Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
tun. Ich muss dich aber darauf hinweisen, dass sein Ruf nicht der Beste ist.«
»Ich wäre dir dankbar, alter Mann, wenn du über diese Dinge nicht so laut sprechen würdest. Wo finde ich diesen Wirt?«
»Für eine Mahlzeit führe ich dich hin, Tasil aus Urath.«
Tasil runzelte die Stirn. »Du bist armselig, alter Mann. Nun gut, wenn ich dort Erfolg habe, werde ich den Wirt bitten, dir ein paar Reste zu überlassen.«
Die Herberge lag in einer verwinkelten Seitengasse unweit des Marktes und nahm einen ganzen Block ein. Rund um einen schmalen Innenhof gruppierten sich Ställe und Schlafräume für die Reisenden, außerdem eine Küche, Schlafstätten für Bedienstete sowie eine Schenke und sogar eine kleine Brauerei.
Kwem, der Besitzer, war ein kleiner Mann mit listig blickenden Augen und einem meckernden Lachen. Er begrüßte Tasil mit einer Ehrerbietung, als sei Marus Herr ein Fürst, und bot ihm eine seiner angeblich besten Kammern zur Übernachtung an.
Tasil war mäßig begeistert. »Hier stehen zehn Betten, Kwem. Für zwei Reisende sind das zu viele. Ich brauche nur ein kleines
Zimmer, aber eines, in dem wir keine weitere Gesellschaft haben, wenn du verstehst.«
»Das verstehe ich vollkommen, edler Fremder, doch sind derzeit keine anderen Reisenden in der Stadt. Wenn doch, dann waren sie so töricht, eine andere Herberge aufzusuchen. Ihr seid hier also völlig ungestört, du und dieses so ernst blickende Mädchen. Deine Sklavin?«
»Nichte, sie ist meine Nichte.«
»Verzeih, die Reise hat sie wohl sehr mitgenommen, vor allem ihr Gewand. Wenn du willst, kann ich ihr ein anderes geben, fast neu, für einen sehr günstigen Preis.«
»Das ist großzügig von dir, Kwem, doch im Augenblick habe ich eher vor, etwas zu verkaufen, statt zu kaufen.«
Der Wirt blickte ihn aus seinen kleinen Augen lauernd an. »Und dies bei mir und nicht im Bet Mahir?«
»Das Markthaus ist geschlossen, wie du sicher weißt. Und wenn ich es recht bedenke, ist es vielleicht sogar besser, meine Ware an einer, sagen wir, weniger öffentlichen Stelle zu verkaufen.«
»Ich gestehe, du weckst meine Neugier, Fremder.«
Tasil zeigte Kwem einen seiner Dolche, und nach einem Schrei des Entzückens wechselte dieser wenige Minuten später für einige Segel Silber und etliche Kupferstücke den Besitzer. Offenbar war der Preis, den Tasil verlangte, mehr als angemessen. Kwem willigte, ohne zu feilschen, in den Handel ein. Und dann fiel ihm ein, dass er Tasil doch eine noch bessere Kammer für ganz besondere Gäste anbieten könne, selbstverständlich zum selben Preis. Sie lag ein Stockwerk höher, hatte nur drei Betten und sogar ein kleines Fenster.
»Viel besser«, sagte Tasil.
»Es freut mich, dass sie dir zusagt, edler Gast. Macht es euch bequem. Ich gehe derweil in die Küche und mache meinem Koch Feuer unter seinem fetten Hintern. Ihr seid sicher hungrig.«
Noch bevor Tasil antworten konnte, war Kwem bereits verschwunden. Sie hörten ihn die Treppe hinunterpoltern.
Die Schankstube war beinahe leer, als Tasil und Maru sie betraten. Es war ein niedriger, aber großer Raum mit einem türlosen Eingang, in dem leichte Tücher das Eindringen der Mittagshitze verhindern sollten. Biredh saß bereits bei einem Brotbier an einem der Tische in der hintersten Ecke. Außer ihm waren nur einige alte Männer dort, die jeder für sich saßen und schweigend Bier tranken.
Entgegen seiner Drohung lud ein gut gelaunter Tasil Biredh – und Maru – zu einer reichhaltigen Mahlzeit ein. Es gab sogar Fleisch, ein Genuss, den Maru sonst nur von Feiertagen kannte. Kwem gesellte sich zu ihnen.
»Wenn ich die Gebräuche der Akkesch richtig in Erinnerung habe«, begann Tasil das Gespräch, als er endlich satt und zufrieden seinen Teller zur Seite schob, »so trauern sie zweimal sieben Tage um ihre Fürsten.«
»So ist es«, bestätigte Kwem.
»Und der Aufstieg des neuen Gottes erfolgt am zehnten Tag?«
»Am elften. Neun Tage benötigen sie, um den Leib des Raik zu balsamieren und seine Statue zu formen. Auch wird seine letzte Ruhestätte, die doch schon lange in den Fels gehauen ist, für die Aufnahme des Toten vorbereitet. Am zehnten Tag entzünden sie das Erdpech unter dem Letzten Haus, bei Sonnenaufgang des elften Tages bahren sie den Leib des Raik vor dem Tempel Uos auf, und sein ältester Sohn tritt für zwei Tage und zwei Nächte die Totenwache an.«
»Und in diesem Fall, bei dem es zwei älteste Söhne gibt?«
»Es heißt, die beiden Malk
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