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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Nacht hindurch. Die beiden Männer hatten jeder ein Kind vor sich auf dem Sattel. Marcellus sagte, er kenne einen Ort, an dem sie in Sicherheit seien, und als es hell wurde, waren sie von Wildnis umgeben. Bevor sie aufgebrochen waren, hatte Eigon aus ihrem Zimmer neue Kleidung für sich und Antonia und Umhänge für die Kinder zusammengesucht, und Silas hatte ihnen Körbe mit Vorräten gebracht, die er eilends in der Küche gefüllt hatte. Er begleitete sie bis zur Via Flaminia, wo sie eine kurze Rast einlegten.
    »Willst du nach Hause?«, fragte Eigon. »Da wäre es sicherer für dich.«
    Er schüttelte den Kopf. »Herrin, wenn ich darf, begleite ich Euch.« Er warf einen kurzen Blick zu Marcellus, dem er offenbar große Ehrfurcht entgegenbrachte. »Bitte.«
    Sie lächelte. »Es wird gefährlich werden.«
    Er nickte. »Ich kann Euch helfen. Ich bin kräftig, und ich kenne die Gegend hier. Ich hätte Euch gestern nicht allein zurücklassen dürfen. Das möchte ich jetzt wiedergutmachen.«
    »Dann darfst du mitkommen, Junge.« Marcellus legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wir freuen uns, dich bei uns zu haben.«
    Der Ort, zu dem sie unterwegs waren, war ein halb verfallenes Dorf, in dem bereits ein gutes Dutzend christlicher Familien Zuflucht vor dem Grauen in der Stadt suchte. Marcellus kannte einige von ihnen, und sie fanden freundliche Aufnahme. Antonia und Eigon wurde in einer verlassenen Hütte eine Kammer mit zwei Strohmatten zugewiesen.
    »Weißt du, deine Mutter hat es nicht so gemeint.« Antonia legte Eigon einen Arm um die Schultern. Es war das erste Mal, dass sie Gelegenheit hatten, sich allein zu unterhalten.
»Sie stand unter Schock, und sie war sehr unglücklich. Sie wird dich immer lieben.«
    Eigon zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, das hat sie eigentlich nie. Sie hat mir immer die Schuld für den Tod meines Bruders und meiner Schwester gegeben.«
    Antonia schüttelte den Kopf. »In der Hitze des Moments sagen wir alle Dinge, die wir nicht so meinen. Sie war sehr unglücklich. Lass uns für sie beten.«
    Eigon schüttelte den Kopf. »Das würde sie nicht wollen. Sie ist immer unseren eigenen Göttern treu geblieben.«
    »Wir können trotzdem beten. Und wir können für Großvater und für Julius beten.« Sie zögerte kurz. »Ich hatte gehofft, sie hier zu treffen.«
    Eigon nickte. »Ich auch«, gestand sie.
    »Glaubst du, dass sie in Sicherheit sind?«
    »Sie sind aus Rom entkommen. Julius wird dafür gesorgt haben, dass eurem Großvater nichts passiert.« Eigon seufzte. Und was, wenn sie Julius nie wiedersehen sollte? Hoffentlich war er nicht gefasst worden. Er durfte nicht sterben. Immer wieder sah sie ihn in ihren Träumen vor sich, ständig musste sie an ihn denken. Seine warmen Augen, seine starken Arme, sein fröhliches Lachen. Er hätte dafür gesorgt, dass ihr nichts zustieß. Er hätte nicht zugelassen, dass irgendjemand ihr etwas antat.
    Alle, die Lebensmittel mitgebracht hatten, steuerten sie für die gemeinsame Mahlzeit bei, die die Frauen zubereiteten, während die Männer die Hütten reparierten. Am Abend setzten sich dann alle zum Essen an einen Tisch. Marcellus stand auf und segnete die Speisen. Erst jetzt wurde Eigon klar, dass er in der Hierarchie der neu entstehenden Kirche eine sehr hohe Position einnahm. Als alle gegessen hatten, stand er wieder auf und schaute in den Kreis der verängstigten Menschen.

    »Freunde, wir alle haben Menschen verloren, die wir geliebt haben. Wir alle sind knapp dem Tode entronnen. Wir wissen nicht, warum Gott es so gefügt hat, dass der Kaiser sich gegen uns wendet, aber ich bin überzeugt, dass es einen Grund dafür gibt. Vielleicht will Er unsere Entschlossenheit auf die Probe stellen. Aber unsere Entschlossenheit wird nicht wanken. Heute Nacht ruhen wir uns aus, morgen entscheiden wir dann, was wir tun und wohin wir gehen. Wir werden stark sein.« Er lächelte in die Ruhe. »Gott segne euch, meine Kinder. Schlaft gut.«
    Als Antonia und Eigon sich auf ihren provisorischen Betten niederließen, stöhnte Antonia vor Schmerzen, als sie sich die Sandalen auszog. »Meine Füße tun entsetzlich weh. Die Seile, mit denen dieser brutale Mann mich gefesselt hatte, haben mir überall die Haut aufgeschürft.«
    Eigon beugte sich vor, um die Stellen zu untersuchen. Es pochte und klopfte schier unerträglich in ihrem Knöchel, doch sie versuchte, den Schmerz zu ignorieren. »Weißt du noch? Petrus sagte doch immer, wir sollten als Akt der Demut einander

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