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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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strömte eine ganze Schar von Sklaven in die Halle, ein jeder beladen mit Platten voller Köstlichkeiten.
    Maru war eine gute Esserin. Sie war es gewohnt, den ganzen Tag auf dem Feld zu arbeiten, und danach konnte sie einen gewaltigen Appetit entwickeln. In Akyr gab es Hirse- oder Gerstenbrei, Gemüse, Brot, Käse oder auch mal Fisch aus dem Dhanis, bei seltenen Gelegenheiten Hammelfleisch. Als Nachtisch mochte sie die Süßspeisen, die die Frauen der Budinier aus Äpfeln, Pinienhonig
und Datteln zaubern konnten. Jetzt standen vor ihr dampfende Schüsseln mit fein gewürzten Hirsegerichten, Lamm, Rind, Muscheln, Fisch und Dinge, deren Namen sie noch nicht einmal kannte. Sie spürte großen Hunger, aber sie konnte nichts essen. Obwohl sie es versuchte, blieb ihr jeder Bissen im Hals stecken.
    »Was ist los, Maru? Keinen Hunger?«, fragte Tasil, der große Mengen roter Hirse und Lammfleisch in sich hineinschaufelte.
    Sie schüttelte den Kopf. Der Gedanke an das, was bald geschehen würde, ließ sie einfach nicht los. Sie sagte sich hundertmal, dass es nicht ihre Schuld war. Schließlich hatte sie nicht wissen können, was Tasil vorhatte. Aber stimmte das? Hätte sie Muqtaq nicht warnen müssen, als sie es erfuhr? Irgendwie? Es war die Nachricht, die sie ihm überbracht hatte, die zu seinem Tod führen würde. Sie musste etwas unternehmen. Nur was?
    Das Mahl nahm seinen Fortgang. Es wurde viel gegessen und wenig gesprochen. Die Stimmung war angespannt, was dem Immit offensichtlich nicht entgangen war.
    »Ich bitte die Herren um Entschuldigung, dass es diesem Festmahl an Musik und Tanz fehlt«, sagte er, »doch erschien es mir nicht angemessen, schließlich sind dies immer noch Tage der Trauer.«
    »So ist es«, warf Abeq Mahas düster ein, der sich beim Essen zurückhielt.
    »Ich habe Raik Utu-Hegasch viel zu sehr geschätzt, um seinen Abschied mit dem Lärm der Musiker zu stören«, fuhr Schaduk fort. »Und natürlich achte ich die Gebräuche unseres Reiches.« Er lächelte freundlich in die Runde. Einige der Würdenträger nickten, während sich Schaduk, immer noch lächelnd, Numur zuwandte. »Sag, verehrter Malk, war heute nicht der Tag deiner Totenwache?«
    Es wurde still im Saal. Die Großen hoben ihre Köpfe und blickten vom Immit zum Malk und vom Malk zum Immit.
    Numur lief rot an. »So ist es«, presste er hervor, »doch deine
Ankunft und die … Ereignisse dieses Tages haben es mir unmöglich gemacht, diese teure Pflicht wahrzunehmen.«
    »Das verstehe ich gut, verehrter Malk. Und ich muss sagen, ich fühle mich geschmeichelt, dass du meine Einladung zu diesem Essen der Erfüllung deiner heiligen Sohnespflichten vorziehst.«
    Maru dachte, Numur würde dem Immit gleich an die Kehle springen, doch der Malk wurde plötzlich ganz ruhig. Er schob seinen Teller zur Seite. »Es erschien mir angebracht, bei einem Festmahl, das im Bet Raik meiner Familie gegeben wird, anwesend zu sein. Ich kenne meine Aufgaben und verstecke mich nicht hinter Toten wie mein Bruder Iddin.«
    »Ah, du weißt, wo er ist? Ich habe Boten ausgesandt, doch haben sie ihn nicht gefunden. Sieh, ich habe einen Platz zu meiner Rechten für ihn frei gehalten.«
    »Offenbar fehlt es meinem Bruder an der Höflichkeit, deine Einladung anzunehmen, edler Immit«
    Der Immit lachte. »Wenn er aber doch nichts von ihr weiß?«
    »Ich bin sicher, er weiß es, edler Immit. Er hat Anhänger in dieser Stadt.«
    »Und nicht zu wenige, wie ich feststelle«, rief der Immit fröhlich und hob seinen Krug in Richtung der Abeqai der Hüter.
    Maru lauschte staunend. Der Immit legte es offenbar darauf an, alle vor den Kopf zu stoßen, vor allem Numur.
    »Onkel«, flüsterte sie, »warum tut er das?«
    Tasil grinste. »Er will sie zwingen, Partei zu ergreifen. Dann weiß er sicher, wer wo steht. Außerdem macht es ihm wohl einfach Spaß, andere seine Macht spüren zu lassen.«
    Zumindest gelang es dem Immit offensichtlich, die Hohepriester in Verlegenheit zu stürzen. Sie wussten nicht recht, wie sie seine Geste erwidern sollten. Halbherzig hoben sie die Gläser. Nur der Abeq des Brond hob den Krug mit Entschlossenheit und starrte dabei Numur feindselig an.

    »Aber reden wir nicht über den Tod, ihr Herren«, bat der Immit. »Wenn wir uns auch nicht an den viel gerühmten Tänzerinnen dieser Stadt erfreuen können, so soll uns doch hohe Kunst das Mahl versüßen. Ich habe einen Erzähler gebeten, sich zu uns zu gesellen und uns mit seinen Geschichten zu unterhalten.

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