Die Tochter des Magiers
Papiere, die belegen, daß Gunner in
illegale Geschäfte verwickelt ist. Ich soll dieses Material fabrizieren
und ihm unterschieben.«
Roxanne atmete tief durch und ließ sich aufs Sofa sinken.
Jetzt brauchte sie wirklich einen Brandy. Sie nahm einen großen
Schluck. »Das war der Preis dafür, daß du zurückkommen konntest?«
»Ich weiß nicht, was er sonst mit dir, mit Max, Lily und allen
anderen, an denen mir etwas liegt, gemacht hätte.« Luke schaute sie
fest an. »Und nun ist da auch noch Nathaniel. Ich würde alles tun, um
ihn zu beschützen, wirklich alles.«
Ein eisiger Schauder lief ihr über das Rückgrat. »Er würde
Nate nichts antun. Er … doch, natürlich würde er das.« Roxanne
versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Ich weiß, daß wir ihm ausgeliefert
sind. Aber wir haben noch nie zuvor einem unschuldigen Menschen
geschadet. Wir müssen uns einen anderen Weg überlegen.« Sie schaute mit
entschlossenem Gesicht zu ihm auf. »Und das schaffen wir auch.«
Luke war überzeugt, daß er sie nie mehr geliebt hatte als in
diesem Augenblick. Sie würde mit allen Mitteln die Menschen, die sie
liebte, schützen und verteidigen und trotzdem nie ihre moralischen
Prinzipien verraten.
»Jake ist bereits dabei, Dokumente zu fälschen, die ich dann
zusammen mit der Beute in Wyatts Safe schmuggeln werde. Allerdings
werden sie nicht ganz so sein, wie er es erwartet«, fügte er hinzu, ehe
sie protestieren konnte. »Die ersten Fotos, die Jake bereits fertig
hat, sind ziemlich gut, und Wyatt sieht großartig darauf aus. Besonders
auf einem, das ihn in einem schwarzen Minislip aus Leder und mit
Stiefeln zeigt.«
» Sam? Du machst diese Fotomontagen mit
Bildern von Sam?« Ihre Lippen begannen zu zucken, aber sie unterdrückte
ihr Lächeln. Du verdammter Kerl, dachte sie voller Bewunderung. Aber
sie war noch nicht fertig. »Du legst ihn mit seinem eigenen Plan rein,
um ihn politisch zu ruinieren?«
»Schließlich habe ich nichts gegen Gunner, aber jede Menge
gegen Wyatt. Mir erscheint das mehr als gerecht. Abgesehen von den
Fotos und den Dokumenten – einige davon belegen, daß Wyatt in
eine Reihe von Diebstählen verwickelt ist, die dir sehr bekannt
vorkommen werden – habe ich Geld auf zwei Konten in der
Schweiz transferiert, die auf seinen Namen lauten.«
»Clever ausgeheckt«, nickte sie. »Aber mir hast du das alles
verschwiegen.«
»Ich wollte erst sicher sein, daß du dabei bist, Roxanne. Ich
dachte, der Gedanke, daß wir uns den Stein der Weisen holen, würde dich
mehr reizen. Und ich hatte gehofft, daß du mir schließlich so weit
vertrauen würdest, daß ich dir später alles erzählen könnte. Wenn du
sauer bist, weil ich es dir verheimlicht habe, dann ist das dein gutes
Recht. Solange du weiter mitmachst.«
Sie jedoch merkte, daß ihr Zorn verschwunden war. Sie verstand
Luke sogar. Und nicht nur das, sie war entzückt über diesen
raffinierten Plan. Er hätte direkt von ihr selbst sein können.
»Von heute an, Callahan, sind wir absolut gleichberechtigte
Partner oder gar nichts.«
»Wie? Einfach so? Ohne daß du mich verfluchst oder mich
wenigstens einmal beschimpfst?«
»Das hebe ich mir für andere Gelegenheiten auf.« Sie trank ihm
zu. »Auf Nouvelle und Callahan.«
Er grinste und musterte sie versonnen. »Wolltest du mich nicht
vorhin gerade verführen, ehe ich dich unterbrach?«
»Wenn ich es mir recht überlege …« Sie stellte ihr
Glas zur Seite. »… wollte ich das tatsächlich.«
Max schaute regungslos aus dem Fenster.
Luke fragte sich, was er wohl sah – die Gebäude des Viertels,
die blumenübersäten Balkone, den regenverhangenen Himmel? Oder etwas
ganz anderes, irgendeine lange zurückliegende Erinnerung?
Seit seinem Rückfall war Max noch tiefer in diese unbekannte
Welt versunken, in die ihm niemand folgen konnte. Er sprach nur noch
selten, und manchmal weinte er leise. Auch sein Körper schien sich
allmählich aufzulösen, er wurde immer magerer.
Die Ärzte hatten mit allen möglichen fremd klingenden
Ausdrücken von den Veränderungen gesprochen, die man in den Gehirnen
von Alzheimer-Patienten gefunden hatte, und welche Folgen sich daraus
ergaben, aber wem half das schon? Für Luke hatte es fast wie
irgendwelche unheimlichen Zauberformeln geklungen.
Roxanne hatte bereits hereingeschaut, um sich zu
verabschieden, und wartete unten bei Nate. Die Koffer für ihre Reise
nach Washington waren längst gepackt.
»Ich wünschte, du würdest mit uns kommen.« Luke
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