Die Tochter des Königs
Mein Gott, er hatte Kontakt aufgenommen! »Wie heißt du denn, Kleine?« Sein Herz pochte wie wild unter seinen Rippen.
Keine Antwort.
Eine leise Brise ließ die Blätter über ihm rascheln.
»Wo bist du denn? Sagst du mir deinen Namen?« Es wollte ihm nicht gelingen, lauter als im Flüsterton zu sprechen. Er wagte nicht, sich zu bewegen. »Magst du dich zeigen? Lass mich dich sehen.«
Wieder knackte auf dem Pfad ein Zweig, jetzt aus noch größerer Nähe. Er drehte den Kopf ein wenig und suchte die Schatten ab. Da hörte er es, das leise, freudlose Lachen. »Ach, reden wir jetzt mit Gespenstern?« Daniel trat auf den Pfad. In der Hand hielt er einen Ast, so dick wie eine Keule. »Dieser Wald macht letztlich jeden verrückt, stimmt’s nicht? Armer Rhodri. Du Trottel musstest dich ja unbedingt einmischen!
« Seine Stimme troff vor Verachtung. »Also, was machen wir jetzt? Kämpfen wir wie Robin Hood und Little John?« Er trat näher, schwang den Ast drohend vor sich hin und her. Der Schlag, den er damit austeilen konnte, wäre vermutlich tödlich. Rhodri rührte sich nicht, suchte hektisch nach etwas, das er selbst als Waffe einsetzen konnte. Seine Angst war seltsamerweise verschwunden. Mit Daniel konnte er fertig werden.
»Was ist denn bloß los mit dir, Daniel?« Rhodri versuchte, möglichst ruhig zu klingen. »Was haben diese Leute dir getan, dass du hierherkommst und ihr Leben zerstören willst? Was hat William dir je getan?«
Bei der Erwähnung von Williams Namen schien Daniel leicht zusammenzuzucken. »Ich weiß nicht, was du meinst. Jess hat’s nicht anders gewollt. Sie ist ein Flittchen, sie hat jede Minute unseres Zusammenseins in vollen Zügen genossen!« Er lächelte gehässig.
Rhodri regte sich noch immer nicht. Sich auf Daniel zu stürzen war sinnlos, der Ast, der direkt auf seine Brust gerichtet war, würde ihn daran hindern. Und in seiner Reichweite lag nichts, mit dem er sich verteidigen konnte. Seine einzige Waffe war seine Stimme. Er lächelte breit und legte so viel Gefühl in sie, wie ihm nur möglich war. »Ist Jess nicht einfach großartig? Eine wunderbare Frau. Ich werde sie heiraten.«
Zu seiner Überraschung wurde ihm bewusst, dass er das ernst meinte. Er bemerkte, dass blanker Hass über Daniels Gesicht huschte und dass er ihn mit dieser Bemerkung auf eine gewisse Weise getroffen hatte.
»Sie ist eine Hure!«, fauchte Daniel.
Rhodri lachte wieder. »Ich habe mir schon gedacht, dass du das sagen würdest.«
»Was meinst du damit?«
Der Ast war schwer, Rhodri sah, dass die Muskeln in Daniels Arm erlahmten, der Ast sank ein wenig nach unten.
»Ich meine, es klingt so, als müsstest du Frauen immer zu allem zwingen; als würden sie nie aus freien Stücken zu dir kommen, Daniel. Selbst deine Frau nicht, wie ich von Steph gehört habe. Weißt du schon, dass die Polizei mittlerweile zweimal bei ihr war? Ich habe den Eindruck, dass sie sich nicht gerade sehr für dich ins Zeug legt. Von ihr darfst du kein Alibi erwarten.« Es gelang ihm, ganz gelassen zu sprechen, in der Hoffnung, Daniel aus seinem Wahnsinn herauszuholen. In der Ferne hörte er ein Motorengeräusch, das unverkennbare Schlagen von Rotoren. Ein Hubschrauber. Das bedeutete, dass die Polizei schon eingetroffen war. Daniel war nicht anzumerken, ob er den Lärm hörte. »Also, Daniel, was hetzt du hier immer noch durch die Gegend? Immer noch auf der Jagd nach Jess?« Rhodri hielt die Luft an.
Daniel lächelte. »Das würdest du gern wissen, stimmt’s? Du weißt nicht, wo sie ist. Sie ist verschwunden, und du möchtest wissen, ob ich sie gefunden habe. Du möchtest wissen, ob ich sie umgebracht habe.« Seine Stimme klang beinahe schläfrig.
»Es wäre ganz schön zu wissen, wo sie ist, aber ich weiß, dass du sie nicht umgebracht hast. Dazu fehlt dir der Mumm.« Rhodri sah ihn unverwandt an. »William hast du einfach überrumpelt. William war ein netter Typ. Nicht einmal von einem Dreckskerl wie dir hätte er erwartet, einfach überfallen zu werden. Hast du ihm ins Gesicht gesehen, als du ihn umgebracht hast, Daniel? Oder war dir der Gedanke, wie nett und anständig er war im Vergleich zu dir, so zuwider, dass du ihn hinterrücks überfallen musstest?« Er lächelte. »Ah ja, da habe ich dich richtig eingeschätzt. Genau das hast du getan.« Der Hubschrauber kam näher.
»Es gibt keine Beweise, dass ich William umgebracht habe. Das wird die Polizei mir nie nachweisen können.«
Rhodri schüttelte den Kopf. »Tja, da
Weitere Kostenlose Bücher