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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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uns keine Hunde nachhetzen, bis wir irgendwo Wasser überqueren und die Fährte unterbrechen.« Mittlerweile hatte er ihr die Zudecke weggezogen. »Zieh dich schnell an und hüll dich in den Umhang. Wir warten bei der Küchentür. Und mach kein Licht!«
    »Und was ist mit Felix?«, fragte Eigon im Flüsterton, als die drei wenige Minuten später durch den Garten schlichen. Ihr geduldiger Maulesel war ihnen allen ans Herz gewachsen.
    »Den behält unsere Wirtin. Sie kann ihn gut gebrauchen. Von jetzt an tragen wir unser Gepäck selbst.« Er hatte der Wirtin erklärt, dass es zu ihrem eigenen Vorteil sei ebenso wie zum Vorteil ihrer Gäste, wenn sie vergessen würde, dass die drei je bei ihr gewesen waren, und sie hatte sich bereit erklärt, den Maulesel als Bezahlung für ihren Aufenthalt anzunehmen. Commios war ziemlich sicher, dass die Frau sie nicht verraten würde.
    Er hatte bereits ausgekundschaftet, wo die Mauer eingefallen und deshalb leicht zu überwinden war. Jetzt half er den Frauen, in den Birnbaum zu steigen, von dem sie auf die Mauer gelangen und von dort in die Brennnesseln auf der anderen Seite springen konnten. Als Nächstes folgte das Gepäck, dann verwischte er sorgfältig alle Spuren, die sie im Laub und auf dem Moos hinterlassen hatten, und sprang selbst über die Mauer. In der Ferne, am westlichen Ende der Stadt, wurden plötzlich Rufe laut, Fackeln loderten in der Nacht auf.

    »Sie durchsuchen jedes Haus«, wisperte Commios. »Mir tun alle Familien leid, die sich ihnen widersetzen. Kommt. Ein Glück, dass ich, als ich fürs Abendessen gesungen habe, in die andere Richtung gegangen bin und dann im Schutz der Dunkelheit kehrtgemacht habe. Niemand weiß, dass wir die Nacht hier verbracht haben.«
    Mit sicherem Tritt ging er ihnen voraus, als spürte er, wo der Pfad zwischen den Bäumen verlief. Sie hatten keine Zeit gehabt, zu beratschlagen, wohin sie gehen sollten. Jetzt kam es nur darauf an, den Ort möglichst schnell und möglichst weit hinter sich zu lassen.
    Sie gingen immer weiter in den Wald. Nichts deutete darauf hin, dass sie verfolgt würden, keine Geräusche, kein plötzlich aufflammendes Licht, nichts als hier und da der Alarmruf eines Vogels, den sie aufstöberten, und ein aufgeschrecktes Rudel Rehe, das am Ufer eines Teichs geschlafen hatte. Erst nach langer Zeit erlaubte Commios ihnen stehen zu bleiben. Die beiden Frauen hörten nichts als ihr mühsames Atmen, aber Commios hatte offenbar einen sechsten Sinn für die Geräusche des Waldes. Er hob eine Hand, sie hielten die Luft an und spitzten die Ohren. »Hört ihr das auch?«, fragte er schließlich. Er sprach mit ganz normaler Stimme, die in der Stille der Bäume erschreckend laut klang. »Wasser. Hier fließt irgendwo ein Bach.« Eigon stellte fest, dass sie jetzt sein Gesicht sehen konnte und das Weiß seiner Zähne, wenn er lächelte. Ohne dass sie es bemerkt hatte, wurde es allmählich hell. »Wir überqueren das Wasser, vielleicht waten wir ein paar Hundert Fuß darin, um unsere Fährte zu unterbrechen, obwohl ich keine Hunde gehört habe.« Schon hatte er sich wieder in Bewegung gesetzt. Die beiden Frauen warfen sich einen erschöpften Blick zu, bückten sich nach ihrem Gepäck und folgten ihm.

    Als er ihnen endlich eine Rast genehmigte, war der Tag bereits weit fortgeschritten. Sie hatten den ersten Bach und dann einen zweiten überquert, hatten die Richtung geändert und waren kreuz und quer immer tiefer in die Wälder gegangen, bis sie schließlich eine niedrige Felswand erreichten, in die flache Höhlen eingelassen waren. In eine von diesen verkrochen sie sich. Die beiden Frauen waren am Ende ihrer Kräfte und schliefen innerhalb kürzester Zeit ein. Commios setzte sich in die Mündung der Höhle, schaute auf die Schlucht unter ihnen und hörte auf das leiseste Geräusch, das jemanden zwischen den Bäumen verraten würde. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie ihren Verfolgern entkommen. »Lieber Herr Jesus«, murmelte er. »Sei hier bei uns. Beschütze uns, damit wir deine Arbeit verrichten können. Führe uns zu unserem Ziel, und verbirg uns mit den Schleiern deines Nebels.« Er warf einen Blick zu Eigon, die mit geschlossenen Augen an der Felswand lehnte. Ihr Gesicht war in der Dunkelheit kaum zu erkennen, unter der Kapuze ihres Umhangs hatte sich ihr Haar gelöst und fiel ihr in weichen Locken über die Brust. Er seufzte liebevoll. Sein Blick wanderte nicht zu Drusilla, die auf dem Boden lag, den Kopf auf den Arm

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