Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
hat ihn aufgefordert, an der Beerdigung eures Vaters teilzunehmen.«
»Das bedeutet gar nichts!« Numur lief rot an.
»Er weiß, wo Iddin steckt?«, fragte Mahas überrascht.
»Das vermag ich nicht zu sagen, ehrwürdiger Abeq. Vielleicht stehen sie über Boten in Verbindung. Der Immit ist ein kluger Mann, und er steckt voller Überraschungen und Pläne.«
»Da ist er nicht der Einzige.«
»Aber der Anschlag!«, rief der Malk aufgebracht. »Wie kann er sich mit meinem Bruder verbünden, wenn dieser vorhat, mich heute Nacht umbringen zu lassen?«
»Ich glaube nicht, Herr, dass Immit Schaduk sich schon mit Iddin verbündet hat. Es scheint mir nicht seine Art zu sein, sich vor der Zeit festzulegen.«
»Deshalb glaube ich auch nicht, dass der Immit seinen Männern befehlen wird, Numur zu töten«, sagte der Abeq nachdenklich, so als sei der Malk gar nicht im Raum. »Er würde sich einer von zwei Möglichkeiten berauben.«
»Einer von dreien«, verbesserte Tasil – und sein Lächeln glich wieder einmal dem eines Wolfs.
»Drei?«, fragte Numur nach einer Pause. Jetzt wirkte er wirklich beunruhigt.
»Was soll das bedeuten, Urather?«, wollte auch Mahas wissen.
»Ich glaube zu verstehen, dass der Immit einen weiteren Plan hat, ehrwürdiger Abeq.«
»Und wie soll der aussehen?«
»Weißt du, dass der Immit mir Silber geboten hat, damit ich herausfinde, was ihr vorhabt, Ehrwürdiger?«
Maru konnte kaum glauben, was sie da hörte. Silber geboten? Der Immit hatte gesagt, dass er vielleicht Tasils Leben verschonen würde und vielleicht – vielleicht! – würde er noch etwas Silber dazugeben. Aber Tasil war ein ausgezeichneter Lügner, weder der Malk noch der Abeq kam auf die Idee, an dieser Aussage zu zweifeln.
»Du hast dich von ihm kaufen lassen?«, zischte Numur.
»Nein, sonst würde ich es dir kaum erzählen, Herr. Allerdings...«
»Allerdings was, Urather?«, hakte Mahas nach und gab dem Schab einen Wink. Der zog sein Sichelschwert aus dem Gürtel.
»Der Immit vertraut mir bis zu einem gewissen Grad. Es würde mir leichter fallen, sein Vertrauen zu enttäuschen, wenn ich einen entsprechenden Anreiz hätte, Herr.«
»Soll ich ihn töten, Herr?«, stieß der Schab hervor.
»Warte noch, Emadu«, sagte der Abeq gelassen.
Er tauschte einen kurzen Blick mit dem Malk, dann wandte er sich wieder Tasil zu. »Ich glaube, es ist im Augenblick leichter für uns, einen Beutel Silber aufzutreiben, als eine Leiche verschwinden zu lassen.«
Zwei Leichen , berichtigte Maru ihn in Gedanken. Heiß und kalt war ihr geworden. Tasil spielte wieder einmal mit ihrer beider Leben. Aber es sah aus, als würde er auch dieses Mal gewinnen.
Der Schab steckte das Schwert wieder weg. Numur gab dem Verwalter, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte, ein Zeichen.
Der Mann griff in die Tiefe seiner Robe und zauberte einen kleinen, ledernen Beutel hervor, den er dem Malk überreichte.
Numur warf ihn Tasil verächtlich vor die Füße. »Dein Silber, Urather. Ich hoffe für dich, dass das, was du weißt, genug wert ist.«
»Heb das auf, Maru«, wies Tasil sie an.
Sie beeilte sich, dem Befehl zu gehorchen. Es war erstaunlich, dass ein so kleiner Beutel so schwer sein konnte. Tasil nahm ihr den Beutel ab, wog ihn kurz in der Hand und steckte ihn dann ein, ohne ihn zu öffnen.
»Also: die Pläne des Immit?«, drängte Mahas.
Tasil setzte sich auf einen Stapel Deichseln. »Der Immit ist ein kluger Mann. Er hat ein Ziel, und daraus macht er kein Geheimnis. Er will, dass seine Familie an Macht gewinnt.«
»Das ist offensichtlich«, warf Mahas ein. »Ich hoffe, du hast mehr als das zu bieten.«
»Immit Schaduk ist auch ein geduldiger Mann. Er muss sein Ziel nicht heute erreichen. Es ist ihm genug, wenn sein Enkel eines Tages auf dem Leuchtenden Thron von Serkesch sitzt. Deshalb hat er dem zukünftigen Raik seine Tochter zur Frau angeboten.«
»Sie ist hässlich genug«, brummte Numur verdrossen.
Tasil fuhr ungerührt fort. »Es ist klar, dass derjenige, der auf die Unterstützung des Immit zählen will, dieses Angebot nicht ausschlagen kann. Nur so wird der Titel zu erben sein. Allerdings bringt das Schaduk auch in eine gefährliche Lage. Er kann es nicht wagen, den enterbten Bruder leben zu lassen.«
»Auch das ist nichts Neues!«, warf der Abeq ungehalten ein.
Tasil ließ sich nicht beirren. »Einen Malk zu töten, ist unangenehm. Der Kaidhan in Ulbai würde viele Fragen stellen. Deshalb wird der Immit abwarten, ob sich
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