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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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freuen würde, wenn ich mich recht entsinne. Aber warum übernachtest du nicht im Pub? Sandra würde dir ein Zimmer geben. Sie ist doch immer noch da, oder? Sie würde sich bestimmt riesig freuen.«
    Steph lächelte. »Mach dir keine Sorgen, ich komme schon zurecht. Aber es wäre sehr schön, wenn du kommen würdest. Wirklich. Ich brauche jemanden, der mir die Ohren langzieht!«
    Aurelia lachte. »Das glaube ich auch.« In Gedanken machte sie bereits Pläne. »Ich buche den ersten Flug, den ich bekommen kann. Ich rufe dich von London an, vielleicht kannst du mich am Zug abholen. Bis dann.«
    Als Steph den Hörer auflegte, ging es ihr viel besser. Sie warf einen Blick zur Treppe. Tu es jetzt, sofort. Eine Zange. Hatte sie eine Zange? Sie schaute auf die Leiste mit den vielen Haken, an denen ihre Kochutensilien hingen. Die Zange war noch genau an ihrem Platz. Steph holte tief Luft, nahm sie vom Haken und ging die Treppe hinauf.
    Die Puppe lag genau dort, wo sie sie hatte fallen lassen. Steph starrte sie an. Sie war real, daran bestand kein Zweifel, sie hatte sie gespürt, gerochen, den feuchten Fleck gesehen, den sie auf ihrem Bett hinterlassen hatte. Aber es war
ein Gespenst, das die Puppe dort abgelegt hatte. Es musste eins gewesen sein. Hätte Jess sie hingelegt, wäre die Puppe schon längst getrocknet.
    Steph griff mit der Zange nach der Puppe. Dann überlegte sie es sich anders. Ein kleines Mädchen hatte die Puppe hier zurückgelassen, ein kleines Mädchen, das sie vielleicht als ihren kostbarsten Schatz betrachtet hatte. Die wollte sie doch nicht mit einer Zange aufheben! Sie bückte sich, hob sie mit Zeigefinger und Daumen hoch. Die Puppe war noch feucht und kalt, aber sie fühlte sich real an. Am ausgestreckten Arm trug Steph sie vor sich her die Treppe hinunter und zur Haustür hinaus und legte sie oben auf die Mauer, die den Hof vom Wald trennte. »Bring sie irgendwo in Sicherheit«, hatte ihre Mutter gesagt. Sie hatte Recht. Sie, Steph, sollte sich darum kümmern, dass die Puppe sicher aufbewahrt wurde. Sie schaute zum Wald. Jess hatte gesagt, dass die Stimmen von dort kamen. Sie ging zu dem kleinen Schuppen, in dem sie ihre Gartengeräte und den Schubkarren aufbewahrte. Dort lagen auch ein paar alte Kisten. Sie fand eine Holzkiste, in der einmal eine Flasche besonders guter Champagner verpackt gewesen war. Sie hatte genau die richtige Größe. Steph legte die Puppe hinein, schloss den Deckel und steckte die Kiste in eine Nische in der Mauer. Einen Moment hielt sie inne und schaute zum Wald. Es war nichts zu hören. Dann kehrte sie ins Haus zurück und schloss die Tür hinter sich, lief in ihr Schlafzimmer und riss die Tagesdecke vom Bett. Dann eilte sie wieder nach unten und stopfte sie in die Waschmaschine.
     
    Julius wartete schon auf sie, als sie aufwachte. Sobald sie in die Tür ihrer Hütte trat, glitt er von der Mauer, auf der er gesessen hatte, und kam zu ihr. »Wie geht es dir?« Er lächelte sie an. Beim Anblick seiner warmen braunen Augen
schmolz sie dahin, sie ließ sich von ihm in die Arme schließen und einen Kuss auf die Stirn geben.
    »Mir geht es sehr gut. Gibt es Neuigkeiten von deinem Großvater?«
    Er nickte. »Sie sind in Sicherheit. Junilla hat ihn in ein Haus näher bei Rom gebracht. Dort, wo auch Petrus untergekommen ist.«
    »Gott sei Dank!« Einen Moment konnte Eigon gar nicht fassen, dass sie jetzt alle in Sicherheit waren. Julius schob sie sanft von sich, nahm ihre Hand und führte sie zu dem Baumstamm, der ihnen als Bank diente. Außer ihnen war niemand da. Ein leicht rauchendes Feuer brannte inmitten des Steinkreises, darüber hing ein Kessel voll Wasser. Es war gerade erst gefüllt worden und noch nicht heiß.
    »Eigon, ich muss dir etwas sagen«, begann er sacht. »Es sind nicht nur gute Nachrichten eingetroffen.«
    »Was?« Beklommen sah sie zu ihm. »Antonia?«
    »Mit Antonia ist alles in Ordnung. Sie ist hier in der Nähe. Momentan sind wir alle in Sicherheit, aber der Bote, der von Großvater kam, hatte noch eine andere Nachricht, Eigon. Eine für dich.« Er griff nach ihrer Hand. »Es geht um deine Mutter, mein Herz.«
    Eigon spürte, wie sie sich vor Angst verkrampfte. »Was ist mit ihr?«
    »Anscheinend konnte sie sich ein Leben ohne deinen Vater nicht vorstellen.«
    »Was meinst du damit?« Entgeistert starrte Eigon ihn an.
    »Sie hat sich das Leben genommen, Eigon. Es tut mir sehr leid.«
    Vor Entsetzen riss Eigon die Augen auf. »Nein, das würde sie nie tun!

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