Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
Betroffenheit, als sie das sagte.
»Aber ich habe einen Handel mit deinem Onkel«, beharrte er.
»Aber nicht mit mir, Bolox, nicht mit mir. Außerdem, wenn ich
das richtig sehe, hast du die Große Schlange noch nicht getötet, oder habe ich da etwas versäumt?«
»Wie gesagt, unsere Pläne haben sich geändert.«
»Und den Tempel wirst du auch nicht finden, oder warst du inzwischen dort und bist gerade, beladen mit Schätzen, zurückgekehrt?«
»Auch nicht, aber...«
»Du wirst ihn auch nicht finden, nicht ohne meine Hilfe, denn ich bin bislang die Einzige, die den Weg kennt. Ist es nicht so?«
»Nun, das mag sein, aber...«
»Wenn ich also den Tempel finde, steht dann nicht mir das Gold zu? Wäre es dann nicht mein Recht, einen von euch als Ehemann zu ›kaufen‹, wenn ich das will?« Maru spürte den Zorn in sich wachsen. Sie versuchte, sich zu zügeln, denn der Farwier war doch nur ein dummer Junge, der von Tasil benutzt wurde. Er konnte nichts dafür.
»Aber du bist doch nur ein Weib, und es ist nicht üblich, dass …«
»Ein Weib? Vielleicht, aber bestimmt nicht deines, Bolox von den Farwiern!«
Plötzlich spürte sie wieder seinen festen Griff an ihren Armen. »Du bist wirklich störrisch, Maru, wie dein Onkel sagte.« Sein Tonfall hatte sich geändert.
»Lass mich los, Bolox!«, zischte sie.
Aber der Farwier ließ sie nicht los. Eben noch hatte er verunsichert gewirkt, doch jetzt schien er sich gekränkt zu fühlen. Sein Griff war fest. »Kein Weib hat mich je zurückgewiesen, Mädchen«, sagte er düster.
»Dann bin ich eben die Erste. Lass mich los!«
»Habe ich nicht mein Leben für dich gewagt, heute, auf dem Kampfplatz?«
»Ich habe dich nicht darum gebeten.«
»Du bist undankbar, Weib.«
»Ich bin kein Weib, schon gar nicht deines.«
»Und das Opfer?«, fragte er plötzlich kalt, ohne seinen Griff zu lockern.
»Was?«
»Morgen erscheint der Neue Mond. Weißt du nicht, dass dein Onkel dich auch als Opfer an die Awier verkauft hat?«
»Nein, das weiß ich nicht!«, log Maru und versuchte sich loszureißen. Aber die Hände des Farwiers waren wie Bänder aus Eisen.
»Ich könnte dich retten«, behauptete Bolox, »ich allein.«
»Du?«, fragte Maru verblüfft. Für einen Augenblick hörte sie auf, sich zu sträuben.
»Natürlich, wer sonst? Ist es nicht so, dass sie eine Jungfrau zum Opfer brauchen? Ich könnte dafür sorgen, dass du schon bei Sonnenaufgang keine Jungfrau mehr bist.«
Maru starrte Bolox mit offenem Mund an. Das war unglaublich.
Bolox verstand ihr verblüfftes Schweigen falsch. Er zog sie an sich und sagte: »Du bist mein! Ich werde dir die Schönheit unserer Heimat zeigen, und die vielgelobte Stärke der farwischen Männer. Wir sind ein fruchtbares Volk, Maru von den Farwiern.«
Maru versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, aber das war aussichtslos. Die Stimme! Sie versuchte, sich zu sammeln, um Bolox mit der Stimme zur Vernunft zu bringen, aber es gelang ihr nicht. Irgendwie schien seine Umklammerung, seine Nähe, der Duft nach Harz und Bärenfett, ihre Fähigkeiten zu beeinträchtigen. Dann musste es eben so gehen. Liebestolle Hunde pflegte man in ihrer Heimat mit einem Guss kalten Wassers zu trennen. Sie versuchte das Gleiche nun mit Worten:
»Höre, Bolox, lieber lasse ich mich von der Zermalmerin fressen,
als dir in deine Wälder zu folgen! Du bist mir zu jung und zu hässlich. Lass mich los!«
Aber er schien sie gar nicht zu hören: »Ich werde dir ein guter Mann sein, und wenn du erst einmal erfahren hast, wie herrlich es ist, das Weib eines...«
»Pssst«, zischte Maru.
»Du solltest dich nicht länger zieren, Mädchen, sieh es ein: Das Schicksal will, dass du mein Weib...«
Maru trat ihn gegen das Schienbein. »Leise!«, zischte sie, »hörst du es nicht?«
Bolox verstummte.
Und da war es: ein leises Klirren von Metall in der Dunkelheit. Schritte, die über die nasse Erde näher kamen. Viele Schritte.
»Numurs Männer«, hauchte Maru. »Schnell, wir müssen die anderen warnen.«
Bolox ließ sie widerstrebend los. »Aber, du und ich...«, flüsterte er.
»Jetzt komm!«, zischte sie.
Endlich hatte Bolox den Ernst der Lage begriffen. Er ließ sie los. Sie hasteten zu ihrer Unterkunft, die nur zwei oder drei Dutzend Schritte entfernt in der Dunkelheit auf sie wartete. Am Horizont deutete sich das erste Dämmerlicht des Morgens an. Es konnte nicht mehr lange dauern und die Sonne würde aufgehen. Maru sah viele dunkle Schatten, die sich rund
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