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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Oberlicht geschlossen wurde. Einige letzte Strahlen streiften noch die Schulter des Immit, dann war auch das vorbei. Plötzlich saß da nur noch ein vogelgesichtiger, kleiner Mann auf einem steinernen Stuhl. Nichts war geblieben von dem überirdischen Glanz, der alle in der Hohen Kammer geblendet hatte. Der Immit seufzte und lehnte sich zurück.
    »Ich habe diese Einrichtung immer schon bewundert«, gestand er mit einem nachdenklichen Blick zur Decke. »Deine Ahnen waren große Baumeister, Numur.«
    Numur lief rot an. »Das waren sie, Schaduk «, sagte er scharf. Seine Verärgerung war unüberhörbar. Der Immit hatte ihn ohne seinen Titel angesprochen.

    Immit Schaduk ließ sich davon nicht beeindrucken. »Weißt du, was die wichtigsten Säulen eines großen Hauses sind, Numur? Nein? Familiensinn und Wahrhaftigkeit.« Er schien auf eine Antwort des Malk zu warten, doch der biss sich auf die Unterlippe und schwieg.
    »Das Haus unseres Kaidhan ist ein solches Haus, natürlich. Das Haus Nin in Igaru ist ein ebensolches, und das Haus Hegasch zähle ich noch auch dazu. Ich kann mir vorstellen, dass du nicht verstehst, was ich meine, Numur. Wahrhaftigkeit – damit meine ich Treue sich selbst und seinem Rang gegenüber. Ein Raik darf sich niemals selbst verleugnen, es sei denn, es dient seiner Familie. Familiensinn, Numur! Der Raik mag andere betrügen und belügen, doch sich selbst und die seinen niemals! Sein Haus wird sonst untergehen – auch wenn er selbst noch ein paar jämmerliche Jahre haben mag.«
    Numur wirkte gelangweilt. »Ich verstehe«, sagte er.
    »So? Wirklich? Familiensinn bedeutet auch, dass man nicht versucht, seinen Bruder umzubringen! Ich könnte es verstehen, wenn du mit Söhnen reich gesegnet wärst, dann wäre es durchaus im Sinne der Familie, einen Thronanwärter aus einer Seitenlinie zu beseitigen – aber ihr seid beide unverheiratet und kinderlos. Was, wenn ihr beide Erfolg mit euren Mordplänen gehabt hättet? Dann wäre das Haus Hegasch nun ausgelöscht!«
    »Ich hatte nie vor, Iddin zu töten«, behauptete Numur aufgebracht.
    »Ah! Schweig, verehrter Malk, schweig, oder willst du dich vor uns lächerlich machen?«, rief der Immit. Jetzt wurde sein Tonfall noch schärfer. »Wie kann ein Malk aus einer so edlen und angesehen Familie sich selbst so vergessen, dass er in aller Öffentlichkeit seine Hand ins Feuer legt? Für den da?« Er zeigte auf Tasil.
    »Es war die reine Wahrheit«, zischte Numur wütend.
    »Ach was, wenn dieser Fakyn nicht so geistesgegenwärtig gewesen
wäre, hätte er dich verraten. Du solltest ihn wirklich befördern. Die Hakul haben ihm geglaubt.«
    »Vielleicht, weil er die Wahrheit sagte«, warf Abeq Mahas ein.
    »Ah, der ehrwürdige Abeq des Strydh! Hast du mit deinem Auge auch deinen Scharfsinn geopfert? Es geht nicht um die Frage, ob dieser Urather ein Mörder ist oder nicht. Hier geht es darum, dass ein Malk seinen unantastbaren Ruf aufs Spiel gesetzt hat. Nehmen wir an, dieser Hakul-Seher hätte die Lüge durchschaut! Es ist ein Unterschied, ob ein Händler oder der von den Göttern gesegnete Spross eines Raik lügt! Was glaubst du, was diese Steppenreiter tun, wenn sie erfahren, dass du den Frevler in deiner Stadt versteckst, Numur?«
    Numur verlor die Beherrschung. »Wäre es meine Stadt, hätten diese Räuber sie nicht lebend verlassen!«
    Maru lauschte mit offenem Mund. Hier waren die mächtigsten Männer des Landes versammelt, und sie stritten wie die Ochsenhändler. Ihr hoher Rang zeigte sich eigentlich nur in der Verachtung, mit der sie auf Tasil hinabblickten. Sie redeten über ihn, als sei er nicht da. Und er stand da und hörte interessiert zu, als ginge es gar nicht um ihn.
    Der Immit lehnte sich zurück und lachte plötzlich. »Weißt du, warum ich dir in diesem Fall geholfen habe, Numur?«
    Der Malk beruhigte sich wieder. Er schüttelte missmutig den Kopf.
    »Familiensinn.«
    Der Malk sah ihn irritiert an.
    »Meine Tochter Hassadi ist im heiratsfähigen Alter, und der zukünftige Raik der Stadt braucht eine Akkesch aus alter Familie zur Frau.«
    Numur runzelte die Stirn. »Deine Tochter? Heißt das, du hast dich entschieden? Bin ich … der neue Raik dieser Stadt?« In seinem Gesicht spiegelten sich Freude und Zweifel.

    »Nein, das heißt es nicht«, erklärte der Immit kühl. »Es heißt nur, dass meine Tochter die Frau des zukünftigen Raik sein wird – aber das kann auch dein Bruder Iddin sein. Ich habe es noch nicht entschieden, sondern wollte

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