Die Tochter des Königs
»aber diese Auslage bestätigt, was ich die anderen Male gelesen und gesagt habe. Dieselbe Karte ist gekommen.« Sie deutete auf eine. » Il re di coppe. Der König der Kelche, und er steht auf dem Kopf. Jess, das ist der Mann, der dich verfolgt. Den haben wir auch bekommen, als deine Schwester mich nach dir fragte. Weißt du noch, Steph? Er bedeutet Gefahr für dich. Dieser Mann ist gefährlich und bösartig. Er ist eifersüchtig und fühlt sich von dir bedroht.«
Jess schaute zu ihrer Schwester, ihr Gesicht war kreidebleich. »Genau das habe ich dir gesagt.«
»Und schaut hier, und hier.« Carmella zeigte zunächst auf eine und dann eine zweite Karte. »Il sei di spade e il otto di spade.« Sie schüttelte den Kopf. »Beides Schwert-Karten, beide negativo . Das ist sehr schlimm. Du weißt doch, von wem ich spreche?«
Jess nickte. »Daniel«, flüsterte sie.
»Also bitte!«, fuhr Kim ungeduldig dazwischen. »Er hat gesagt, dass du das sagen würdest. Er hat uns gesagt, dass du absolut besessen bist von ihm!«
»Wie bitte? Was hat er gesagt?«, fragte Jess wütend.
»Er hat gesagt …« Kim schaute zu William. »Jetzt musst du mir helfen, William! Daniel ist deinetwegen nach Hause gefahren. Er hat uns erzählt, was in London passiert ist.«
Jess erstarrte. »Und was genau hat er erzählt?«
»Er ist nicht mehr hier.« Kim sah sie zornig an. »Es ist doch sinnlos, jetzt noch darüber zu streiten!«
»Es ist überhaupt nicht sinnlos!«, fuhr Jess auf. »Was hat er euch erzählt? Das will ich wissen!«
Kim schüttelte den Kopf. »Lass es gut sein, Jess, bitte. Ich hätte den Mund halten sollen.«
»Ich will es aber nicht gut sein lassen.« Jess sah alle am Tisch der Reihe nach an. Carmella schaute auf die Karten. William starrte in sein Glas, das er zwischen den Knien hielt, drehte es unablässig am Stiel und wich ihrem Blick aus. Steph sah unbehaglich zwischen Jess und Kim hin und her.
»Ich finde, du solltest uns sagen, was genau er gesagt hat, Kim«, meinte Steph schließlich mit einem Blick auf ihre Schwester. »Jess hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
»Ich sage euch, was er gesagt hat«, fuhr William unvermittelt dazwischen. Er sah Jess direkt in die Augen. »Er sagte, nachdem wir uns getrennt haben, hättest du dich Hals über Kopf in ihn verknallt. Er sagt, du hättest dich an ihn rangeschmissen, und als er sich nicht darauf einlassen wollte, hättest du ihm vorgeworfen, er hätte dich vergewaltigt.«
»Ich hab’s doch gewusst!« Jess sprang auf. »Das miese Schwein! Er hat alles einfach verdreht! Erzähl’s ihnen, Steph!«
»Du weißt davon?« Kim drehte sich erstaunt zu Steph.
»Jess hat es mir gestern Abend erzählt«, sagte Steph leise. »Wir haben uns lange darüber unterhalten, nachdem Daniel ihr ins Forum gefolgt ist.«
»So, wie er ihr heute Nachmittag gefolgt ist?« Kim hob spöttisch die Augenbrauen.
Das Blut stieg Jess in die Wangen. »Mit heute Nachmittag bin ich mir nicht sicher, das habe ich ja auch gesagt. Wahrscheinlich war er’s nicht…«
»Wahrscheinlich war er’s gestern auch nicht, Jess«, sagte William freundlich.
»Entschuldigt«, warf Carmella ein. »Darf ich etwas sagen, bitte?« Sie sah alle der Reihe nach an. »Die Karten lügen nicht. Sie sehen in Jess’ Leben einen gefährlichen Mann. Einen hinterhältigen Mann. Einen Mann, der lügt und betrügt, um seinen Willen durchzusetzen. Sie sehen Unfälle. Sie sehen, dass die Vergangenheit Jess einholt. Sie sagen, dass sie nicht mehr davonlaufen kann.«
»Das ist nicht Daniel!«, sagte Kim mit Nachdruck.
»Warum nicht?« Jess kniff die Augen zusammen. »Was ist denn da zwischen dir und Daniel, Kim?«
»Es reicht!« Abrupt stand William auf. »Schluss damit. Carmella, bitte nimm deine Karten und geh. Wir brauchen uns diesen Quatsch keine Sekunde länger anzuhören.« Er fegte die Karten zusammen.
»Nicht!« Schützend breitete Carmella die Arme über den Tisch, aber zu spät.
»Das ist im besten Fall ein Gesellschaftsspiel und im schlimmsten Fall teuflisch. Du nutzt jemandes Unglück und Hilflosigkeit aus. Das ist alles absoluter Schwachsinn!«, rief William wütend.
»Das geht dich überhaupt nichts an!«, brauste Jess auf. »Wie kannst du es wagen, so dazwischenzufahren!«
»Und wie ich es wagen kann. Wenn ich sehe, wie du ausgenutzt und mit diesem abergläubischen Hokuspokus kaputtgemacht wirst!«
»Ich werde nicht ausgenutzt und kaputtgemacht!« Jess funkelte ihn an. »Du bist derjenige, der gehen
Weitere Kostenlose Bücher