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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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dass Tasil mit ihr zufrieden sein würde. Wenn sie sich nicht sehr irrte, lag der Tempel flussabwärts, unweit von Dwailis’ Insel. Die zu finden, war hoffentlich etwas leichter. Mit einer gewissen Hochstimmung lief sie den Zaun entlang. Es dämmerte, und der Regen ließ ein wenig nach. Und dann bemerkte Maru einen leichten Geruch von Verwesung.
    »Ich grüße dich, Maru Nehis«, flüsterte die silberne Stimme.
    Maru blieb stehen. Utukku war auf der anderen Seite des Zaunes. Ganz langsam erhob er sich aus dem schwarzen Wasser des Flusses. Es war das erste Mal, dass ihn Maru bei Tageslicht sah. Er hatte sich sehr verändert. Vor einem halben Jahr war er blassblau und durchsichtig erschienen, jetzt war er von tiefem Mitternachtsblau, und die roten Muster seiner Haut waren von der Farbe getrockneten Blutes. Der Geruch war schlimm, trotzdem trat Maru näher an den Zaun. Sie wollte ihn genauer sehen. Die Zeichen, sie sahen nicht nur aus wie getrocknetes Blut – einige waren wirklich offene Wunden, wie von innen durch die dunkle Haut gesprengt. Maru meinte, pulsierendes Fleisch zu sehen, obwohl der Daimon immer noch körperlos war und der Regen durch ihn hindurchzufallen schien. Keine Welle im Wasser verriet anderen Menschen seine Anwesenheit.
    »Was willst du?«, fragte Maru leise.
    Der Daimon lachte schnarrend. »Du weißt es. Blut. Dein Blut. Sieh, wie ich leide.«

    Die offenen Wunden schienen zu eitern. Wie war das möglich? Kam daher der Verwesungsgeruch? Maru blickte sich um. Die Hakul beobachteten sie aus einiger Entfernung. Maru hoffte, dass es einfach so aussah, als würde sie durch den Zaun auf den Strom hinausblicken.
    »Du bekommst es nicht«, sagte sie entschlossen.
    »Ich bekomme es. Heute. Morgen. Später«, sagte die silbrige Stimme.
    »Ich werde den Fluss verlassen und nie zurückkehren.«
    »Wenn du es schaffst, Maru Nehis«, sagte der Daimon.
    »Drohst du mir, Utukku?«, fragte sie leise.
    »Drohen?« Der Daimon schien über die Bedeutung des Wortes nachzudenken. Dann sagte er: »Nein. Warnen? Ja. Habe ich dich nicht gerettet? Warum die Zweifel, Maru Nehis?«
    »Ich kann einfach nicht.«
    »Du kannst. Wirst können. Danach.«
    »Wonach, Utukku?«
    Aber der Daimon schloss seine kupferfarbenen Augen und ließ sich langsam in den Strom zurücksinken. Als er im Wasser verschwand, glaubte sie für einen Augenblick, dünnen Rauch aus seinen Wunden aufsteigen zu sehen. Dann war er fort. Maru atmete tief durch. Hoffentlich habe ich genug Zeit gewonnen , dachte sie. Wenn alles gut ging, und das war ein großes »Wenn«, konnte sie vielleicht schon am nächsten Tag aus diesem Sumpf verschwunden sein. Und dann würde sie diesen Daimon hoffentlich nie wiedersehen. Er machte ihr Angst. Sie seufzte. Die Zeit drängte, und es gab viel zu tun. Am besten, ich mache einen Schritt nach dem andern , dachte sie. Also lief sie zum Samnath, um sich mit Tasil zu treffen.
     
    Tasil lehnte an der Treppe einer Pfahlhütte neben dem Samnath. Er schien schon auf sie zu warten.

    »Ich hoffe, du hast gute Gründe, so spät zu kommen, Kröte«, begrüßte er sie mürrisch.
    »Natürlich, Onkel, sehr gute.«
    Sie sah sich um. Die beiden Hakul, die sie verfolgt hatten, standen nicht weit entfernt. Zwei weitere hatten sich dazu gesellt. Auryd, ihr Anführer, war einer von ihnen.
    »Die Hakul sind schon die ganze Zeit hinter mir her, Onkel.«
    »Ich weiß, sie sind lästiger als Schmeißfliegen«, knurrte Tasil, »nur im Samnath hatte ich Ruhe vor ihnen.«
    Dann winkte er ihr mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen. »Komm, Kröte, diese Hütten sind zu hellhörig.« Sie gingen einige Schritte hinaus auf einen kleinen freien Platz. Tasil sah sich misstrauisch um, aber sie waren allein mit dem strömenden Regen.
    »Hast du bei Numur etwas erreicht?«, fragte Maru neugierig.
    »Nicht viel«, sagte Tasil. Dann grinste er: »Allerdings habe ich ihm verraten, dass der Abeq das Fällen der Edhil-Säule missbilligt hat und sie sogar wieder aufstellen will.«
    »Abeq Mahas will sich gegen die Entscheidung des Alldhans stellen?«, fragte Maru erstaunt.
    Tasil zuckte mit den Achseln und grinste dann noch breiter. »Sagen wir mal, der gute Abeq weiß zwar selbst noch nichts davon, aber ich halte für möglich, dass es dennoch geschieht.«
    Maru staunte. Selbst jetzt, in ihrer verzweifelten Lage, verstand es Tasil, seine Feinde gegeneinander aufzuhetzen. Aber würde ihnen das helfen?
    »Nun, Kröte, ich habe es eigentlich nicht nötig, mit meinen

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