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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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flachen Schwimmwesten ausgerüstet, die sich beim Kontakt mit Wasser automatisch aufbliesen. Der Wind hatte den ganzen Nachmittag über zugenommen, und als sie die nördliche Einfahrt hinter sich ließen und Marstrandsön ihnen keinen Schutz mehr bot, stampfte das Boot gegen die hohen Wellen des Fjords an. Per blickte zur Seekarte auf dem Display und gab so viel Gas, wie er meinte, sich erlauben zu können, doch jede Welle bremste ihr Vorankommen. Elin stand neben ihm, völlig unberührt vom heftigen Seegang. Rob wollte gerade auf die Toilette gehen, als er bemerkte, was Marta tat. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
    »Was in aller…«
    Die Frau saß da mit einer Büchse in der Hand.
    »Ich habe tatsächlich einen Waffenschein dafür«, sagte Marta.
    »… ja aber, das hier ist ein Polizeieinsatz …«
    »Seevögel, falls du es wissen willst. Ich bin ein ausgezeichneter Schütze, frag Elin.«
    Ihre Freundin nickte.
    »Früher …«, sie verstummte, »ja, da sind wir morgens immer rausgefahren«, sagte sie dann.
    Rob schüttelte den Kopf. Als ob es nicht schon genügte, dass er drei Zivilisten mitgenommen hatte, zwei davon alte Damen, musste dann auch noch eine von ihnen ein Gewehr mitführen? Die Sache wurde immer schlimmer. Er versuchte, die Vorstellung aus dem Kopf zu vertreiben, wie er vor Carsten und den Ermittlern der Disziplinarkommission stand. Von Folke ganz zu schweigen, der würde ihm das gesamte Regelregister vorbeten.
    Marta hatte seine Gedanken gelesen, legte die Waffe weg, stand auf und fasste ihn am Arm. Als dabei der Ärmel ihres Ölzeugs hochglitt, sah er die eintätowierte Nummer.
    »Du verstehst«, sagte sie, als sie seinem Blick gefolgt war, »irgendwie war die Zeit, die ich gelebt habe, ja doch nur geliehen.«Dann erzählte sie vom Lager, den Cousins und Cousinen, die vergast worden waren, und von dem Deutschen, der damals in der Nacht zu ihr gekommen war. Sie erzählte von der gestohlenen Mütze und dass man Gefangene, die beim Appell ohne Kopfbedeckung angetroffen wurden, hingerichtet hatte. Sie beschrieb die Frauen an jenem kalten Morgen, den Hinrichtungsplatz und wie die Kugeln sie verfehlt hatten. Sprach von ihrem Augenfehler, der sie im Dunkeln ungewöhnlich gut sehen ließ und ihr geholfen hatte, in den Nächten zu fliehen, so dass sie sich tagsüber verstecken konnte. Zu guter Letzt berichtete sie auch die Tatsache, dass der deutsche Offizier als Waldemar von Langer in Marstrand aufgetaucht war und sie seitdem ein wachsames Auge auf ihn gehabt hatte.
    »Und jetzt sitze ich hier«, sagte sie. »Lass mich mithelfen.«
    Rob wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Es gab dafür ganz einfach keine Worte – und ein Nein war absolut undenkbar. Er streckte die Hand aus und strich ihr über die Wange.
    Ohne Leuchtturm war die Insel Hamneskär schwer auszumachen. Per hatte das Radar eingeschaltet und verließ sich auf die Konturen, die auf dem Schirm zu sehen waren.
    »Da.« Er zeigte auf einen Fleck. »Das ist ein Boot. Es ist im Hafen von Pater Noster, ich meine Hamneskär, gewesen.« Er markierte den Punkt auf dem Radar und konnte ablesen, welchen Kurs es nahm und mit welcher Geschwindigkeit es fuhr. »Macht acht Knoten und fährt westwärts. Es kann sehr wohl das Lotsenboot sein, aber es hat Hamneskär passiert und Kurs auf Dänemark genommen.«
    »Können wir es einholen?«, fragte Rob.
    »Es ist schwierig, in dieser bewegten See schnell zu fahren. Außerdem ist das Lotsenboot für diese Art Wetter besser ausgerüstet. Sie können uns auf dem Radar sehen, genau wie wir sie, und werden entdecken, dass wir hinter ihnen her sind.«
    Zwanzig Minuten später donnerte ein Hubschrauber über ihre Köpfe, und ein Lichtkegel strich über das aufgewühlte Meer. Die Schaumkronen der Wellen wurden sichtbar. Die Dunkelheit außerhalb des Lichtkegels wurde noch finsterer und bedrohlicher, und in dem plötzlichen Lichtschein leuchtete die weiße Gischt gespenstisch auf.
    Robs Telefon klingelte. Es waren die Polizisten aus dem Hubschrauber.
    »Das Lotsenboot! Sie haben eine Polizistin an Bord!«, schrie Rob in den Hörer. Der Helikopter, der über ihnen gestanden hatte, donnerte weiter, und sie folgten seinen blinkenden Lichtern, bis diese in der Ferne verschwanden. Per wirkte besorgt. Der Wind schien mit jeder Minute zuzunehmen, und jedes Mal, wenn das Boot in einem Wellental aufschlug, krachte es beunruhigend laut.
    »Bei dieser schweren See können wir ihnen nicht folgen, es ist viel zu

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