Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
schrecklichen Geheimnisse hast du dabei ergründen können?«
»Es ist, wie ich vermutete, Herr: Muqtaq, der Schab der Maschir, der Leibwache des Raik, plant Numur zu töten. Iddin hat ihm einen Boten geschickt. Es soll noch heute, in den Stunden nach Mitternacht geschehen.«
Maru starrte Tasil entsetzt an. Sie selbst hatte Muqtaq den Ring gegeben. Sie hatte ihm also diesen Auftrag übermittelt. Nein, Tasil hatte sie benutzt , und, noch schlimmer, Tasil verriet Muqtaq gerade an den Immit.
»Also heute Nacht«, antwortete der Immit nachdenklich. »Das war fast zu erwarten. Weißt du, wie viele Männer er hat?«
»Eine genaue Zahl kann ich dir nicht nennen, Herr, doch hier auf
dem Tempelberg hat er viele Getreue. Und auch die, die ihm nicht folgen, werden sich ihm nicht unbedingt in den Weg stellen. Iddin scheint in dieser Stadt mehr Anhänger zu haben als Numur.«
»Namen?«, forderte Schaduk kalt.
»Es wurden keine Namen genannt, Herr, doch meinte ich, heraushören zu können, dass zumindest der Abeq Abeqai des Brond zu den Verschwörern gehört.«
Maru erinnerte sich an den Hohepriester. Er hatte auf den Stufen des Palastes zur Menge gesprochen. Er war es auch, der den Blickkontakt zu dem Maghai gesucht hatte, dem sie in die Stadt gefolgt war. Sie dachte ungern daran zurück. Es führte sie an den Rand eines schwarzen Loches, das dort in ihrer Erinnerung klaffte. Sie schüttelte den Gedanken ab. Dieser Priester war sicher ein Gefolgsmann Iddins. Aber warum lieferte Tasil ihn aus?
»Soll ich den Abeq verhaften lassen, Vater?« Dies war der erste Satz, den Narsesch bisher gesprochen hatte.
»Nein, mein Sohn, das wäre voreilig. Aber du kannst hinunter in den Hafen gehen und zwei Ansai unserer Krieger heraufschicken. Der Urather hat recht. Auf die Wachen dieses Bet Raik ist kein Verlass.«
»Ich nehme an, du hast Numur auch schon gewarnt?«, fragte der Immit, als sein Sohn gegangen war.
»Ja, Herr.«
»Weißt du, was er vorhat?«
»Vermutlich wird er die Krieger sammeln, denen er vertraut, und sich verteidigen.«
»Er will nicht zuerst zuschlagen?«
»Nein, Herr, ich habe ihm davon abgeraten. Es ist besser, die … Verräter zuerst handeln zu lassen. Dann wird offenbar werden, wer treu zu Numur und wer zu Iddin steht.«
»Für einen reisenden Händler zeigst zu erstaunliche Weitsicht in solchen Dingen, Urather.«
»Danke Herr.«
»Weißt du auch, was ich vorhabe?«, fragte der Immit lauernd.
Tasil zögerte mit seiner Antwort. »Nein, Herr, wie sollte ich?«
Immit Schaduk lachte. »Du bist zu bescheiden, Mann, aber gut, du wirst bald mehr erfahren, denn ich gedenke, dich in meine Pläne einzubeziehen.«
»Ich fühle mich geehrt, Herr. Und ich bin stolz, wenn meine Dienste deine Beachtung finden. Ich hoffe, ich kann mir weitere … Anerkennung verdienen.«
»Mir ist klar, Urather, dass ein Mann deines Wesens nur gute Dienste leistet, wenn er entsprechend belohnt wird. Ich werde großzügig sein: Wenn ich mit dir zufrieden bin, werde ich dich nicht töten. Wenn ich mit dir sehr zufrieden bin, wird sich vielleicht noch der eine oder andere Beutel Silber für dich auftreiben lassen. Was hältst du davon?«
»Das ist in der Tat ein gutes Angebot, Herr«, entgegnete Tasil mit versteinerter Miene.
»Gut. Ich erwarte, dass du für mich herausfindest, was Numur vorhat. Und ich möchte, dass du seinen Bruder Iddin findest. Sichere ihm freies Geleit zu. Er soll der Beisetzung seines Vaters beiwohnen dürfen. Ich will ihn zumindest kennen lernen, bevor … Nun, du hast deine Anweisungen, geh!«
Maru kannte Tasil inzwischen gut genug, um ihm anzusehen, dass er innerlich kochte, als sie schweigend durch die endlosen Gänge des Bet Raik hasteten. Er stürmte vorneweg, und sie musste fast rennen, um Schritt zu halten. Schließlich erreichten sie einen Flügel des Palastes, den sie noch nicht kannte. Es gab hier viele helle Säulengänge und Innenhöfe, die fast alle einen kleinen plätschernden Brunnen hatten. Palmen spendeten Schatten, und es gab in Stein gefasste Beete mit üppigem Grün und Blumen. Irgendwo hinter den Säulen erklang das Lachen von Frauen.
»Wo sind wir hier, Onkel?«, erkundigte sich Maru.
Tasil antwortete nicht. Hinter der nächsten Ecke saßen zwei Speerträger im Gang. Sie erhoben sich gemächlich.
»Halt, Fremder«, befahl der größere der beiden. »Dies sind die Gemächer der Familie des Raik. Du darfst sie nicht betreten.«
»Malk Numur erwartet mich.«
»So? Das ist
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