Die Tochter des Magiers
die Augen und spürte sein
tröstliches Streicheln. »Ich hatte Angst davor, tiefere Gefühle
zuzulassen.« Sie schwieg einen Moment. »Ich muß mir mein Gesicht
waschen und möchte eine Weile allein sein«, sagte sie dann ganz ruhig.
»Rox …«
»Nein, bitte.«
Sie richtete sich auf. »Geh und mach einen Spaziergang,
Callahan. Ich muß erst noch etwas ins reine bringen. Laß mir eine halbe
Stunde.«
Sie küßte ihn sanft, ehe er protestieren konnte.
»Ich komme zurück.«
»Ich verlasse mich darauf«, lächelte sie.
Es war vielleicht ein wenig spät für eine
romantische Werbung angesichts der Tatsache, daß sie ein gemeinsames
Kind hatten und sich seit Jahren liebten. Aber, wie Max gesagte hätte,
besser etwas später als zu früh.
Er ging sogar zur Haustür, statt durch die Küche
hereinzuschlendern. Wie ein neuer Verehrer kämmte er sich mit den
Fingern das Haar und läutete.
»Callahan.« Roxanne öffnete mit einem verblüfften Lachen. »Was
soll denn das?«
»Ich komme, um eine wunderschöne Frau zum Essen einzuladen.«
Er reichte ihr die Rosen und ließ anschließend mit einer schwungvollen
Verbeugung einen Strauß Seidenblumen aus seinem Hemdsärmel aufblühen.
Das hinreißende Lächeln, die überraschende Einladung, die
duftenden Rosen und der alberne Trick – das alles verschlug
Roxanne für einen Moment die Sprache. Doch dann erwachte automatisch
ihr Mißtrauen. »Was hast du vor?«
»Hab ich doch gesagt. Ich möchte dich bitten, mit mir
auszugehen.«
Ihr Lachen klang eher wie ein ziemlich undamenhaftes
Schnauben. »Klar. Und was willst du eigentlich damit bezwecken?«
Es war wahrhaftig nicht leicht, einer Frau den Hof zu machen,
die derart argwöhnisch war. »Dich zum Essen einladen«, wiederholte er
mit zusammengebissenen Zähnen. »Vielleicht danach zu einer kleinen
Autofahrt – irgendwohin, wo wir am Straßenrand knutschen
können.«
»Hast du in deinem Haus einen Wasserrohrbruch oder was?«
»Verdammt, Rox, kommst du nun mit oder nicht?«
»Ich kann nicht. Ich habe was vor.« Sie schnupperte genüßlich
an den Rosen, doch dann schaute sie mit einem Ruck auf. »Du hast mir
doch nicht etwa Blumen mitgebracht, weil ich geweint habe?«
Sie war wirklich eine harte Nuß. »Man könnte direkt glauben,
ich hätte dir noch nie im Leben Blumen geschenkt.«
»Doch, doch, das hast du schon.« Sie unterdrückte ein Lächeln.
»Zweimal sogar. Einmal als du zwei Stunden zu spät heimkamst –
und ich mir die Mühe gemacht hatte, etwas zu kochen.«
»Und du hast mir den Strauß ins Gesicht geworfen.«
»Na klar. Und das zweite Mal … ach ja, als du das
kleine Porzellankästchen zerbrochen hattest, ein Geschenk von Lily.
Also, Callahan, was hast du diesmal angestellt?«
»Nichts! Ich versuche bloß, nett zu einer Frau zu sein, die
mich jedoch gerade zur Verzweiflung bringt.«
»Ich werfe dir immerhin nicht die Blumen ins Gesicht, oder?«
Sie lächelte und nahm seine Hand. »Komm schon rein. Wir essen hier.«
»Rox, ich will mit dir allein sein, nicht in einem Haus voller
Leute.«
»Das Haus ist leer. Alle sind heute abend ausgegangen, und,
Gott helfe dir, Callahan, ich koche!«
»Oh.« Daß er ein Lächeln zustande brachte, war ein sicheres
Zeichen seiner Liebe. »Prima.«
»Ja, sag besser nichts. Gehen wir ins Wohnzimmer. Ich habe was
für dich.«
Er hätte sie fast gefragt, ob es eine Dosis Natron sei, aber
er hielt sich zurück. »Wenn du dir nicht die Mühe machen willst, zu
kochen, könnten wir uns etwas kommen lassen.« Er folgte ihr ins
Wohnzimmer und sah den Jungen auf der Couch sitzen. »Hallo, Kumpel.«
»Hallo.« Nate musterte ihn einen Moment lang so intensiv, daß
Luke sich direkt unbehaglich fühlte. »Wie kommt es, daß du nicht hier
lebst, wenn du mein Daddy bist?«
»Ich …« Ihm blieben die Worte im Hals stecken. Luke
konnte ihn nur fassungslos anstarren.
»Mama hat gesagt, du mußtest lange weg, weil ein böser Mann
hinter dir her war. Hast du ihn totgeschossen?«
»Nein.« Er schluckte. »Ich dachte mir, ich lege ihn statt
dessen ordentlich rein. Ich mag es nicht so gern, jemanden zu
erschießen.« Hilflos, ja fast verzweifelt schaute er zu Roxanne. »Rox!«
Doch sie schüttelte nur den Kopf.
»Manchmal ist es das beste, einfach ins kalte Wasser zu
springen«, meinte sie. »Ohne Probe, Callahan, ohne Vorbereitung und
ohne Requisiten.«
»Okay.« Ein wenig unsicher ging er zur Couch und kauerte sich
zu seinem Sohn. Einen Moment lang fühlte er sich wie
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