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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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dem, was er getan
hat.« Die gerade, schmale Straße, die hier zwischen hohen Wänden verlief, wurde von den Scheinwerfern des Taxis hell erleuchtet. Sie schauderte.
    William blickte grimmig drein. »Dafür wird er büßen, Jess. Auf die eine oder andere Art, das schwöre ich dir.« Er griff nach ihrer Hand. »Ich bin immer noch dein strahlender Retter in der Not. Du darfst nie denken, dass du allein bist.«
    Sie lächelte wehmütig. »Ich weiß. Danke.«
    Sie checkten ein und gingen dann direkt in die Abflughalle. Erst dort hörte Jess auf, ständig über die Schulter zu schauen in der Erwartung, jeden Moment Daniel zu sehen.
    William entdeckte schließlich zwei Sitzplätze für sie. »Alles in Ordnung?«
    Sie nickte. Allmählich setzte die Erschöpfung ein. Die Augen wurden ihr schwer, die Geräusche von den Fernsehern, die von der Decke hingen, traten in den Hintergrund. Sie war noch in Italien. Warum in Gottes Namen versuchte sie denn nicht, Kontakt mit Eigon aufzunehmen? Sie warf einen Seitenblick zu William. Seine Augen waren geschlossen. Jetzt hatte sie die Gelegenheit, Eigon aus der Vergangenheit herbeizurufen. Sie zu fragen, was passiert war. Jess schloss die Augen, atmete langsam und tief durch und versuchte sich zu entspannen. Ganz in ihrer Nähe lachten zwei Leute lauthals. Sie drehte sich von ihnen fort und kuschelte sich so gut wie möglich in den Stuhl. »Eigon?«, flüsterte sie. »Wo bist du?« Sie schaute angestrengt nach innen, suchte in der Dunkelheit in ihrem Kopf nach Bildern, aber es kam nichts.
    »Eigon?«
    Unvermittelt setzte sie sich auf und sah sich um. Hatte sie laut gesprochen? Sie warf einen Blick zu William. Er schlief offenbar tief und fest. Jess lehnte sich wieder im Stuhl zurück und schloss erneut die Augen. Wieder versuchte
sie, sich das Haus vorzustellen, die hellen, sonnendurchfluteten Räume rings um die Atrien, das Plätschern des Wassers in den Brunnen, Drusillas helles Lachen, nie aufdringlich, immer teilnahmsvoll nach den entsetzlichen Ereignissen der letzten Zeit. Eigon, die mit ihr und Petrus ihre Reiseroute besprach; Commios, der damit beschäftigt war, die Passierscheine zu besorgen und das Geld zu sammeln, das sie für die Reise brauchen würden, und die Gegenstände zu beschaffen, die sie in die Körbe ihrer Maultiere packen würden, die sie nach der Landung in Massilia kaufen wollten.
    Sicher hatten sie lange Zeit mit Petrus gebetet. Sicher hatten sie zu seinen Füßen gesessen, seinen Anweisungen gelauscht, seinen Weisheiten und seinen Geschichten über Jesus. Jess kniff die Augen noch fester zusammen und versuchte, die Geschichten aus der Dunkelheit hervorzuholen. Nichts passierte.
    Sie schlief ein.
    Es kam ihr vor, als seien nur wenige Sekunden vergangen, als William sie an der Schulter schüttelte. »Jetzt komm, Jess. Unser Flug ist aufgerufen.«
    »Nein!« Panisch sah sie sich um. »Ich kann noch nicht fahren.«
    »Was meinst du damit, du kannst nicht fahren?« Er bückte sich gerade nach seinem Rucksack und drehte sich zu ihr. »Bitte tu mir das nicht an, Jess.« Er klang sehr müde.
    »Ich weiß nicht, was mit Eigon passiert …«
    Er stöhnte auf. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich mich freue, den Namen nie mehr wieder zu hören. Vergiss es, Jess. Du kommst jetzt mit.« Er griff nach ihrer Tasche und drückte sie ihr in die Hand. Er wirkte sehr entschlossen. Eingeschüchtert nahm sie die Tasche entgegen. »Ich sollte noch auf die Toilette gehen.«

    »Warte, bis wir im Flugzeug sind.«
    »Aber …«
    »Kein Aber, Jess. Jetzt reicht’s. Wir fliegen nach England.«
     
    Daniel streckte sich und öffnete die Augen, zögerlich nahm er das Zimmer mit der hässlichen, zerrissenen Tapete wahr, die billigen, lädierten Möbel, das fadenscheinige Handtuch, das über der Stange hing. Dafür und für die Seife hatte er extra zahlen müssen. Er hatte sich gestern spät am Abend ein Zimmer im billigsten Hotel genommen, das er in der Nähe von Termini gefunden hatte. Er hatte nur eine Nacht in einem Bett schlafen wollen. Er kratzte sich. Irgendetwas hatte ihn nachts gebissen. Seine Schuld, warum war er nicht etwas wählerischer gewesen? Er schaute auf die Uhr. Es war noch früh, aber der Lärm, der von der Straße hereindrang, wurde ständig lauter, und er roch die Abgase des Verkehrs. Er hatte das Fenster nachts einen Spalt breit geöffnet, um den entsetzlichen Zigarettenrauch zu vertreiben. Er wusch sich, zog sich an und ging.
    Er fand eine Bar, die schon

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