Die Tochter des Königs
Frau hat es verdient, in Schweineschmalz gebraten zu werden.« Er war immer noch völlig außer Atem.
»Und wir haben all unsere Sachen verloren«, jammerte Drusilla. »Alles!«
»Hast du wenigstens unser Geld?«, fragte Eigon Commios.
Er nickte. »Die Börse hängt an meinem Gürtel. Wie du sagst, sobald es dunkel ist, müssen wir hier verschwinden und zuschauen, wie wir im Morgengrauen, wenn sie die Tore öffnen, die Stadt verlassen.«
»Die werden sie mit Argusaugen bewachen«, meinte Eigon. »Sobald sie herausfinden, dass wir geflohen sind.«
»Ob sie hier auch suchen werden?« Drusillas Stimme zitterte.
»Das bezweifle ich.« Eigon griff nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Keine Angst, Gott ist auf unserer Seite. Bislang hat er dafür gesorgt, dass wir immer einen Schritt voraus sind.« Seufzend schloss sie die Augen vor der staubigen Dämmerung um sie her. »Ohne Gepäck kommen wir schneller voran. Jesus ist auch nur mit einem Stab und einer Börse durchs Land gezogen, oder nicht?«
»Dann braucht jeder von uns einen guten Stab!«, meinte Commios trocken. »Wir haben nicht mal den!«
»Den besorgen wir uns morgen, wenn wir im Wald sind!«, sagte Eigon. In ihrer Stimme schwang leichte Belustigung mit.
Unvermittelt drang von unten ein Geräusch zu ihnen herauf. Sie fuhren zusammen. Jemand war in die Küche gekommen, Töpfe und Pfannen klapperten, dann hörten sie, wie Wasser von einem Krug in eine Schale gegossen wurde. Jemand räumte auf. Die Geräusche gingen eine ganze Weile weiter, dann wurde quietschend die Außentür geschlossen. Zwei Riegel wurden vorgeschoben, jemand - ein Mann - räusperte sich, schließlich verhallten seine Schritte in der Ferne. Stille. Commios legte einen Finger auf die Lippen. Alle schwiegen. Draußen wurde es allmählich dunkel.
Eigon beugte sich zu Commios hinüber. »Warum bleiben wir nicht hier, bis es hell wird?«, flüsterte sie. Ihre Lippen berührten fast sein Haar. »Hier sind wir sicherer, als wenn wir uns draußen herumtreiben.«
Er drehte sich zu ihr, sein Gesicht war dem ihren sehr nah. Er nickte kaum wahrnehmbar. »Gute Idee«, hauchte er.
Drusilla beugte sich von der anderen Seite zu ihm. »Was ist?«
Leise erklärte er ihren Plan. Sie beugte sich noch näher zu ihm, er spürte ihre Hand auf seinem Arm. Dann schmiegte sie sich an ihn. Er widerstand dem Drang, fortzurücken, aber in der Dunkelheit streckte er vorsichtig die andere Hand nach Eigon aus. Seine Finger bekamen den Saum ihres Rockes zu fassen. Das Gefühl, etwas zu berühren, das zu ihr gehörte, tröstete ihn ein wenig.
Sie wurden geweckt vom Geräusch, mit dem jemand unten die Riegel aufschob. Ein Lichtschimmer verirrte sich die Leiter hinauf und mit ihm ein Schwall frischer Luft, der durch die offene Tür hereinkam. Commios fluchte im Stillen. Er hatte gehofft, dass sie um diese Zeit schon längst über alle Berge wären. Zu ihrem Entsetzen hörten sie jemanden die Leiter heraufkommen, dann hob sich eine Silhouette vor der viereckigen Luke ab. Auf sicheren Beinen bewegte sie sich durch den Speicher und öffnete einen der Mehlsäcke. Der Mann schöpfte mehrere Behälter Mehl in einen Holzeimer, verknotete den Sack wieder und wandte sich ab, ohne die drei zu bemerken. Dann stieg er wieder nach unten.
Erleichtert atmete Commios aus und kroch auf allen vieren zum Rand der Leiter, um nach unten zu spähen. Der Mann knetete Gersten- und Hafermehl mit etwas Milch zu einem weichen Teig. Commios verfolgte, wie der Mann mehr Milch aus dem Krug zugoss, den Teig zu kleinen Kuchen formte und sie nebeneinander aufreihte. Er ging ganz in seiner Arbeit auf. Auf dem Herd erhitzte er bereits das Backblech. Leise pfeifend setzte er die Küchlein darauf, ein verlockender Duft zog in den Speicher hinauf, wo die drei ihn hungrig einatmeten. Aus der Ferne hörten sie eine Glocke läuten. Der Mann fluchte. Er warf einen Blick auf die
Brötchen, kam offenbar zu dem Schluss, dass sie nicht verbrennen würden, wenn er sie kurz allein ließ, und lief zur Küche hinaus.
Sofort stiegen sie die Leiter hinab. Im Vorbeigehen nahm Commios mit einem Messer drei heiße Brötchen vom Blech, wickelte sie aber rasch in ein Tuch, als er feststellte, dass sie zu heiß zum Anfassen waren. Dann hastete er den beiden Frauen zur Tür hinaus nach. In kürzester Zeit waren sie auf der Straße und bogen in eine Gasse ab, die zu den Stadttoren führte.
Die Stadt zu verlassen erwies sich als schwieriger. Als sie sich der Stadtmauer
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