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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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wichtig war. Warum sollte sie nicht bei ihm bleiben? Sollte sie weglaufen? Wohin denn? Wusste die Alte nicht, wie man mit entflohenen Sklaven verfuhr? Außerdem: Sie hatte doch niemanden. Das alles war so klar, dass sie sich diese Fragen schon lange nicht mehr stellte. Ihre Gedanken gerieten ins Stocken. Irgendetwas in ihr war mit dieser Antwort unzufrieden. Maru fühlte sich plötzlich im Innersten beunruhigt. Sie hatte ein Gefühl, als würde ihr die Antwort auf Wikas Frage den Boden unter den Füßen wegziehen. Was meinte die Alte nur? Die Verunsicherung war so tiefgreifend, dass Maru
plötzlich wütend wurde: »Sag, Wika, warum diese Rätsel? Warum sagst du mir nicht einfach, was du weißt?«
    Wika lachte laut auf. »Wenn ich es dir sage, Nehis, wirst du es nicht glauben. Dummes Mädchen. Du musst es selbst herausfinden.«
    Maru war verstimmt. Die Alte war verrückt. Vielleicht hatte sie auch Spaß daran, sie mit eigenartigen Fragen zu verwirren. Helfen konnte – oder wollte – sie ihr jedenfalls nicht. Maru stand auf. »Ich danke dir für diesen Sud, Wika«, sagte sie.
    »Wie? Du willst schon gehen, Nehis? Dachte, du wolltest einer alten Frau behilflich sein.«
    »Wie könnte ich das, wo ich doch nichts weiß und nichts verstehe.«
    »Ah, habe ich das Küken etwa verärgert?«
    »Du hast gesagt, ich muss es selbst herausfinden. Wie kann ich das, wenn ich hier herumsitze und du mir nichts sagst?«
    Wika warf ihr einen schwer zu deutenden Blick zu. »So ungeduldig, Nehis? Willst mich allein lassen, mit der vielen Arbeit?«
    »Ich bin Tasils Sklavin, nicht deine!«, entfuhr es Maru. Kaum hatte sie es hervorgestoßen, da tat es ihr auch schon leid. Aber es war gesagt.
    »Tasils Sklavin? Das bist du, Nehis, mehr als du denkst. Aber geh. Finde deine Antworten. Doch hüte dich vor dem Schatten.« Wika sprach ganz ruhig und ordnete Kräuter auf dem Tisch.
    Maru hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Was war nur los mit ihr? »Was für ein Schatten?«, fragte sie.
    Aber Wika gab ihr keine Antwort. Sie warf die Kräuter in einen Mörser und begann, sie zu zerstoßen.
     
    Maru lief aus der Hütte, raffte ihren Überwurf vom Stein und stürmte den Hügel hinab. Das war ganz und gar nicht so gegangen, wie sie gehofft hatte. Kräuterfrauen! Sie waren eben alle verschroben
oder verrückt. In diesem Sumpf noch mehr als in Akyr. Es regnete immer noch. Sie folgte dem Pfad bis an sein Ende und fand Rema, der auf eine große Weide geklettert war.
    »Was machst du da oben?«, fragte Maru.
    Statt einer Antwort wies Rema mit dem Kinn auf eine Sandbank im Fluss. Dort lag eine riesige Flussechse und schien sie zu beobachten.
    »Komm runter, wir müssen weiter«, sagte sie.
    Rema kletterte den Baum hinab. »Wo warst du denn so lange?«, fragte er.
    »Wieso lange? Das hat doch nicht das Viertel einer Stunde gedauert.«
    »Du nimmst mich auf den Arm. Ich sitze hier seit mindestens zwei Stunden auf dieser Weide, Auge in Auge mit dem Alten Vater.«
    Maru schüttelte den Kopf. »Das kommt dir nur so vor.«
    »Hast du erfahren, was du wolltest?«, brummte Rema, als er unten angekommen war.
    »Nein, habe ich nicht«, sagte Maru.
    »Das heißt, wir fahren zurück?«
    Maru überlegte. Wika hatte in Ufernähe eine Grube ausgehoben. Sie war durch einen schmalen Kanal mit dem Fluss verbunden. Das war ihre Reuse. Sie war voller Fische.
    »Weißt du, wo Dwailis wohnt?«, fragte Maru.
    »Dwailis? Natürlich. Weit im Süden, aber gerade noch im Isberfenn.«
    »Kannst du mich hinbringen?«, fragte Maru, die keine Ahnung hatte, wo dieses Isberfenn sein mochte.
    »Könnte ich sicher, doch was willst du dort?«, fragte Rema.
    »Das sage ich dir, wenn wir da sind.«
    »Aber meine Mutter wird mich bald zurückerwarten.«
    »Dann ist es wohl besser, wir beeilen uns.«

    »Was war denn los?«, fragte Rema noch einmal, als er das Tau löste und ins Boot kletterte.
    Maru hatte den ganzen Weg über geschwiegen. Jetzt sagte sie: »Nichts, in diesem Sumpf sind nur alle irgendwie verrückt.«
    Rema griff nach dem Paddel. »Alle?«, fragte er, betont ruhig.
    »Die Alten zumindest«, sagte Maru, die ihre schlechte Laune dann doch nicht an Rema auslassen wollte.
    »Ich weiß nicht«, sagte er, »mein Großvater Taiwe ist bestimmt nicht verrückt.«
    »Den habe ich auch nicht gemeint«, sagte Maru seufzend.
    »Sondern?«
    »Ach, schon gut, Wika vielleicht.«
    »Sie ist seltsam«, widersprach Rema bestimmt, »das mag sein. Verrückt ist sie aber nicht.«
    »Schon gut.

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