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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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unten im Wasser versuchte, die zerfetzte Wand eines Hauses ans Ufer zu ziehen. Eine Frau hatte sich mit zwei Kindern und einer Ziege darauf gerettet.
    »Was für eine Gewalt«, murmelte Tasil neben ihr. Auch er stand jetzt auf und reichte Maru seine Hand. Sie nahm sie dankbar an und ließ sich auf die Füße helfen. Ihnen bot sich ein Bild der Verwüstung. Doch immerhin geschah jetzt etwas. Fakyn hatte die Sache in die Hand genommen. Einige Krieger waren dabei, die kopflos flüchtenden Echsen zu töten. Es waren Dutzende. Andere schoben, gemeinsam mit den Fischern, die aufs Land geworfenen Schilfboote in den Fluss. Die Menschen im Strom halfen sich gegenseitig, so gut es ging. Sie zogen einander auf treibende Schilfdächer und Holzpfähle, gleich, ob es sich um Krieger oder Dorfbewohner handelte. Nicht für jeden kam die Hilfe rechtzeitig.
Maru sah einige leblose Körper im Wasser treiben. Auch die Schäden an Land waren verheerend. Mehr als ein Dutzend Hütten waren ganz oder teilweise zusammengebrochen, einige sogar völlig verschwunden. Maru fiel eine Gruppe von Dorfbewohnern auf, die sich um einen großen Stein bemühten. »Was tun die da?«, fragte sie, einfach, um überhaupt irgendetwas zu sagen.
    »Ich glaube, das ist der Dhanis-Schrein, jedenfalls stand doch dort das Schreinhaus, oder nicht?«
    Maru musste zweimal hinschauen, dann erkannte sie, dass Tasil Recht hatte. Das Schreinhaus war fast nicht wiederzuerkennen. Einige seiner starken Säulen mussten eingeknickt sein, und das Gebäude war zur Seite gekippt. Offenbar hatte das Wasser den Schrein fortgerissen. Jetzt versuchten die Dorfbewohner, ihn wieder aufzurichten.
    »Gut, Kröte, sieh zu, ob du dich irgendwie nützlich machen kannst. Ich werde auf meine Weise helfen«, sagte Tasil schließlich. Er gab ihr einen leichten Schlag auf die Schulter. »Aber schlaf nicht ein!«, sagte er. Dann ließ er sie stehen und lief hinunter zum Ufer. Maru blieb stehen. Was sollte sie tun? Etwa den Kriegern helfen, die an Land die großen Echsen abschlachteten? Sie schloss die Augen und sah noch einmal die Welle auf die Insel zurasen. Schnell riss sie die Augen wieder auf. Für einen Moment glaubte sie, weit draußen, hinter den Regenschleiern, den mächtigen Leib der Awathani gesehen zu haben.
    »Den Beinamen Städtezermalmerin trägt sie nicht ohne Grund«, sagte eine Stimme neben ihr.
    »Biredh!«, rief Maru.
    »Ist es sehr schlimm?«, fragte der blinde Erzähler.
    »Es ist furchtbar, so viel Zerstörung, so viel Tod.«
    »Das war nicht zu verhindern«, sagte Biredh ruhig.
    »Was?«, fragte Maru. Verständnislos starrte sie den Blinden an. Seine leeren Augenhöhlen blickten ins Nichts. Und langsam, ganz
langsam verstand Maru den Zusammenhang. Sie hatte Utukku das Blut verweigert und dann… Es war ihre Schuld! Hätte sie dem Daimon gegeben, was er wollte, wäre das nicht geschehen! Sie wollte etwas sagen, aber die Stimme versagte ihr den Dienst. Es war, als hätte ihr jemand mit der Faust in die Magengrube geschlagen.
    »Sie ist hier, um zu zerstören, und etwas Dunkles stachelt sie an«, sagte Biredh. »Riechst du nicht den Geruch von Verwesung, wenn sie in der Nähe ist?«
    Marus Knie zitterten. Sie hätte sich gerne irgendwo hingesetzt.
    Plötzlich schüttelte Biredh mit einem traurigen Lächeln seinen Kopf. »Nun, was redet ein blinder Mann von Dunkelheit? Eines vielleicht, Maru Nehis: Wenn du kannst, meide die Finsternis, und wende dich stets dem Licht zu.«
    »Was?«, fragte Maru. Das Blut rauschte in ihrem Kopf. Was wollte er ihr sagen? Biredh wandte ihr den Kopf zu. Es war fast, als würden die leeren Augenhöhlen sie anstarren: »Nun, Kind, am Dhanis, auf dieser Insel, im Fenn, wirken starke, dunkle Kräfte, wie sie auf unserer Welt leider so häufig sind. Manche drohen, andere locken mit goldenen Versprechungen. Glaube einem alten Mann: Es ist immer falsch, ihnen nachzugeben.«
    Maru setzte sich in den Schlamm. Sollte sie das trösten? Es war ihre Schuld. Dann barg sie ihr Gesicht in den Händen. Sie hätte gerne geweint, aber sie konnte nicht. Es war alles ihre Schuld.

Auf Leben und Tod
    Ist es den Richtern aber nicht möglich, durch Zeugen oder Beweise
die Wahrheit ans Licht zu bringen, so steht es ihnen, ebenso wie dem
Kläger und dem Beklagten, frei, die Götter um ein Urteil zu bitten.
     
     
     
Gesetzbuch der Akkesch, Dreizehntes Gesetz
     
     
     
    Maru lief seit einer Stunde durch den Regen. Sie wusste kaum, was sie tat. Es war wie ein böser

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