Die Tochter des Leuchtturmmeisters
Heizofen war zwar verlässlich, aber sie wagte es nicht, ihn brennen zu lassen, wenn sie so lange vom Boot weg war.
Viertel vor acht parkte Karin vor dem Polizeipräsidium im Zentrum von Göteborg. Die Umgestaltung des Präsidiums zum Rechtszentrum war in vollem Gang. Das Fahndungsdezernat, dem Karin angehörte, und das Ermittlungsdezernat waren die Einzigen, die noch im Hause verblieben waren.
Karin hatte die neuen Informationen in ihrem Kopf gewälzt, also dass der Pastor, der Siri und Arvid gar nicht getraut hatte, eventuell sogar Siris Bruder war und dass jemand zur Nachtzeit in der Nähe von Pater Noster tauchte. Allein der Gedanke, ins kalte Wasser steigen zu müssen, ließ sie schaudern. Als sie in den Pausenraum kam, war Folke gerade dabei, Wasser in die Kaffeemaschine zu füllen. Er sah mürrisch aus.
»Hallo, Folke, hattest du ein schönes Wochenende?«
»Bin ich der Einzige, der hier immer Kaffee macht?«, lautete seine unwirsche Gegenfrage.
»Nein, das bist du nicht, aber nur wenige machen ihn so gut wie du«, sagte Karin und hoffte, ihn damit an diesem kalten Montagmorgen ein wenig zu besänftigen.
»Hast du am Freitag diese Marta Striedbeck gefunden?«, fragte er, ohne den Blick vom Kaffee zu lösen, der jetzt langsam in die Kanne lief.
»Allerdings, aber die interessanteste Enthüllung des Wochenendes kam wohl von dem Pastor, der Siri und Arvid nicht getraut hat.«
Folke, der die Kanne unter Aufsicht gehalten hatte, um die ersten teerschwarzen Tropfen in seinen Kaffeebecher zu füllen, sah Karin verwundert an.
»
Nicht
getraut hat?«, fragte er.
»Genau.« Karin hatte den Bericht über ihre und Robs Begegnung mit Pastor Simon Nevelius in Läckö bereits beendet, als der ersehnte Kaffee fertig war. Folke wirkte, gelinde gesagt, nachdenklich, als er das kochend heiße Getränk in Karins Kaffeepott füllte.
»Seid so lieb, und lasst mir was übrig!« Die Stimme klang zwar heiser, aber war nicht zu verkennen. Rob. Der Montagmorgen erschien mit einem Mal viel heller.
Rob umarmte Karin. Folke nahm Robs Kaffeepott aus dem Schrank, goss ihm ebenfalls von dem Getränk ein und reichte ihn dem Kollegen.
»Ich stecke nicht mehr an. Glaube ich jedenfalls. Sofia behauptet, ich sei gesund. So etwas Logistischem, wie Tigger gesagt hätte, wagt man schließlich nicht zu widersprechen.«
Karin und Folke sahen nicht aus, als würden sie verstehen.
»Pu, der Bär, ihr wisst schon. Ich habe alle unsere DVD-Filme angeschaut und mir dann die der Kinder vorgenommen.«
»Klingt so, als wäre es höchste Zeit gewesen, dass du wieder zu uns zurückkommst«, kommentierte Karin.
Folke sah aus, als könnte er das durchgehen lassen, brachte es dann aber doch nicht fertig.
»Sei«, mischte er sich ein. »Als
sei
es höchste Zeit gewesen. Es geht doch um die Gegenwart.«
»Lustig, dass sich nichts verändert hat«, sagte Rob. »Denn man kann doch wohl sagen ›verändert hat‹, oder?«
Karins Mobiltelefon klingelte. Auf dem Display sah sie, dass es Carsten war.
»Wo bist du?«
»Irgendwann wirst du noch lernen, zuerst ›Guten Morgen‹ zu sagen, Carsten. Ich bin im Pausenraum. Soll ich dir einen Kaffee mitbringen?«
»Ja, aber deine Jacke brauchst du gar nicht erst auszuziehen.«
»Ja danke, sagt man. Vielleicht heißt das auf Dänisch ja anders?
Jä dänke
. Nun staunst du, was? Kann ich nicht fabelhaft Dänisch? Folke und Rob sind hier. Soll ich die mitbringen?«
Sie gingen in Carstens Zimmer. Er stand von seinem Stuhl auf, nahm Karin den Kaffeebecher aus der Hand und sagte ganz ordentlich danke, bevor er sich auf die Kante seines Schreibtischs setzte und zunächst Robert wieder am Arbeitsplatz begrüßte.
»Es sieht so aus, als hättet ihr Grund, noch mal nach Marstrand zu fahren. Im Hafen wurde eine Männerleiche gefunden … wollen mal sehen …« Carsten schaute in seine Papiere »… gestern Abend. Die Küstenwache hat den Notruf erhalten, den Toten geborgen und ihn nach Absprache mit der Seepolizei nach Tångudden gebracht, wo er an uns übergeben wurde. Margareta ist gerade dabei, ihn zu obduzieren. Es gab da einige Probleme, weshalb er auf unserem Tisch gelandet ist. Die Füße des Mannes waren gefesselt, und die Hände hatte man entfernt. Pfui Deibel.«
»Soll Marstrand nicht ein sogenanntes Schärenidyll sein?«, fragte Rob.
»Und das Alter? Wissen wir, wer er ist?«, mischte sich Karin ein.
»Mir ist im Augenblick leider nicht mehr als das bekannt, aber Margareta wollte, dass jemand gegen
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