Die Tochter des Magiers
stand,
würden die Leute anfangen zu reden, zu tuscheln, und selbst wenn es
tausendmal nur Lügen waren, etwas würde davon haftenbleiben.
Wenn es nur um ihn allein ginge, wäre es noch egal. Aber der
Gedanke an Max oder Lily war unerträglich. Oder wenn Roxanne davon
erfuhr … Gütiger Gott. Hastig stürzte er den Rest des Whiskeys
hinunter, bestellte noch einen und begann, sich gründlich zu betrinken.
Roxanne war unbemerkt ins Haus und in ihr
Zimmer geschlüpft. Nach einem langen heißen Bad hatte sie sich wieder
einigermaßen gefangen und sich anschließend auf den Balkon gesetzt, um
auf ihn zu warten.
Sie sah ihn schwankend durch den Nieselregen näher kommen. Ab
und zu stolperte er, blieb stehen und ging mit der übertriebenen
Achtsamkeit eines Betrunkenen wieder los. Ihre ganze Angst und Sorge um
ihn verwandelte sich schlagartig in rasende Wut.
Dieser verdammte Kerl hatte sie in ihrem aufgelösten Zustand
einfach stehengelassen und war seelenruhig losgezogen, um einen zu
heben. Oder mehrere, wie es schien. Roxanne verknotete fest den Gürtel
ihres Bademantels und eilte hinunter in den Hof.
»Du Schwachkopf.«
Er versuchte das Gleichgewicht zu halten und grinste. »Baby,
was machst'n hier im Regen? Holst dir noch was.« Unsicher kam er einen
Schritt näher. »Mann, bis du schön, Roxy. Machst mich ganz verrückt.«
»Das sehe ich.« Auf ein Kompliment, das so genuschelt war, daß
man die Worte kaum verstand, konnte sie gern verzichten. Sie packte
reflexartig seinen Arm, als er schwankte. »Ich hoffe bloß, du mußt
morgen früh dafür zahlen.«
»Morgen abend«, murmelte er und stützte sich auf sie. Alles
drehte sich um ihn. »Muß morgen abend zahlen.«
»Falls du die Nacht überlebst.« Seufzend schlang sie seinen
Arm um ihre Schultern. »Los, Callahan, sehen wir mal, ob wir einen
betrunkenen Iren ins Bett kriegen, ohne das ganze Haus aufzuwecken.«
»Mein Urgroßvater kam aus Sligo. Das hat mir meine Mutter mal
gesagt. Hab ich dir das schon erzählt?«
»Nein«, keuchte sie, bemüht, ihn zur Nebentür zu zerren.
»Hat angeblich eine Stimme wie ein Engel gehabt. Hat in Pubs
gesungen, weiß du?« Der kühle Regen lief über sein Gesicht, als er den
Kopf zurücklehnte. »Dreckskerl war mein Vater. Hab nichts von ihm in
mir.«
»Nein, bloß etliche Liter Whiskey, so wie du stinkst.«
Er grinste und prallte gegen die Tür, ehe sie sie öffnen
konnte. »Tut mir leid. Du riechst gut, Rox. Wie eine Blumenwiese im
Regen.«
»Aha, der irische Poet.« Doch sie errötete unwillkürlich,
während sie ihn mit einer Hand stützte und mit der anderen die Tür
aufstieß.
»Ich bin richtig froh, daß du keine Titten hast wie diese
Schnalle heute abend. Ich glaube nicht, daß ich so was mag.«
»Welche Schnalle?« zischte Roxanne böse. »Ach, ist ja auch
egal.«
»Ich find's nicht besonders aufregend, irgendeiner Puppe beim
Strippen zuzusehen, wenn ringsum noch ein Dutzend andere Kerle hocken.
Allein zu zweit gefällt's mir besser, weißt du?«
»Faszinierend.« Gnadenlos versetzte sie ihm einen Stoß, daß er
gegen den Küchentisch taumelte. »Läßt mich im Regen stehen und rennt
los in einen Stripschuppen. Du bis echt ein Kavalier, Callahan.«
»Ich bin ein Bastard«, erklärte er leutselig. »Schon so
geboren, und so sterbe ich auch.« Er drehte sich zu ihr um, als sie
versuchte, ihn zur Treppe zu bugsieren. »Vielleicht sollte ich ihn
einfach umbringen. Wäre wenigstens ein glatter Schlußstrich.«
»Nein, du hast mir versprochen, du würdest bloß mit ihm reden.«
Luke fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, um sich zu
überzeugen, daß es noch da war. »Mit wem?«
»Gerald.«
»Ach ja.« Er stolperte über die erste Stufe und setzte sich zu
Roxannes Erbitterung einfach hin, als wolle er auf der Stelle
einschlafen. »Es ist unheimlich, so verflucht unheimlich, diese
verdammten Erinnerungen. Du warst vielleicht nicht in der Lage, dich zu
wehren, bist betatscht und besabbert worden und – o
Herrgott …« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. »Will
nicht mehr daran denken.«
»Dann laß es. Denk lieber daran, nach oben zu kommen.«
»Muß mich hinlegen«, brummte er ärgerlich, als sie an ihm
zerrte. »Laß mich in Ruhe.«
»Du wirst hier nicht einschlafen wie ein besoffener Penner,
auch wenn du einer bist. Lily gerät vor Sorgen aus dem Häuschen, wenn
sie dich hier findet.«
»Lily.« Angetrieben von Roxanne kroch er seufzend weiter die
Treppe hinauf. »Die erste Frau, die ich je
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