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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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gegeben, damit er unsere Sachen bei ihr holt. Und dann meinte er, dass er nicht zu ihr zurückgehen will. Sie würde sich zwar denken, dass er die Sachen geklaut hat, aber das sei ihm egal. Er sagte, die Soldaten würden die ganze Stadt durchsuchen. Wir haben wirklich Glück gehabt, zu entkommen.«
    »Sie haben Commios festgenommen«, sagte Drusilla. »Er ist in der Festung.«
    Entsetzt sah Eigon zu ihr. »Und was machen wir jetzt?« Sie schauten zum Ende der Straße, wo die hohen Festungsmauern über den kleinen Häusern aufragten. »Allein können wir nichts ausrichten«, meinte Eigon bedrückt. »Irgendjemand muss uns helfen, aber das ist schwierig. Wie du sagst, jeder ist offenbar bereit, zu lügen und zu betrügen!«
    »Vielleicht ist das unser Vorteil«, sagte Drusilla nachdenklich. »Mit unserem Geld können wir vielleicht jemanden bestechen, um Commios zur Flucht zu verhelfen.« Hoffnungsvoll schaute sie zu Eigon.
    Eigon zuckte mit den Schultern. »Aber wen? Und wie?«
    Drusilla straffte die Schultern, sie nahm sichtlich allen Mut zusammen. »Das werde wohl ich sein müssen. Dich
kennt Titus, aber wie ich aussehe, das weiß er nicht. Wenn ich es schaffe, hineinzukommen, und ein bisschen dort herumlaufe, komme ich vielleicht auf eine Idee.«
    »Aber du könntest auch gefasst werden.« Kopfschüttelnd griff Eigon nach ihrem Arm. »Das ist zu gefährlich.«
    »Es muss aber sein. Was sollen wir sonst tun? Wir können doch nicht ohne ihn aufbrechen.« Sie starrte Eigon an. »Er wird im Wachhaus sein, meinst du nicht? Vielleicht kann ich einen Wachposten bestechen. Gib mir das Geld, das du noch hast. Wie viel haben wir überhaupt noch?«
    Sie zählten die Münzen, die ihren ganzen Besitz darstellten - römische Aurei, Sesterzen und Denare, silberne Stater, gallische Münzen. »Sie werden nur Gold nehmen«, meinte Eigon nachdenklich. »Leg die in der Börse obenauf, dann sieht es nach mehr aus.« Unter den Münzen befand sich eine, auf die der Kopf Caradocs geprägt war. Etwas bestürzt sah Eigon sie an. Es war eine schmerzhafte Erinnerung an die Zeit, in der ihr Vater hier König gewesen war.
    »Was ist?« Drusilla musterte sie verwundert, doch Eigon schüttelte nur den Kopf. »Nichts.« Sie warf die Münze in die Börse und drückte Drusilla kurz an sich. »Viel Glück. Möge Gott dich begleiten.«
    »Und was machst du in der Zwischenzeit?«
    Eigon zuckte mit den Schultern. »Ich warte auf dich.«
     
    Atemlos kam Meryn ins Haus zurück. »Ich habe die beiden auf den Wald zulaufen sehen, aber in der Dunkelheit habe ich sie verloren. Zumindest hat er das Gewehr fallen lassen.«
    »Er ist im wahrsten Sinn des Wortes wahnsinnig!«, sagte Aurelia. »O mein Gott, ich hoffe nur, dass Rhodri vorsichtig ist.« Sie zitterte am ganzen Körper. Dann setzte sie sich und
schaute zu Steph. »Und wo ist Jess?« Ihre Stimme wurde zu einem atemlosen Schluchzen.
    Steph warf einen Blick zu Meryn. »Ich weiß es nicht, aber wenigstens hat er sie nicht in seiner Gewalt.«
    »Ich habe die Polizei angerufen«, sagte Meryn. »Die werden ziemlich schnell hier sein. Wenn’s um einen mutmaßlichen Mörder und eine Waffe geht, kommen sie meist relativ flott in die Gänge. Wenn ihr zwei auf sie wartet, gehe ich nach draußen und denke mal ein bisschen nach.«
    Er trat in den Garten hinter dem Atelier und schlenderte durch das taunasse Gras. Die Gewalt der letzten Minuten hatte ihn mehr erschüttert, als er sich eingestehen wollte. In der Luft um sich spürte er sie nachhallen. Er sah sich in der Dunkelheit um. In der Ferne hörte er Schafe blöken. Sie waren ruhig, dort gab es momentan offenbar nichts, das sie störte. Langsam drehte er sich im Kreis, lauschte auf die Geräusche der Nacht, versuchte, innerlich ganz ruhig zu werden, um zu spüren, wer und was dort draußen war. In sehr weiter Ferne rief eine Eule, dann bellte ein Fuchs. Langsam beruhigte sich sein Atem wieder. Er atmete bewusst noch langsamer, tastete sich vor. Titus. Wo war er? Jetzt nahm er vage Bilder in seinem Kopf wahr. Bilder aus der Vergangenheit. Titus hatte Daniel verlassen. Diese wirre, panische Energie brauchte er nicht mehr. Der uralte Zorn, der ihn antrieb, brauchte keinen Wirt mehr. Er war mächtig und zielgerichtet. Und er war in der Nähe.
    Meryn entfernte sich noch weiter vom Haus. Jetzt konnte er verschiedene Zentren der Erinnerung ausmachen. Oben am Berg der kleine Junge, einsam und verängstigt, dessen Lebensenergie versickerte. Ein verstörtes, zorniges

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