Die Tochter des Leuchtturmmeisters
Lindström sagt, stimmt.« Karin lehnte sich nach hinten und brachte den Stuhl zum Wippen.
»Wer?«
»Der Bauleiter auf Pater Noster, Roland Lindström.«
»Ach so. Ich habe noch über etwas anderes nachgedacht«, sagte Folke.
»Das Hochzeitsdatum?«, fragte Karin.
»Ja, Ehepaare können so was schon mal vergessen.« Folke hatte den eigenen Hochzeitstag nie verpasst, seine Frau allerdings schon.
»Aber ich meine das mit dem Pfarrer«, erwiderte er.
»Was war denn mit dem?«
»Das mit seinem Namen. Siri hat sich an seinen Namen erinnert. Ich selbst habe nicht die geringste Ahnung, wie der Pfarrer hieß, der uns getraut hat, und normalerweise entfallen mir solche Dinge nicht.«
»Das ist ja wohl nicht gerade kriminell. Vielleicht war sie kirchlich engagiert? Oder sie hat nach Arvids Verschwinden mit dem Pfarrer geredet.«
»Bestimmt, sie macht wirklich den Eindruck, tief religiös zu sein«, entgegnete Folke trocken.
Karin lächelte. Sieh an, er konnte sogar scherzen. Bei dem Gespräch saßen sie im Auto auf dem Weg nach Mölndal. Karin lehnte dankend ab, mit zum Abendessen hineinzukommen. Folke winkte, als sie wieder auf die Straße hinausbog. Irgendwie war der Tag doch noch gut geworden, dachte sie.
Ihr Mobiltelefon klingelte, und Karin lachte in sich hinein, als sie den altbekannten Satz vernahm: »Ja, hier ist mal wieder die lästige Alte. – Deine Oma«, folgte dann, als hätte Karin das nicht längst kapiert. Sie fragte sich, ob hier vielleicht Telepathie im Spiel war, weil sie schon auf dem Weg zur Großmutter war. Sie fuhr den Hang in Gårda hoch und parkte auf dem Danska vägen. Die alte Frau öffnete die Tür und umarmte ihr ältestes Enkelkind herzlich. Dann schaute sie Karin skeptisch an.
»Wie kannst du so rasch hier sein? Du fährst doch wohl nicht zu schnell?«
»Ich hab das Blaulicht eingeschaltet«, sagte Karin.
»Aber Mädel, das hast du doch nicht wirklich getan?«
»Ja klar. Eine Mutter mit Kinderwagen musste zur Seite springen. Also Oma, natürlich habe ich das nicht«, fügte sie schnell hinzu, doch ihre Großmutter hatte bereits losgelegt.
»Als Polizistin musst du mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn jemand sieht, dass du zu schnell fährst, dann …«
»Aber ich bin doch nicht zu schnell gefahren. Das war ein Scherz, Oma.«
»In der Zeitung habe ich nämlich von einer Polizistin gelesen, die …«
Karin bereute ihr Vorgehen und beschloss, die Taktik zu ändern.
»Oh, hab ich einen Hunger«, sagte sie. Das half normalerweise sofort.
»Ich habe Eibrote gemacht und Plinsen aufgetaut. Der Kaffee ist gleich fertig.« Die Großmutter wies auf die Kaffeemaschine, die ein Gurgeln hören ließ.
Karin betrachtete die kleine Frau, die den Herd ausschalten ging. Ihr war, als sei ihre Oma seit dem letzten Besuch geschrumpft. Als würde sie immer kleiner und kleiner. Karin zog einen Küchenstuhl vor und setzte sich an den Tisch. Der war bereits gedeckt, auf Karins Seite stand ein großer Kaffeepott und auf der anderen Seite eine Tasse. Die Großmutter goss den Kaffee ein und nahm ihr gegenüber Platz. Jetzt, wo Siri beschlossen hatte, sich mit ihrer Geschichte an die Presse zu wenden, konnte man die Sache als öffentlich bezeichnen. Karin erzählte.
»Daran erinnere ich mich«, sagte die Großmutter. Es gab jede Menge Geschreibsel in den Zeitungen. Alle möglichen Theorien darüber, was passiert war.«
»Was denn zum Beispiel?«, fragte Karin und biss von einem Eibrot ab.
»Dass Arvid und Siri verheiratet waren, stellte sich erst heraus, nachdem er verschwunden war, und alle waren mächtig erstaunt. Arvid war ein angesehener Mann aus guter Familie, während man der Meinung war, dass Siri, ja … ein bisschen zweifelhafte Verbindungen mit mehreren verheirateten Männern unterhielt … Sie war leichtlebig. Man sah sie bei allen Vergnügungen, und nicht lange nach Arvids Verschwinden bekam sie ein Kind. Ich weiß noch, dass ein Reporter, der sie nicht mochte, ausgerechnet hatte, dass das Kind, ich glaube, eineTochter war es, ziemlich lange vor der Heirat von Arvid und ihr gezeugt worden sein musste. Außerdem fuhr sie weg und bekam das Kind im Ausland, in Norwegen oder Dänemark, denke ich. Einige Leute, darunter der genannte Reporter, fanden das suspekt, andere glaubten aber, sie wollte ihre gute Figur zurückhaben, bevor sie wieder nach Göteborg kam.«
»Klingt nicht, als wäre sie beliebt gewesen.«
»In einem der Verschläge könnten noch alte Illustrierte liegen. Dein
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