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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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kleine
Junge.«
    Er lachte und drückte sie liebevoll an sich. »Lily, mein
Schatz, ihm wird für eine Weile etwas übel sein, und noch sehr viel
länger wird er sich entsetzlich schämen, aber auch das geht vorüber.«
    »Nein, das meine ich nicht.« Tränen liefen über ihr Gesicht.
»Ich habe ihn aufs Sofa gelegt, und als er eingeschlafen war, wollte
ich ihm das Hemd ausziehen, weil es ganz verschwitzt war.« Sie holte
tief Atem. »Sein Rücken, Max, sein ganzer Rücken ist voller Narben,
alte Narben und neue, die kaum verheilt sind. Von einem Riemen, einem
Gürtel oder Gott weiß was. Irgend jemand muß diesen Jungen furchtbar
geschlagen haben.«
    »Sein Stiefvater«, erwiderte Max. Er hatte Mühe, sich zu
beherrschen. »Ich hätte nicht gedacht, daß es so schlimm ist. Meinst
du, er müßte zu einem Arzt?«
    »Nein.« Mit zusammengepreßten Lippen schüttelte sie den Kopf.
»Es sind hauptsächlich Narben. Ich begreife nicht, wie jemand einem
Kind so etwas antun kann.« Sie nahm das Taschentuch, das Max ihr
reichte. »Ich hatte Zweifel, ob es richtig von dir war, ihn
aufzunehmen, und meinte, seine Mutter warte bestimmt verzweifelt auf
Nachricht von ihm.« Ihr sanften Augen funkelten vor Empörung. »Seine
Mutter«, stieß sie hervor. »Diese Schlampe würde ich gern mal in die
Finger bekommen. Auch wenn sie ihn nicht selbst geprügelt hat, sie hat
es zugelassen – bei ihrem eigenen Kind. Allein dafür verdiente
sie selbst Prügel, und ich würde sie ihr persönlich verabreichen, wenn
ich könnte.«
    Sanft nahm Max ihr Gesicht in seine Hände und küßte sie. »Bei
Gott, ich liebe dich, Lily. Nicht nur, weil du so ein Hitzkopf sein
kannst. Aber nun beruhige dich wieder. Niemand wird dem Jungen mehr
etwas tun.«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.« Sie faßte nach seiner Hand. »Er
gehört jetzt uns«, erklärte sie mit energischer Stimme.
    Lukes Übelkeit hatte nachgelassen, aber um
so größer war seine Verlegenheit, als er aufwachte und Lily neben sich
sitzen sah. Er versuchte irgendeine Entschuldigung zu stottern, aber
sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen und brachte ihm gleich einen
Teller Suppe.
    Während er aß, redete sie weiter, so fröhlich und ungezwungen,
daß er fast überzeugt war, daß niemand etwas von seiner Blamage bemerkt
hatte.
    Bis Roxanne hereinplatzte.
    Sie war von Kopf bis Fuß schmutzig, und die Haare, die Lily am
Morgen so sorgfältig zu Zöpfen geflochten hatte, hingen ihr wirr ins
Gesicht. Auf ihren Knien prangten frische Schrammen, und in ihren
Shorts war ein langer Riß. Da sie gerade mit den drei Terriern aus der
Hundeshow gespielt hatte, strömte sie einen unverkennbaren Hundegeruch
aus.
    Lily lächelte dem schmutzigen Mädchen liebevoll zu. Außer
einem Kind beim Essen zuzuschauen, liebte Lily nichts so sehr wie den
Anblick eines richtig schmutzigen Kindes, das selbstvergessen gespielt
hatte.
    »Ist das unter dem Dreck meine Roxy?«
    Roxanne grinste und holte sich aus dem Kühlschrank etwas zu
trinken. »Ich bin ewig auf dem Karussell gefahren, und Big Jim hat mich
Ringe werfen lassen, solange ich wollte.« Sie nahm einen großen Schluck
Traubensaft, so daß ihr verdrecktes Gesicht nun auch noch ein roter
Schnurrbart zierte. »Dann hab ich mit den Hunden gespielt.« Sie schaute
zu Luke. »Hast du wirklich eine Zigarette geraucht und alles
vollgekotzt?«
    Luke grinste nur verlegen.
    »Warum hast du das denn auch gemacht? Kinder dürfen doch nicht
rauchen.«
    »Roxy.« Lily stand rasch auf und drängte das Mädchen zum
Vorhang. »Du mußt dich waschen.«
    »Aber ich will doch bloß mal wissen …«
    »Beeil dich. Ehe du dich versiehst, ist Zeit für die erste
Vorstellung.«
    »Ich hab nur gefragt …«
    »Du fragst zu viel. Los jetzt.«
    Sie warf Luke einen bösen Blick zu, den er ebenso unfreundlich
erwiderte. Dafür streckte sie ihm rasch die Zunge heraus, ehe sich der
Vorhang hinter ihr schloß.
    Hin- und hergerissen zwischen Lachen und Mitleid wandte Lily
sich um. Auf Lukes Gesicht war deutlich zu lesen, wie verärgert und
gedemütigt er war. »Ich denke, wir haben jetzt lange genug gefaulenzt,
was?« Sie war klug genug, ihn nicht zu fragen, ob er sich in der Lage
fühlte, heute abend die übliche Arbeit zu übernehmen. »Du könntest mal
rüberlaufen und einen der Jungen fragen, ob du beim Austeilen der
Handzettel helfen kannst.«
    Er zuckte die Schultern, um zu zeigen, daß er nichts dagegen
hatte. Doch als Lily die Hand ausstreckte, fuhr erschrocken zurück. An
seinem

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