Die Tochter des Leuchtturmmeisters
über den weißen Gartenzaun der Schlossstraße 8B. »Wie geht’s dir?«
»Ach danke. Das Unkraut sprießt«, antwortete Marta, die in einem Beet stand, ein Tuch um den Kopf, an den Füßen Gummistiefel, und eine Hacke schwang. Sie griff sich an den Rücken. »Aber es ist schön, dass der Frühling endlich kommt. Seltsam, aber manche Winter scheinen länger als andere zu sein.«
»Ja, wir wollen hoffen, dass es mit der Kälte jetzt vorbei ist«, entgegnete Anita.
»Sieh mal, meine Osterglocken kommen schon.« Marta zeigte auf das gesäuberte Beet. Archimedes rieb sich an ihren Beinen, streckte sich auf einer der Schieferplatten aus und leckte sich die Pfoten, ohne sein Frauchen aus den Augen zu lassen.
»Der Nebel ist immer ein Zeichen dafür, dass der Frühling im Anzug ist. Per muss heute Abend nach London, und dort waren es schon 18°. Wir wollen hoffen, dass die Wärme zu uns herzieht«, sagte Anita, bevor sie winkend weitergingen.
»Mama, warum scheint die Sonne«, fragte Walter.
»Oje«, sagte Anita an Lyckes Stelle, »ja, warum.«
»Oma, warum ist der Himmel blau?«
Lycke lachte.
»Da hat man an der Uni nun all diese Scheine gemacht und kann doch nicht auf so wichtige Fragen antworten.«
Sie waren die Slottsgatan bis zur Fredrik Bagges gata hinuntergegangen und bogen jetzt nach links ab. Die Pflastersteine wechselten auf der langen Strecke zu glattem Straßenbelag, weil einer den Beschluss gefasst hatte, das alte Pflaster mit Asphalt zu überdecken, statt es reparieren zu lassen. Das Wasser vom Muskeviken versuchte zu glitzern, aber der Nebel verhinderte effektiv, dass die Sonnenstrahlen hinunterdrangen. Von ihrem Spazierweg entlang der Bucht ließen sich nicht einmal die Bootsanleger ausmachen, obwohl sie kaum mehr als dreißig Meter entfernt waren.
Walter hatte genug vom Laufen und gähnte heftig. Anita hob ihn in den Wagen und klappte die Rückenlehne nach hinten.Dann deckte sie ihn sorgfältig mit der hellblauen Fleecedecke zu.
»Wir haben unser Märzbaden noch nicht geschafft«, berichtete Lycke. »Eigentlich müsste ich es heute machen, da kein Wind ist. Aber im Nebel zu baden, ist so öde. Dann lieber bei eisigem Wind, aber strahlendem Sonnenschein.«
Sara und Lycke badeten mindestens einmal im Monat, das ganze Jahr über. Ein rascher Spaziergang und ein Sprung ins Wasser. Im Winter kürzer als im Sommerhalbjahr. Lycke trug immer schon den Bikini unter der Kleidung. Im Bikini, aber mit der Mütze auf dem Kopf zu baden, war ziemlich ausgefallen, und die Vorbeigehenden, die das sahen, blieben stehen und schüttelten sich, obwohl sie dick eingemummelt waren, bevor sie aufmunternde Kommentare hören ließen oder sie für komplett wahnsinnig erklärten.
»Heb dir das Baden für Sara auf«, sagte Anita und steckte Walter, dem schon die Augen zufielen, den Schnuller in den Mund. Sie streichelte ihrem Enkel die Wange.
»Omas lieber kleiner Junge.«
Karin tauchte aus dem Nebel auf. Lycke legte einen Finger auf den Mund und zeigte auf den Wagen.
Karin zeigte durch ein Nicken, dass sie verstanden habe.
»Hallo, danke für gestern, es war toll«, flüsterte sie.
»Du wolltest doch Bruno Malmer treffen«, sagte Lycke. »Wir sind auf dem Weg zu ihm. Komm einfach mit!«
Onkel Brunos roter Hof aus dem achtzehnten Jahrhundert lag mitten zwischen ziemlich neuen Reihenhäusern, gleich neben einem Spielplatz. Glücklicherweise schlief Walter, sonst wären sie nicht daran vorbeigekommen, ohne mehrere Runden auf Schaukel und Rutsche zu absolvieren. Onkel Bruno freute sich über den Besuch und setzte sofort Kaffee auf.
»Immer hereinspaziert«, sagte er mit weit ausholenden Bewegungen und wandte sich dann an Karin.
»Wir haben uns bestimmt noch nicht kennengelernt.«
Es war ein gutes Gefühl, dass Lycke sie in erster Linie als Freundin und dann erst als Polizistin vorstellte. Der Mann hatte nicht nur einen Bart, sondern auch einen imponierenden Schnurrbart, der gezwirbelt und an den Enden sogar gewachst war. Er trug ein Paar abgewetzte braune Hosen mit ausgebeulten Knien und ein Polohemd unter der Tweedjacke. Ein kürzlich heimgekehrter Entdeckungsreisender könnte die freundliche Beschreibung lauten oder ein Wissenschaftler vom Beginn des vorigen Jahrhunderts.
Es roch nach vergangenen Zeiten und ein wenig muffig, Wärme war in der Küche auch nicht gerade zu spüren. Onkel Bruno öffnete die Tür zu einem Zimmer mit bedeutend angenehmerer Temperatur. Ein Feuer brannte in einem alten weißen
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