Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
verschlagene Art. »Ich habe die Hälfte der Leibwache in das Gräbertal geschickt. Sie bringen gerade in diesem Augenblick die Gaben für das Grab meines Vaters dorthin. Sie werden dort bleiben und ihm morgen früh das letzte Geleit geben.«
Für einen Augenblick wirkte Tasil unangenehm überrascht. »Und du bist überzeugt, dass sie dort auch bleiben werden?«
»Eine Ansai meiner Leute begleitet sie – außerdem sind die Stadttore von meinen Getreuen besetzt. Sie können also nicht zurück.« Numur grinste selbstzufrieden.
»Eine weise Entscheidung, Herr«, sagte Tasil mit gut gespielter Demut. »Wenn ich dich also recht verstehe, dann hast du etwa dreißig von Muqtaqs Leuten in das Gräbertal geschickt?«
Numur nickte. Der Abeq wandte sich ihm zu. Irgendwas am Gesichtsausdruck des Priesters brachte die Selbstsicherheit des Malk ins Wanken.
»Und du hast eine Ansai, also sechzig deiner Leute, mit dorthin geschickt?«, vergewisserte sich Tasil.
Numur begriff und wurde blass.
»Und du hast weitere zuverlässige Männer an die Tore befohlen – sagen wir, an jedem der Tore eine Eschet? Also hast du etwa hundert deiner Krieger abgestellt, um...«
»Ich habe immer noch mehr als genug Männer!«, schrie Numur aufgebracht.
»Auf jeden Fall wird es reichen, um mit den paar Männern Muqtaqs fertigzuwerden, Herr«, mischte sich Schab Emadu ein. Numur starrte ihn feindselig an. Der Schab schien sich in seiner Haut nicht recht wohl zu fühlen. Vielleicht stammte die Idee von ihm.
»Es war eine gute Entscheidung, die Verräter in kleine Gruppen aufzuspalten, Herr«, sagte der Hohepriester und legte dem Malk in einer Geste der Beruhigung die Hand auf den Arm. Numur schüttelte sie unwillig ab.
»Ich bin ebenfalls zuversichtlich, dass es reichen wird«, pflichtete Tasil dem Abeq bei, »schließlich hat auch der Immit zwei seiner Ansai auf den Tempelberg befohlen.«
»Der Immit?«, fragten Numur und Mahas gleichzeitig.
»Er scheint sich mit seinen eigenen Kriegern im Bet Raik sicherer zu fühlen«, erklärte Tasil. »Er ist ein sehr vorsichtiger Mann.«
»Er beleidigt mich, wenn er der Kampfkraft meiner Männer nicht vertraut!«, zischte Numur wütend.
»Ich glaube, er bezweifelt weniger ihre Kampfkraft, sondern mehr ihre Fähigkeit, Freund und Feind zu unterscheiden.«
Numur begriff offensichtlich nicht, was Tasil meinte, der Abeq durchaus. »Du meinst, er befürchtet, unsere Männer würden ihn angreifen?« Es lag Unglauben in seiner Stimme.
Auch Maru fragte sich, wie Tasil auf diese Idee gekommen war, der Immit hatte nichts dergleichen angedeutet. Oder hatte sie nur einfach nicht richtig aufgepasst?
»Wie schnell kann das im Kampfgetümmel geschehen? Noch dazu in der Nacht, im unsicheren Licht der Fackeln? Ein paar Krieger verfolgen einen Feind in einen Raum und erschlagen einen unschuldigen alten Mann … So etwas kann doch geschehen.«
»Du hast gefährliche Gedanken, Urather«, warnte Abeq Mahas.
Er prüft, ob das durchführbar ist, dachte Maru. Sie war sich jetzt sicher, dass Tasil sich das ausgedacht hatte.
»Es wäre Wahnsinn, Hand an den Immit des Reichs zu legen«, sagte Mahas gedehnt. »Der Kaidhan würde uns seinen Zorn spüren lassen.«
»Euch? Oder Malk Iddin, dessen Männer ja die Schuld an Schaduks Tod trügen?«
Numur und Mahas tauschten einen vielsagenden Blick aus. Hatten sie selbst schon daran gedacht, den Immit zu töten? Und hatte Tasil ihnen jetzt einen Plan dazu in die Hand gegeben?
Mahas schüttelte den kahlen Kopf. »Wenn er zwei Ansai seiner Leute im Bet Raik hat, ist er sicher, das steht fest.«
Numur nickte zustimmend. Er schien ein wenig enttäuscht darüber zu sein.
Tasil lächelte auf die ihm eigene Art. »Immit Schaduk ist nicht die einzige hochgestellte Persönlichkeit, die heute Nacht versehentlich unter die Schwerter geraten könnte.«
Bleierne Stille folgte diesen Worten. Numur und Mahas wirkten betroffen, selbst der Schab, der sonst nicht allzu viel begriffen zu haben schien, sah betreten drein.
»Das wagt er nicht!«, sagte Numur schließlich.
»Warum sollte er zögern?«, erwiderte Tasil. »Er wird sich ohnehin für einen Erben entscheiden müssen, Herr. Ich glaube nicht, dass der andere Malk diese Entscheidung allzu lange überleben wird.«
»Er wird sich nicht entscheiden, solange er Iddin nicht gesehen hat. Er kann sich nicht entscheiden, wenn er meinen Bruder gar nicht kennt!«
»Weißt du, Herr, dass er deinem Bruder freies Geleit zugesichert hat? Er
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