Die Tochter des Leuchtturmmeisters
mich ganz allein um Walter und die gesamte Hausarbeit kümmern, und manchmal erscheint mir diese Aufteilung ziemlich ungerecht.«
»Was ist mit Martins Eltern? Ist Anita so nett, wie sie wirkt?«, fragte Karin und steckte ein paar weitere Legosteine zusammen.
»Besser. Sie ist wirklich unübertrefflich. Das können bestimmt nur wenige von ihrer Schwiegermutter sagen«, erklärte Lycke. »Eh, was meinst du, wollen wir uns eine Flasche Wein gönnen? Es ist schließlich Sonntag.«
»Ich hab welchen im Boot und kann ihn holen«, sagte Karin.
»Total nett, aber wir haben Wein im Keller. Einfach die Treppe runter und nach links. Das rechte Zimmer haben wir noch nicht in Ordnung gebracht, der Himmel weiß, auf was man dort alles treffen kann. Spinnen groß wie Spatzen und vielleicht ein paar Champignons?«
Karin lachte.
»Sorry, aber manchmal hab ich es einfach so satt. Der Nächste, der sagt, ›es macht doch bestimmt Spaß, das Haus nach dem eigenen Geschmack zu gestalten‹ oder ›ihr seid doch so jung und habt die Zukunft noch vor euch‹, dem verpasse ich eine. Solche Kommentare gehen mir dermaßen auf den Senkel.«
»Du, Lycke, ich bleib gern zum Essen, aber dann will ich unbedingt den Wein beisteuern. Walter kann mitkommen, wenn ich die Flasche hole, falls du es wagst, ihn aus den Augen zu lassen«, sagte Karin.
»Willst du mit Karin ein Stück spazieren gehen, Walter?«, fragte Lycke.
»Jaa!«, schrie der begeistert, rannte zur Terrassentür und zog sich die Schuhe an. Lycke lachte.
»Liebling, erst musst du wohl den Schneeanzug überziehen und dann die Schuhe.«
Karin bekam den Karren geliehen, der auf zwei Fahrradrädern lief, einen solchen schienen die meisten Küstenbewohner zu haben. Walter stieg hinein und setzte sich auf den Holzboden.
»Schneller!«, rief er. Der Karren war schwer, und zum Glück ging es bergab. Karin wagte nicht, mit diesem Gefährt auf den Anleger hinauszufahren, sondern hob den Jungen heraus und nahm ihn fest an die Hand.
»Papa! Onkel Johan!« Walter winkte dem dunkelblauen Boot zu, das soeben hereinglitt und direkt vor Karins Zuhause anlegte.
Skärelejan
war ein typisches Marstrander Boot. AmOrt entworfen und gebaut. Die zwei Personen an Bord sahen sich zum Verwechseln ähnlich.
»Hallo, Karin war wohl dein Name. Hast du meinen Sohn gekidnappt?« Martin lächelte ihr zu.
»Ich bin kurzzeitig euer Babysitter und außerdem der Überraschungsgast beim Abendessen. Walter und ich wollten eine Flasche Wein aus dem Boot holen.«
»Ist das deins?«, fragte Martin, während er Walter auf den Arm nahm.
»Dann sind wir zwei Überraschungsgäste.« Der Mann, der die
Skärelejan
gesteuert hatte, kam sie begrüßen. »Allerdings habe ich keinen Wein mitgebracht. Dafür aber die Vorspeise.« Er hielt einen blauschwarzen Hummer hoch, der wütend zappelte, aus Protest gegen die Gummibänder, die seine Scheren zusammenhielten.
»Ich glaube, du wirst gewinnen«, sagte Karin.
»Johan, Martins Bruder.« Er lächelte. »Was ist das für ein Bootstyp?«
»Knocker-Imram, ein französisches Stahlboot. Davon gibt es nur drei oder vier Exemplare.«
»Das erklärt, warum man es nicht kennt. Es hat bestimmt viel Gewicht.«
»Acht Tonnen.«
»Es sieht zweifellos verlässlich aus«, sagte Johan, der an Bord gegangen war. Er befühlte den Handlauf, betrachtete die Wanten, bewunderte das Achterstag, das teilweise isoliert war, um als Antenne zu dienen.
Martin hatte Walter übernommen, dem eingefallen war, dass er mal musste.
»Ich glaube, es ist eher der Reiz des Neuen, dass man mal an Bord pullern will«, sagte Martin. Karin schloss auf, nahm die Luke vom Niedergang, stieg hinunter und zeigte, wohin sie zu gehen hatten. Walter mit seinem Papa dicht auf den Fersen verschwand, um die Toilette auszuprobieren. Karin kehrte an Deck zurück. Johan wies auf die Windfahne am Heck.
»Die Radarantenne kennt man ja, aber was ist das?«
»Eine Selbststeueranlage. Funktioniert ungefähr wie ein Autopilot, allerdings ohne Strom. Man stellt sie in einen bestimmten Winkel zum Wind, und das klappt wirklich bestens, vorausgesetzt, die Windrichtung ändert sich nicht.«
»Pfiffig.« Er betrachtete die Solarmodule und den Windgenerator. »Du scheinst an fast alles gedacht zu haben.«
»Vielleicht ist es hier und da ein bisschen zu viel des Guten, aber mir gefällt es. Zwar wiegt es etwas mehr, als es müsste, aber es ist ja kein Rennsegler, sondern ein Boot, das weite Strecken und auch bei etwas schwererem
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