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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Krieger wuchtete einen langen Pfahl den Berg hinauf. Er hätte sie beinahe damit über den Haufen gerannt. Sie hatte ihn schon einmal gesehen, aber wo? Dann fiel es ihr wieder ein: Es war einer der Wachen vom Käfig. Die Gefangene! In dem allgemeinen Durcheinander war sie vielleicht nicht mehr bewacht! Das war es! Sie wusste plötzlich, wem sie helfen konnte.

    Sie lief zum Samnath. Der Käfigwagen stand dort – und er war unbewacht. Krieger hasteten hin und her, aber keiner schien auf den Zwinger zu achten. Maru verlangsamte ihre Schritte. Es galt, nicht aufzufallen. Die Fensterschlitze im hinteren Bereich des Samnath waren immer noch verhängt. Das kam ihr jetzt entgegen. Sie huschte zur Wand des Versammlungshauses und dann weiter. Der Käfig war immer noch unter dem schweren Tuch verborgen. Jetzt wurde es schwierig. Die Krieger hatten Angst vor der Gefangenen, dafür musste es einen Grund geben. Doppelte Vorsicht war angebracht. Sie schlich zu einem der schweren Holzräder, kauerte sich dahinter nieder und sah sich um. Hier war sie allen Blicken entzogen und gleichzeitig nicht zu nah an den hölzernen Gitterstäben. Leise klopfte sie gegen das Rad. Nichts rührte sich. Noch einmal. Jetzt gab es eine Bewegung. Ein schlanker Arm erschien zwischen den Gitterstäben und hob das Tuch an. Ein Gesicht erschien dort in den Schatten. »Wer ist da?«, flüsterte eine weibliche Stimme.
    »Nur ein Mädchen«, rief Maru leise. »Und wer bist du?«
    »Was willst du?«, fragte die Frau aus dem Käfig. Besonders zu freuen schien sie sich über Marus Besuch nicht.
    »Dir helfen, wenn ich kann«, sagte Maru, und setzte schnell hinzu: »Und wenn ich weiß, wer du bist.«
    Die Frau schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie: »Verbirg dich«, und begann, an dem schweren Stoff zu zerren.
    Maru duckte sich hinter das schwere Rad. Immer noch rannten viele Menschen hin und her, und manche kamen auch in die Nähe des Käfigs. Aber niemand achtete auf ihn. Das Tuch hatte einen Spalt auf der dem Samnath zugewandten Seite. Dort wurde es nun einige Spannen zur Seite gezogen. Maru achtete darauf, erst einmal außer Reichweite zu bleiben. Die Männer hatten gesagt, sie sei gefährlich. Das hatte sie nicht vergessen. Das Tuch war jetzt eine Elle weit zurückgeschlagen.

    »Geh ein Stück zurück«, forderte Maru.
    Die schlanken Hände verschwanden von den hölzernen Stäben, und Maru hörte den Holzboden knarren, als die Gefangene sich zurückzog. Sie trat an den Zwinger heran.
    »Erschrick nicht«, sagte die Frauenstimme.
    Maru spähte in den Käfig. Da war nur ein Schemen im Dunkeln. Sie vergaß ihre Vorsicht und hob das Tuch weiter an. Nahe des Samnaths brannten einige Feuer. Es waren die, die von den Kriegern am Morgen für das Festmahl aufgeschichtet worden waren. Ihr Schein warf unstetes Licht durch die Gitterstäbe. Jetzt konnte Maru die Gefangene sehen. Sie sah schrecklich aus. Der fast zum Skelett abgemagerte Körper war mit zerfetzten Lumpen verhüllt. Verfilztes, langes Haar hing ihr im Gesicht. Sie rutschte näher an das Gitter heran. Maru empfand keine Angst mehr, nur noch Mitleid. Sie sah der Frau in die Augen. Sie lagen tief eingefallen in den Höhlen. Müde waren sie, und doch blickten sie hoheitsvoll und kalt. Ein Schauer lief Maru über den Rücken. Sie kannte diese Augen.
    »Umati?«, fragte sie unsicher.
    »Ah, du bist das Mädchen aus dem Bet Raik«, antwortete die Stimme.
    Maru konnte es nicht glauben. »Umati? Aber wie? Warum?«, stotterte sie.
    »Wie? Numur nahm mich gefangen. Warum? Er glaubt, dass er mich noch braucht. Aber er hat auch Angst vor mir. Jetzt mach den Mund zu, und hilf mir.«
    »Aber wie?«, fragte Maru. Umati, die junge Frau von Immit Schaduk. Damals hatte sie Maru erwischt, als sie Tasils verräterischen Hakul-Dolch versteckt hatte – aber nicht verraten. Und dann hatte sie Tasil und vielleicht auch ihr das Leben gerettet, beim großen Kampf im Bet Raik. Der Schab der Leibwache war unter ihren Händen gestorben. Sie war eine gefährliche Kämpferin.

    »Eine Klinge, ich brauche eine Klinge, Mädchen«, unterbrach Umati ihren Gedankengang.
    »Aber wozu?«
    »Ich will hier raus«, sagte Umati sanft.
    »Mit einer Klinge?«
    »Du kannst mir auch den Schlüssel bringen, wenn du ihn findest. Jetzt schau nicht so blöde. Beeil dich! Wir haben nicht ewig Zeit.«
    Maru blickte die zerlumpte Gestalt im Käfig verstört an. Der Anblick der einst so schönen Frau verwirrte sie. Wie hatte sie gestrahlt, an der Seite

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