, das mir Sorgen bereitet«, flüsterte er. »Über den Sohn eures Haushofmeisters. Flavius heißt er? Der Sklave glaubt, dass er von dem Offizier Geld genommen hat. Bald nachdem wir angekommen sind, ist Flavius nach draußen gegangen, noch bevor die Tore verschlossen wurden. Der Sklave meint, dass er sich davongemacht haben könnte, um sie zu informieren, dass wir hier sind.«
Betroffen wandte Eigon sich zu ihrer Mutter. »Mama, hast du das gehört?«
»Geh!« Cerys sah nicht einmal auf. »Geh jetzt. Und komm nie wieder!«
Sanft legte Marcellus Eigon eine Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid zu sehen, wie viel Kummer über dieses Haus gekommen ist.«
Sie streckte die Hand aus, um ihren Vater ein letztes Mal zu berühren, dann überlegte sie es sich anders und trat vom Bett zurück. »Wir müssen sofort aufbrechen, solange wir noch die Gelegenheit dazu haben. Damit wir nicht noch mehr Unglück über dieses Haus bringen«, sagte sie so entschlossen, wie es ihr möglich war. »Wo sind die anderen?«
»Der Sklave, Silas, ist mit ihnen zu den Stallungen gegangen.«
Eigon folgte Marcellus zur Tür, dann blieb sie stehen und warf einen traurigen Blick zum Bett. »Auf Wiedersehen, Mama. Ich liebe dich.«
Cerys gab nicht zu verstehen, ob sie ihre Tochter gehört hatte.
Sie ritten die ganze
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