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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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nach hinten gekämmte Haarmähne noch betont wurde. Er holte zwei Taschen aus dem Kofferraum und ging durch den Regen zum Haus. Die kleinere der beiden Taschen enthielt seine Zahnbürste, einen Rasierapparat und frische Wäsche, die größere die Gegenstände, die er in seiner professionellen Eigenschaft als Wanderer zwischen den Welten vielleicht brauchen würde. In der verblichenen Jeans und dem offenen Hemd sah er eher wie ein pensionierter Lehrer aus als wie der ehrwürdige Druide, den Steph und Rhodri erwartet hatten. Er begrüßte Aurelia mit einem Kuss auf die Wange, gab den anderen die Hand und folgte ihnen in die Küche.

    Schon spürte er die Energien, die durch das Gebäude wirbelten. Einige stammten aus der Gegenwart, aber andere, weit interessantere, kamen aus der fernen Vergangenheit.
    Aurelia hatte versucht, sich mit Kochen von ihren Sorgen abzulenken, und so duftete es im ganzen Haus köstlich nach einem Eintopf.
    »Du musst nach der langen Fahrt doch Hunger haben«, sagte sie und reichte Meryn ein Glas Wein. »Und beim Essen können wir dir alles erzählen.«
    Steph übernahm das Reden. Ab und zu warf sie hilfesuchend einen Blick zu Rhodri, aber der stocherte nur betrübt in seinem Essen herum. Sie sah, dass auch Meryn ihn beobachtete, doch die meiste Zeit waren sein nachdenklicher Blick und seine Aufmerksamkeit ganz auf sie gerichtet.
    Als sie schließlich geendet hatte, herrschte lange Zeit Stille. Schließlich schob Rhodri den Teller von sich und fragte: »Glauben Sie, dass Sie Jess helfen können?«
    Meryn nickte. »Das hoffe ich doch. Aber bis ich hier ein bisschen herumgegangen bin und mir einen Eindruck verschafft habe, kann ich Ihnen wenig sagen.« Er warf einen Blick zu Aurelia. »Dieses Essen war ein Fest für die Sinne, meine Liebe.« Er schob den Stuhl zurück und stand auf. »Wenn ich darf, würde ich mir jetzt gern allein das Haus anschauen und auch die Außengebäude. Danach gehe ich vielleicht den Berg hinauf, den Weg, von dem ihr gesprochen habt. Ich gebe euch den Rat, euch währenddessen ein bisschen Ruhe zu gönnen. Macht was anderes, trinkt eine Tasse Tee.«
    »Darf ich nicht mitkommen?« Beklommen sah Steph zu ihm.
    Er schüttelte den Kopf. »In diesem Stadium wäre es mir lieber, Sie blieben hier. Aus Erfahrung weiß ich, dass ich
besser höre und sehe, wenn ich allein bin. Aber ich melde mich, sobald ich Ihre Unterstützung brauche. Wenn ich die Situation richtig deute, dann stehen Eigon und Titus im Zentrum dieses ganzen Chaos. Jess und Daniel sind bloß hineingezogen worden und werden von den beiden mal mehr, mal weniger in ihrem endlosen Kampf benutzt. Ich hoffe, wir finden sie bald. Vermutlich kann Eigon uns dabei helfen. Ich muss Kontakt zu ihr aufnehmen, und das kann ich am besten allein.« Er warf einen Blick zu Rhodri. »Dafür verwende ich Schamanentechniken. Später brauche ich vielleicht Ihre Hilfe.«
    Rhodri hob fragend die Augenbrauen und zuckte dann mit den Schultern. »Ich tue, was immer ich kann.«
    »Das glaube ich.« Mit der Andeutung eines Lächelns senkte Meryn den Kopf.
    »Darf ich Ihnen zumindest mein Atelier zeigen?« Steph erhob sich rasch. »Laut Jess hat alles dort angefangen.«
     
    Eine ganze Weile stand Meryn nur da, die Daumen in den Gürtel seiner Jeans gesteckt, und lauschte der Stille. Das Gewitter hatte sich verzogen. Er hörte es weit im Osten noch leise grollen, aber hier hatte es sich ausgetobt. Der Regen ließ nach. Irgendwo im Hof gurgelte Wasser die Rinne hinab, gelegentlich platschten ein paar Tropfen aufs Dach, aber sonst war es sehr still. Die Atmosphäre in diesem großen Raum wurde vom Ton merkwürdig gedämpft, das fand er spannend. In einem Atelier hatte er noch nie gearbeitet. Die Mischung der irdenen Materialien und der angeregten Kreativität legte sich wie ein Schleier um die Botschaften, die er aus der Umgebung empfing. Langsam ging er umher, betrachtete die Töpfe und Skulpturen, die auf den Regalen standen, den großen Brennofen, den staubigen Tisch, die Säcke und Beutel mit den Rohstoffen, die Dosen und Flaschen
mit Pigmenten und Lasur. Langsam tastete er sich seinen Weg durch die Schichten vor. Früher war das Atelier ein Viehstall gewesen, ein Lagerraum für Gegenstände, aber auch für Tiere. Menschen hatten hier Unterschlupf gefunden ebenso wie Schafe. Lange Zeitabschnitte waren verstrichen, in denen der Bau überhaupt nicht benutzt worden war. Bäume hatten hier gestanden, hatten die Steine der Mauern umschlossen. Sie

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