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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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sollte. Niemand hat dich gebeten herzukommen. Das geht dich alles nichts mehr an. Fahr zurück nach England und lass mich in Ruhe!« Zu ihrem Ärger merkte sie, dass sich ihre Augen vor Wut mit Tränen füllten. Sie drehte sich um, damit er sie nicht weinen sah, und marschierte zur Tür. »Vergesst es, ihr alle zusammen. Keiner von euch glaubt mir. Vergesst es einfach!«
    Carmella stand auf, ging rasch um den Tisch und hielt Jess am Arm zurück. »Warte. Hier.« Sie holte eine Börse aus ihrer Tasche und zog eine Visitenkarte hervor. »Wenn du mich brauchst, ruf mich an, ja?«
    »Danke.« Jess warf einen kurzen Blick auf das Kärtchen und steckte es in die Hosentasche.
    »Jess, warte!«, rief William ihr nach, aber sie war bereits zur Tür hinaus und ging den Korridor entlang.
    Er lief ihr nach. Kurz vor der Wohnungstür hatte er sie eingeholt, packte sie am Arm und drehte sie zu sich. »Jess, ich wollte dich nicht verletzen. Ich mache mir Sorgen um dich, das ist alles. Du glaubst doch nicht wirklich an das, was Carmella sagt, oder? Ihrer Meinung nach hilft sie dir, aber das ist nicht der Fall. Glaub mir. Du musst der Wahrheit ins Gesicht sehen.«
    »Der Wahrheit ins Gesicht sehen?«, wiederholte Jess. »Du kennst die Wahrheit doch gar nicht!« Eine Träne rann ihr über die Wange, wütend wischte sie sie fort. »Es steht mein Wort gegen seins. Warum glaubt jeder ihm und nicht mir? Außer Steph. Und Carmella. Sie glaubt mir, weil die Karten ihr sagen, was Daniel für ein Mensch ist.«

    »Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich wie ein Schwein verhalten hat«, sagte Will ruhig.
    Sie entriss ihm ihren Arm.
    »Es geht um all das andere. Die Dramatik, die Vorwürfe. Die Gespenster«, erklärte er.
    »Die Gespenster?« Jess starrte ihn an. »Du hältst mich für verrückt wegen Eigon?«
    »Nicht verrückt, Jess …«
    »Aber?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Du hast eine schwere Zeit hinter dir. Daniel sagte, sie hätten dich aufgefordert zu kündigen.«
    »Und du glaubst ihm natürlich.«
    Er zögerte.
    »Hast du Brian gefragt, weshalb ich gekündigt habe?«
    »Ja, das habe ich.« Er zuckte wieder mit den Schultern. »Er sagte, es sei eine persönliche Entscheidung. Deine Entscheidung.«
    »Natürlich!« Am liebsten wäre sie vor Zorn mit dem Fuß aufgestampft. »Und das stimmt auch. Ich wollte ihm ja nicht unbedingt auf die Nase binden, dass Daniel mich vergewaltigt hat!«
    Entsetzt starrte William sie an. Eine ganze Weile herrschte Stille. Jess sah zunächst die Wut in seinem Gesicht, die in Ungläubigkeit und schließlich in Mitgefühl überging. Als er nach einer ganzen Weile etwas sagte, war seine Stimme sehr sanft. »Aber, Jess, wenn er dich vergewaltigt hat, warum bist du dann nicht zur Polizei gegangen? Warum hast du niemandem davon erzählt? Irgendjemandem.« Er streckte die Hand nach ihr aus. »Das verstehe ich nicht.«
    »Warum nicht? Was soll daran so schwer zu verstehen sein?«, fragte sie empört. »Ich bin in meiner eigenen Wohnung körperlich und emotional missbraucht worden. Eine
ganze Weile wusste ich nicht einmal, wer es gewesen ist. Ich dachte, es wäre Ash gewesen. Verdammt, ich dachte, du wärst es gewesen! Ich habe Daniel vertraut. Ihn hätte ich als Letzten verdächtigt. Ich habe mich ihm anvertraut.« Vor Zorn schluchzte sie auf. »Ich habe ihn um Rat gefragt!«
    Die Tür ging auf, Steph trat in den Korridor. »Jess, ist alles in Ordnung?«
    »Nein! Nichts ist in Ordnung! Offenbar bin ich eine geistesgestörte, paranoide Lügnerin!« Jess machte auf dem Absatz kehrt, lief in ihr Zimmer, knallte William die Tür vor der Nase zu und drehte den Schlüssel um.
    In der Mitte des Zimmers stand eine Gestalt.
    »Eigon?«
    Jess lehnte an der Tür, Adrenalin jagte durch ihren Körper, als die Gestalt sich zu ihr umdrehte. Dies war eine ältere, größere Eigon, sie war vielleicht vierzehn oder fünfzehn und trug einen cremefarbenen Umhang mit passendem Kleid. Ihr rabenschwarzes Haar war mit dunkelblauen Schleifen zusammengebunden, um die Handgelenke und den Hals trug sie Goldschmuck.
    Es ist nicht sicher, nach draußen zu gehen. Er ist dort draußen und beobachtet alles. Er wartet. Ich hab’s nicht gewusst! Ich hatte es mit aller Macht versucht zu vergessen!
    Sie verblasste vor Jess’ Augen. Jess sackte in sich zusammen, zu erschöpft, um sich zu bewegen, während die Gestalt sich in Nichts auflöste.
    »Ich bin verrückt«, sagte sie laut. »Die anderen haben Recht. Ich bin total am

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