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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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schworen einander, ihr Wissen weiterzugeben und von Generation zu Generation zu mehren. Doch sie wussten auch, dass Blut unzuverlässig ist. Sie hatten gesehen, wie große Herrscher Söhne zeugten, die nichts taugten, und wie unfähige Kinder den Baum verdarben, den ihre Eltern gehegt hatten. Um diesem Fluch zu entgehen, leisteten sie einen weiteren Schwur. Keiner von ihnen sollte je ein Kind zeugen. Ihr Erbe wollten sie nur weitergeben an einen, mit dem sie keine Blutsverwandtschaft verband. Stattdessen hielten sie Ausschau unter gewöhnlichen Kindern, die die Begabung zu ihrer Kunst von höheren Mächten in die Wiege gelegt bekamen. Du hast davon gehört: Der Schwarze Maghai, der um Dörfer schleicht und Kinder raubt. Nun verstehst du vielleicht, warum sie das tun. Sie hielten sich verborgen, vererbten ihr Wissen und wirkten über Jahrhunderte an ihrem Großen Plan. Denn das war ihr dritter Schwur: Sie schworen, Strydh eines Tages die Herrschaft wieder zu entreißen, damit die Menschheit wieder in Frieden würde leben können. Aber das ist alles so lange her, dass sie sich selbst kaum noch daran erinnern können. Ihre Heimlichkeit, die ihnen als Schutz dienen sollte, kehrte sich gegen sie. Denn bald begannen sie, einander zu misstrauen.
Und jeder fürchtete, der andere könne mächtiger werden als er selbst.«
    Maru hörte gebannt zu. Die Maghai hatten vor, Strydh vom Thron zu stürzen? Aber wie sollte das gehen? »Aber was war denn ihr Großer Plan, Biredh?«, rief sie ungeduldig.
    »Dir fehlt es an Geduld, Maru Nehis, aber gut, vielleicht ist das das Vorrecht der Jugend, die Antwort lieber schnell als genau zu fordern. Dann höre weiter. Du weißt, dass Strydh der Herr der Welt ist, weil seine älteren Geschwister, die Hüter, schlafen?«
    Maru nickte. Das wusste doch wirklich jedes Kind. Strydh hatte sie überlistet und mit einem Schlafzauber gebannt.
    »Ja, jeder weiß es«, fuhr Biredh fort, »und die Maghai wissen es auch. Doch war es immer so gewesen? Nein! Und musste es immer so bleiben? Wieder nein! Wer schläft, kann geweckt werden. Als die Weisen ihre Bruderschaft gründeten, hatten sie nichts Geringeres vor, als dem Kriegsgott das Szepter der Macht zu entreißen und es den Hütern wiederzugeben. Sie suchten nach einem Weg, sie aus ihrem jahrtausendelangen Schlaf zu reißen. Sie suchten nach Bogas Horn.«
    Maru dachte nach. Das Horn des Jägers. Es gab viele Geschichten darüber. Er hatte es fortgeworfen, nachdem sein Gefährte im Kampf gefallen war. Schon viele hatten danach gesucht. Gefunden hatte es keiner. Auch die Maghai offenbar nicht. »Sie hatten keinen Erfolg«, stellte sie nüchtern fest.
    »Richtig, Maru Nehis, der Erfolg blieb ihnen verwehrt. Vielleicht, weil die Bruderschaft schon im Entstehen den Keim des Zerfalls in sich trug und jeder Zauberer bald seinen eigenen Weg ging und seinem eigenen Plan folgte. Vielleicht, weil sie gar nicht wissen, von welcher Art und Gestalt Bogas Horn eigentlich ist. Aber vielleicht hat es auch einen ganz anderen Grund.« Biredh hob seine leeren Augenhöhlen zum Himmel, so als suche er dort oben etwas. Dann sagte er leise: »Vielleicht, Maru
Nehis, ist es einfach so, dass die Hüter gar nicht geweckt werden wollen.«
    Maru verschlug es den Atem. Wie konnte der Alte so etwas behaupten? Sie erinnerte sich an die Gebete, die sie als Kind in Akyr gelernt hatte. Viele davon endeten mit den Worten: Mögen die Hüter bald ihre Augen öffnen, oder: Möge Bogas Horn bald erschallen und die Hüter wecken . Und jetzt behauptete Biredh, dass sie vielleicht gar nicht erwachen wollten?
    »Du bist erschrocken, Maru Nehis? Dann denke nach! Vielleicht waren es die Hüter einfach leid, die Schicksale der Menschen zu lenken. Vielleicht ließen sie sich deshalb so leicht von ihrem Bruder Strydh betrügen.«
    »Aber Biredh!«, rief Maru entsetzt.
    Der Alte lächelte traurig. »Nun, ich weiß es einfach nicht, Maru Nehis. Ich bin weit gewandert und habe vieles gehört. Die Menschensaat hat viel Leid erfahren, seit sie auf dieser Erde wächst, doch das meiste hat sie sich selbst zugefügt. Aber jetzt komm, vielleicht sind dies auch nur die schwarzen Gedanken eines müden alten Mannes nach einem Tag voller Schrecken. Bring mich in unsere Unterkunft, denn ich sehne mich nach Schlaf.«
    Sie gingen weiter, aber sie gingen sehr langsam. Maru dachte über das Gehörte nach. Der Große Plan der Maghai. Vielleicht hätten sie weniger planen und mehr suchen sollen. Sie begriff immer noch

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