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Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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Januarmorgen vor zwei Jahren, als sie dreißig geworden war. Görans Mutter hatte mit einer selbstgebackenen, mit Kerzen geschmückten Torte auf der Treppe gestanden und »Happy birthday« gesungen. Görans wunderbare Mutter, die sich trotz ihres anstrengenden Dienstes als Oberärztin immer genug Zeit nahm. Karin würde sie mehr vermissen als Göran. Ihn würdigte sie jetzt keiner Antwort. Was sollte sie auch sagen. Alles war bereits gesagt, und nicht nur einmal. Sie schaute ihn nur traurig an. Sollte es so enden? Und er begriff noch nicht mal, dass es so war. Sie zog einen Stuhl unter dem Esstisch hervor und setzte sich. Ihr war klar, dass sie zu spät zum Bahnhof kommen würde, wo sie mit Carsten verabredet war, aber diese Diskussion brachte man am besten ein für alle Mal hinter sich. Sie tippte schnell eine SMS an Carsten ein und stellte das Handy auf lautlos.
    Göran redete weiter: »Wirklich typisch für dich, das mit dem Geburtstag jetzt anzubringen. Du bist nur an irgendwelchem Zeug interessiert – das ist das einzig Wichtige für dich. Dass du kein Geschenk bekommen hast. Sag, was du haben willst, und ich fahre sofort los und kaufe es.«
    »Das stimmt nicht, und du weißt es auch. Wenn du im Ernst denkst, ich bin so, dann ist es das Beste, wenn wir unsaugenblicklich trennen. Ich glaube, dass wir beide etwas völlig Verschiedenes wollen und …« Sie suchte nach Worten.
    »Du kannst nicht mit mir Schluss machen. Wir sind verlobt, und du hast
gelobt
, dass wir zusammenbleiben.«
    Er hielt die Hand mit dem Ring hoch.
    Sie erinnerte sich an die Zeit, als sie einander gerade kennengelernt hatten. An das Kribbeln im Bauch, an die vielen Telefonate und Briefe. An ihre Sehnsucht, bis er nach den ersten sechs Arbeitswochen auf See endlich wieder zu Hause war. An seine blauen Augen und weichen Arme. Und auch an seine Mutter, die zuerst einen etwas abweisenden Eindruck gemacht, sich ihr dann aber immer mehr zugewandt hatte, bis Karin genauso ihre Tochter geworden war, wie Göran ihr Sohn war. Jedenfalls empfand sie das so.
    Sie dachte auch an die unromantische Verlobung, als sie das Cape Wrath in Schottland umrundet hatten. Kap des Zorns, was für eine Ironie, dass sie sich ausgerechnet dort verlobt hatten. Als sie nur ein paar Stunden später in einer Bucht vor Anker gegangen waren, hatte Göran es fertiggebracht, seinen Verlobungsring zu verlieren, doch als sie in Lerwick auf den Shetland-Inseln angekommen waren, hatte er sich einen neuen gekauft. Fünf Jahre lang hatten sie über seine Arbeitsperioden auf See gestritten, und Karin kam es vor, als hätte sie das letzte halbe Jahr immerzu Schluss machen wollen. Es gab keinen Grund, es jetzt noch weiter hinauszuschieben.
    Sie spürte Erleichterung, als sie schließlich die Wohnung verließ. Es war, als hätte sie lange Zeit einen schweren Rucksack mit sich herumgeschleppt, bis sie dessen Inhalt endlich einmal untersucht und festgestellt hatte, dass sie nichts davon gebrauchen konnte. Zugleich kam sie sich furchtbar schlecht vor, weil sie einem anderen so weh tun musste, aber ihr war klar, es ging so einfach nicht mehr länger weiter. Sie waren übereingekommen, dass Göran ein paar Tage bei seinen Eltern wohnen würde, während Karin aus der Wohnungauszog. Er glaubt bestimmt, dass sich die Sache schon wieder regeln würde, wenn ich mich erst beruhigt hätte, dachte sie und ließ den Motor an. Aus dem Radio ertönte Mauro Scoccos Stimme: »Ich glaube, die Liebe war hier … und hat kehrtgemacht.« Sie lauschte dem Text, während sie vom Stadtteil Majorna in Richtung Bahnhof fuhr.

Göteborg, 1962
     
    Siri zog ihre Lippen nach, bevor sie die Tür öffnete und eintrat. Mit entschiedenen Schritten ging sie an Irene, Arvids Sekretärin, vorbei, die ihr nachrief.
    »Hallo, Fräulein, er ist beschäftigt.«
    Abrupt blieb Siri stehen und drehte sich um. Sie blickte Irene von oben herab an, so arrogant, wie sie nur konnte.
    »Er … ist nie … zu beschäftigt, um
mich
zu empfangen.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, bevor sie die Doppeltür aus Mahagoni öffnete. Verwundert blickte sie auf die vier Herren, die um den Tisch versammelt saßen.
    »Ja?«, fragte Arvid kurz.
    »Ich wollte wissen, ob du mit essen gehst«, sagte Siri und ging um den Tisch herum zu seinem Platz. Sie legte ihm die behandschuhten Finger auf die Schultern. Arvid befreite sich brüsk und stand auf.
    »Tut mir leid, aber ich bin sehr beschäftigt, du kannst ja vielleicht Irene oder eins der Mädels

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