Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
nicht, was die Zauberer gegen sie haben sollten. Sie hatte nicht darum gebeten, die Gabe gleich zweimal zu erhalten. Sie hätte sie gern auch zurückgegeben, wenn das möglich gewesen wäre. Und der Große Plan? Sollten die Maghai doch nach Bogas Horn suchen. Sie würde sie nicht daran hindern. Sie hatte ganz andere Sorgen.
     
    Hammerschläge dröhnten über das Dorf und rissen Maru aus ihren Gedanken. Es war späte Nacht, ja, der Morgen konnte nicht
mehr weit sein, und Numurs Männer arbeiteten immer noch fieberhaft am Schutz der Statue. Das Dach über dem Standbild tauchte hinter der Kuppe auf. Es war schon beinahe fertig. Maru fragte sich, warum sie sich solch eine Mühe machten. War das Standbild so empfindlich, dass es nicht einmal eine Nacht im Regen stehen durfte? Außerdem: Wenn sie den Alldhan richtig verstanden hatte, würde das Heer bald weiterziehen, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihren Gott ausgerechnet hier zurücklassen würden. Numur war seltsam in allem, was den Neuen Gott betraf.
    »Sag, Biredh«, fragte sie, um das Schweigen zu brechen, »warum ist der Alldhan so... eigenartig, wenn es um den Gott Utu geht?«
    »Was meinst du, Maru Nehis?«, fragte Biredh. Sein Stock klopfte im langsamen Takt ihrer Schritte auf den Boden.
    »Ich weiß nicht, mir fehlen die richtigen Worte dafür. Er verehrt ihn nicht so, wie es seine Männer und die Priester tun. Aber er hat die Edhil-Säule für ihn fällen lassen. Jetzt bauen sie ein Dach, obwohl sie doch bald weiterziehen. Er scheint sehr darauf bedacht, es ihm Recht zu machen.«
    »Deine Worte sind so falsch nicht, Maru Nehis«, sagte Biredh sanft. »Erinnerst du dich, was man sich über Utus Tod erzählte, als du nach Serkesch kamst?«
    Maru dachte nach. Die Menschen der Stadt waren der Meinung, dass Raik Utu vor seiner Zeit gestorben war. Und irgendetwas war mit einer Krankheit, für die es keine Erklärung gab. Sogar Maghai waren in die Stadt gerufen worden, um den Raik zu … Maru stockte. »Iddin und Numur«, flüsterte sie, »sie haben keine Heiler gerufen, oder Kräuterfrauen, sondern Maghai!«
    »Seltsam, nicht wahr?«
    »Du meinst, sie wollten ihn nicht heilen, sondern...«
    »Du solltest es nicht aussprechen, Maru Nehis, nicht auf dieser Insel, nicht in dieser Nacht, die Ohren hat.«

    »Er hat seinen Vater...?« Maru beendete den Satz nicht. Eigentlich gab es kaum Grund, so erstaunt zu sein. Sie hatte schon damals das Gerücht gehört, dass die beiden Malk ihre Stiefmutter getötet hatten – und sie hatten wirklich alles versucht, um sich gegenseitig umzubringen. Es wunderte sie, dass sie erst jetzt darauf kam. Es war so naheliegend: Numur hatte seinen Vater getötet – und der war nach seiner Ermordung zum Gott aufgestiegen. Kein Wunder, dass der Alldhan jetzt wirklich alles tat, um Utu versöhnlich zu stimmen.
    »Du verstehst jetzt vielleicht, Maru Nehis, dass Numur ein sehr besonderes Verhältnis zu diesem Gott hat«, sagte Biredh.
    »Er hat... Angst«, rutschte es Maru hinaus.
    »Du solltest wirklich vorsichtiger werden, Maru Nehis«, flüsterte der blinde Erzähler und blieb plötzlich stehen.
    »Was ist?«, fragte Maru beunruhigt. Biredh hatte Recht: Es war Vorsicht geboten. Aber sie war müde, und ihre Aufmerksamkeit hatte nachgelassen.
    »Nichts, Maru Nehis, allerdings sollten wir uns hier trennen.«
    »Hier? Aber warum denn?«
    »Ich höre da ein Flüstern im Strom, eine Stimme, einen Ton, dem ich nachgehen muss. Der Fluss will, dass wir gemeinsam den Morgen begrüßen.«
    »Ich kann dich begleiten, Biredh«, bot Maru an.
    »Ich danke dir für dieses Angebot, doch ich kann das wohl allein. Hast du nicht noch etwas zu erledigen? Für deinen ›Onkel‹?«
    »Zu erledigen?«
    »Ich dachte mir schon, dass du den Wald nicht riechen kannst«, sagte Biredh mit einem Lächeln in der Stimme. »Du solltest hinunter gehen in eure Unterkunft, Maru Nehis. Du wirst sicher schon erwartet. Ich gehe zum Wasser. Ich glaube, dieser Ziegenstall wäre heute kein guter Platz für mich.«

    Natürlich, Biredh sprach wieder einmal in Rätseln. Wie hatte sie etwas anderes erwarten können? Sie trennten sich, und Maru nahm den kürzesten Weg zur Herberge. Biredhs Worte, sie hatten etwas von einer Warnung. Sie war beunruhigt, ohne dass sie dafür einen bestimmten Grund hätte nennen können. Der Wind schien gedreht zu haben. Sie blieb stehen und sog die Luft ein. Es roch nach Regen, Schlamm und Schilf. Keine Spur von Verwesung. Dafür war da

Weitere Kostenlose Bücher