Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
scheint.«
»Das Mädchen aus dem Bet Raik«, stellte die Witwe Schaduks lächelnd fest.
»Du … du … siehst furchtbar aus, Umati«, antwortete Maru, obwohl das wirklich das Letzte war, was sie eigentlich sagen wollte.
Aber Umati lachte laut. »Furchtbar – oder zum Fürchten?«
»Beides, ehrenwerte Umati«, erwiderte Maru und errötete.
Umati willigte ein zu bleiben, nachdem Velne versichert hatte, dass ihr an ihrem Feuer keinerlei Gefahr drohe: »Wir sind Maghai, und es wird niemandem gelingen, sich uns unbemerkt zu nähern. Außerdem zeigte deine junge Freundin schon, dass sie die Gefahr noch weit vor uns spürt. Doch haben wir noch etwas zu tun, bevor wir essen können.«
Umati setzte sich ans Feuer und beobachtete gleichgültig, wie Velne, Belk und Maru die Toten zusammentrugen. Sie fanden insgesamt sieben Leichen, die sie zur gepflasterten Straße brachten und dort vor den ersten Grabhügeln ablegten. Velne empfahl ihre Seelen der Fürsorge Uos.
»Wird derjenige, der entkommen ist, nicht Verstärkung rufen?«, fragte Maru besorgt.
Velne schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, auch sein Weg wird in der Totenstadt Ud-Sror enden. Hinter diesen Gräbern beginnt das eigentliche Moor. Gefährlich, selbst bei Tage. Für einen Mann, der nicht auf seine Schritte achtet, sicher tödlich. Es ist wohl unsere Aufgabe, den Serkesch zu sagen, wo sie ihre Waffenbrüder finden, damit sie sie bestatten können. Doch das erst, wenn es hell ist. Vorher lasst uns speisen.«
Belk wurde beauftragt, sich um den Braten zu kümmern, und bald drehte sich das gehäutete Tier über dem Feuer.
»Du hast sicher nicht oft Gesellschaft gehabt in letzter Zeit«, begann Velne das Gespräch.
»Nur die Toten«, erwiderte Umati ruhig.
»Ein einsames Leben.«
»Ein süßes Leben, der Rache gewidmet.«
»Wenn du es so siehst, ehrenwerte Umati, ist es gut. Doch wirst du verstehen, dass ich nicht mit dir tauschen würde.«
»Es ist mein Schicksal, nicht deines, ehrwürdiger Maghai.«
»Umati, ich komme aus der Stadt«, begann Maru. Sie hatte einen Auftrag, den sie nun auch erfüllen wollte.
Umati sah sie an. Ihre Augen lagen in dem so schrecklich bemalten Gesicht tief in den Höhlen. Der hoheitsvolle Glanz von einst war erloschen. »Ich habe dich heute Mittag nicht erkannt, Maru, verzeih.«
»Ach, ihr seid euch heute schon einmal begegnet?«, fragte Velne.
»Heute, und zuvor schon. Und immer waren es besondere Tage, böse Tage zumeist. Doch sag mir, Mädchen, wie wird der heutige enden?«, fragte Umati. Sie wirkte unter ihrer schrecklichen Maske ausgebrannt und leer.
»Ich komme, wie gesagt, aus der Stadt, mit einem Auftrag von Luban, ich meine, von Kaidhan Luban-Etellu.«
»Luban?«, fragte Umati, als müsse sie sich mühsam an einen Bekannten aus lang zurückliegenden Tagen erinnern.
»Er will, dass du zurück nach Ulbai kommst.«
»In die Stadt?«
»Ich wusste nicht, dass du mit derart hochgestellten Leuten Umgang pflegst, Nehis«, meinte Velne. Es klang aber eher belustigt als beeindruckt.
Maru versuchte, sich nicht ablenken zu lassen. »Der Immit, der neue Immit, Uschparu, hat gesagt, du kannst in seinem, also im Bet Immit wohnen.«
Ein Schatten zog über das ohnehin finstere Antlitz Umatis. »Uschparu hat es zum Immit gebracht? Und er wohnt in Schaduks – in meinem – Haus?«
Maru nickte. Was sollte sie dazu auch sagen?
»Was will Luban von mir, Mädchen, weißt du das?«
»Er denkt, er hofft, dass du dein Volk, die Viramatai, in die Schlacht rufen kannst, glaube ich«, stammelte Maru.
»Mein Volk?«, fragte Umati verblüfft.
»Aber ich glaube, er ist da der Einzige. Uschparu will Frieden schließen, auch ohne die Einwilligung Lubans.«
Umati beugte sich näher an Maru heran, ihre Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt. »Frieden? Sie wollen Frieden machen mit Numur?«
»Die Stadt hungert, Umati«, erklärte Maru. Genauer wollte sie nicht werden, denn es war sicher nicht klug, in Gegenwart der Tochar, von denen ja wenigstens einer auf der Seite der Serkesch stand, Geheimnisse aus dem Rat auszuplaudern.
»Und was will Luban?«, fragte Umati kalt.
»Er hätte fast in den letzten Vorschlag von Mahas eingewilligt, doch dann hat er erfahren, dass du hier bist. Und jetzt hofft er auf die Rettung durch dich – und die Viramatai.«
Umati schüttelte den Kopf. »Noch vor einem Jahr war ich die Fremde, das Halbblut, verachtet von vielen Akkesch. Und jetzt hoffen sie, dass ich sie rette? Das kann ich nicht. Das
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