Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Die Tochter des Leuchtturmmeisters

Titel: Die Tochter des Leuchtturmmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
Vom Netzwerk:
siebenundachtzig Jahre war sie voller Abenteuerlust.
    Heft für Heft wurde nach der Durchsicht beiseitegelegt. »Jetzt habe ich etwas gefunden!« Die Großmutter rückte die Brille gerade und las mit ihrer hellen Stimme vor.
    »Arvid Stiernkvist mit Begleitung verschönerte den Abend durch seine Anwesenheit.« Karin betrachtete erstaunt die Frau auf dem Foto. Es war nicht Siri, sondern eine schöne blonde Frau, die sie an Grace Kelly erinnerte. Karin sah den Text durch in der Hoffnung, ihren Namen zu finden. Dann legte sie die Zeitschrift gesondert hin, bisher war das alles, was sie hatten. Eine Stunde später, als sie einen Großteil des Stapels abgearbeitet hatten, wurde ihre Großmutter wieder fündig.
    »Karin! Hör dir das an! ›Der Speditionsbranche geht es bestens, und die Firma floriert‹, berichtete Herr Arvid Stiernkvist, der eingeladen war zu …« Das Bild war von schlechter Qualität, aber Karin erkannte das Foto wieder. Es war das gleiche Bild, das sie mit Folke vor wenigen Stunden in der
Abendzeitung
betrachtet hatte. Und doch auch wieder nicht. Etwas war anders. Karin nahm die
Abendzeitung
zur Hand und blätterte die Mittelseite auf, auf der Siri dominierte. Sie brauchte das Bild nicht sehr gründlich zu studieren, um zu erkennen, was anders war. In der
Abendzeitung
standen Arvid und Siri dicht nebeneinander, aber auf demselben Foto – allerdings in der Zeitschrift von 1963 – war neben Arvid eine ganz andere Frau zu sehen. Nämlich wieder diese blonde Frau. Jemand hatte das Foto manipuliert. Alles andere stimmte, das Kleid, das Arvids Begleitung auf beiden Bildern trug, war dasselbe, aber jemand hatte sich die Mühe gemacht, das Gesicht der Frau durch Siris Gesicht auszutauschen. Arvid blickte Karin über die Zeiten hinweg an, als würde sie selbst hinter der Kamera stehen. Ihm schien die Anwesenheit des Fotografen nicht zu gefallen. Im Hintergrund sah man das Meer. Wer konnte die blonde Frau sein?

9.
    Karin hatte den Zettel beim Hinausgehen in die Hand gedrückt bekommen, ihn aber nicht weiter beachtet, weil ihr Marita gesagt hatte, was darauf stand. Sie sollte Arvid Stiernkvists Frau anrufen, der eingefallen war, wie der Zahnarzt ihres Mannes hieß. Ziemlich makaber von Siri, sich so vorzustellen, und jetzt, wo sie Arvid identifiziert hatte, wurden Akten und Zahnschema auch nicht mehr gebraucht.
    Karin steckte den Zettel in die Jackentasche und suchte die Nummer in ihrem Mobiltelefon. Wenn sie an einem Fall arbeitete, hatte sie alle aktuellen Telefonnummern gespeichert. Das sparte Zeit, besonders wenn sie im Auto saß. Im Nachhinein würde sie sich fragen, ob es etwas geändert hätte, wenn sie einen Blick auf das Papier geworfen hätte. Siri klang außer Atem, als sie den Hörer abnahm. Vielleicht war sie im Garten gewesen. Oder sie und Waldemar hatten sich mit etwas Intimerem beschäftigt. Karin versuchte das Bild aus ihrem Kopf zu verjagen, wie Siri zu Waldemar sagte, er solle ihr bloß nicht die Haare zerwühlen. Karin hörte, dass sich Siri auf Englisch bei einem Besucher entschuldigte, bevor sie sich meldete.
    »Ich habe nicht angerufen«, sagte Siri. Sie versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie genervt war.
    »Aber ich habe die Nachricht bekommen, Arvid Stiernkvists Frau habe am Morgen angerufen und …«
    Am anderen Ende wurde es totenstill, bevor Siris nasale Stimme von neuem ertönte.
    »Ach ja. Aber es war nichts Wichtiges. Entschuldige, ich bin hier mitten in einem Interview. Für eine
ausländische
Zeitung.«
    Karin hatte große Lust, etwas über das manipulierte Foto zu sagen, dann würde Siri bestimmt Zeit für ein Gesprächmit ihr haben. Natürlich hatte sie die Gelegenheit ergriffen, eine alte Rivalin in die Vergessenheit zu befördern. Karin war immer wieder erstaunt, wozu die Leute fähig waren, wenn es darum ging, Aufmerksamkeit in den Medien zu erwecken. Es war Freitagnachmittag, und sie versuchte alles von sich wegzuschieben, als sie die Jacke anzog, den noch anwesenden Kollegen zuwinkte und ihnen ein schönes Wochenende wünschte.
    Als Karin zur Gamla Varvsgatan heimkam und den Schlüssel ins Schloss steckte, war ihr, als würde sie die Tür zu einer fremden Wohnung öffnen. Sie hatte befürchtet, sich dort einsam zu fühlen, und deshalb weder Schuhe noch Jacke ausgezogen. Sie schaltete alle Lampen ein und legte eine CD in die Stereoanlage. So wirkte die leere Wohnung weniger verlassen.
    Sie war gerade dabei, die Lebensmittel in den Kühlschrank zu stellen, als

Weitere Kostenlose Bücher