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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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durcheinander, nein, sie stritten. Und die Würdenträger stritten am lautesten mit denen, die einer anderen Partei angehörten. Es schien schon bald nicht mehr um das Rätsel, sondern um den Streit um seiner selbst willen zu gehen.
    »Ihr Herren, ihr Herren«, rief Immit Schaduk nach einer Weile, »beruhigt euch. Allmählich verstehe ich den Reiz dieses Rätsels. Man kann trefflich darüber streiten. Nun, Urather, für jemanden, der nichts zu erzählen weiß, hast du uns gut unterhalten.«
    »Ich danke dir, Herr, du bist zu gütig«, sagte Tasil.
    »Verrätst du uns nun die Lösung?«
    »Es ist ein urathisches Rätsel, Herr. Dafür gibt es keine Lösung.«
    Jemand lachte. Es war Biredh. Die anderen Anwesenden starrten Tasil mit einer Mischung aus Verblüffung und Feindseligkeit an.
    »Ihr seid wahrhaft seltsame Menschen, Urather«, sagte Immit Schaduk verstimmt. »Eure Rätsel sind trügerisch. Das verrät viel über euch.«
    »Es sind nur Rätsel, Herr. Spielereien für Narren, Kinder und Weise«, erwiderte Tasil mit einem Lächeln.
    Ein markerschütternder Schrei erklang. Er kam von draußen. Dann noch einer. Die Mächtigen der Stadt erstarrten auf ihren Plätzen. In Maru breitete sich eine Eiseskälte aus. Die Tür flog auf, und einer der schwarz gewappneten Krieger des Immit taumelte hinein. Zwei gefiederte Pfeile steckten in seinem Leib. Er sank zu Boden.
    »Gefahr!«, brüllte jemand auf dem Flur. »Gefahr! Zu den Waffen!«

    Im nächsten Augenblick brach vor der Tür das Chaos los. Männer brüllten, Pfeile sirrten, Krieger prallte auf Krieger.
    In der Halle herrschte lähmendes Entsetzen. Maru starrte entsetzt den Toten auf der Türschwelle an. Muqtaq griff an! Er hatte ihre Warnung in den Wind geschlagen. Er hatte nicht auf sie gehört!
    Nein, es war schlimmer: Er hatte auf sie gehört! Muqtaq hatte seinen Plan nicht aufgegeben, er hatte ihn geändert. Er griff einfach viel früher an. Durch die Tür sah sie ein Gewirr von Leibern, Waffen, Rüstungen. Es war kaum zu unterscheiden, wer da gegen wen kämpfte. Sie sah Funken, wo Schwerter aufeinander prallten, hörte das Klirren der Klingen und sah klaffende Wunden, aus denen Blut über die Rüstungen floss.
    Eine Hand packte sie an der Schulter und riss Maru aus ihrer Erstarrung.
    »Los, komm!«, zischte Tasil.
    Er war der Erste im Saal, der sich wieder gefasst hatte. Er sprang auf, zog Maru von ihrem Platz und zerrte sie am Arm zum hinteren Ausgang. Sie stolperte hinter ihm her. Durch die Nebeneingänge stürmten Krieger in den Saal. Es waren Kämpfer von Immit Schaduk und Malk Numur, die sich schützend vor ihre Herren stellten. Andere bezogen auf der Schwelle Stellung, um die Eingänge zu verteidigen. Im Saal hatten sich wieder drei Gruppen gebildet. Der Immit hatte sich mit seinen Leuten auf die linke Seite der Halle zurückgezogen, rechts versammelten sich Numurs Anhänger. Außerdem war da noch der große Rest derer, die zu keiner der beiden Gruppen gehörten. Sie irrten wie Schafe zwischen den Tischen umher, warfen sie um, stolperten über Schemel, rappelten sich auf und drängten in Panik zu den Ausgängen, wo sie von Iddins und Numurs Kriegern über den Haufen gerannt wurden. Maru sah Biredh. Er war der Einzige, der sitzen geblieben war. Er schien ohne Angst dem Lärm des Kampfes zu lauschen. Doch er sah traurig aus.

    Maru dagegen wurde von nacktem Grauen beherrscht. Sie hatte Unheil verhindern wollen, und dabei hatte sie alles noch viel schlimmer gemacht. Auf der Rückseite hatte die Halle nur eine einzige Pforte. Tasil zerrte sie am Arm hindurch. Maru stolperte über etwas Großes, das vor der Schwelle lag. Es war der Körper eines Mannes.
    »Duck dich«, rief Tasil und sprang zur Seite.
    Er ließ Maru los, was sie endgültig aus dem Gleichgewicht brachte. Sie stürzte und spürte noch im Fallen einen Luftzug im Nacken, hörte ein leichtes Sirren. Etwas bohrte sich federnd hinter ihr in das Holz der Tür. Sie blickte auf. Ein weiterer Pfeil tauchte aus der Dunkelheit auf, verfehlte sie knapp und prallte gegen die Mauer.
    Hinter der Halle lag ein offener Hof, der in einer niedrigen Mauer endete. Halb rechts bewegten sich zwei dunkle Umrisse. Und eben kletterten weitere Schatten über die Mauer.
    »Lauf!«, rief Tasil.
    Maru hörte ihr Herz schlagen, und sie sah einen weiteren, weiß gefiederten Pfeil, der aus der Schwärze der Nacht auf sie zuflog. Ohne nachzudenken, rollte sie sich zur Seite, kam taumelnd auf die Beine und rannte hinter Tasil her.

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