Die Tochter des Magiers
vergewaltigt?«
»Nein.« Sie wehrte sich nicht, als Luke seinen Arm um sie
legte. Sie zitterte nicht aus Angst, sondern weil sie sich verraten
fühlte. Sie hatte geglaubt, Gerald zu kennen, hatte ihn gemocht, und er
hatte sie rücksichtslos zum Sex zwingen wollen. »Nein, er hat mich
nicht vergewaltigt. Ich schwöre es.«
»Er hat deine Bluse zerrissen.«
Sie lächelte grimmig. »Er hat behauptet, ich hätte ihm die
Nase gebrochen, aber ich glaube, ich habe sie leider nur blutig
geschlagen.« Sie lachte auf und lehnte den Kopf an Lukes Schulter. Es
war ein gutes Gefühl, seine Nähe und das stetige Pochen seines Herzens
zu spüren. Wann immer es wirklich schlimm wird, ist Luke da, dachte
sie. »Du hättest ihn jammern hören sollen. Luke, ich will nicht, daß
Max oder Lily davon erfahren. Bitte.«
»Max hat ein Recht …«
»Ja, sicher.« Sie hob den Kopf. Die Regentropfen auf ihrem
Gesicht sahen aus wie Tränen. »Aber es würde ihn nur unnötig aufregen.
Es ist ja nichts passiert, wozu ihm also unnötig einen Schreck
einjagen?«
»Ich sage nichts. Wenn …«
»Ich wußte, daß es ein ›wenn‹ geben würde.«
»Wenn«, wiederholte Luke und hob mit einem Finger ihr Kinn an,
»du mich mit diesem Dreckskerl reden läßt. Ich will dafür sorgen, daß
er in Zukunft die Hände von dir läßt.«
»Da brauchst du dir wirklich keine Gedanken zu machen, glaub
mir. Eher läßt er es mir gerichtlich verbieten, mich ihm noch einmal
auf zehn Meter zu nähern.«
»Entweder rede ich mit ihm oder mit Max.«
»Du Sturkopf.« Sie seufzte und überlegte. »Na gut, ich sage
dir, wo du ihn findest, wenn …«
»Aha – wenn?«
»Wenn du schwörst, daß du wirklich nur mit ihm redest. Es ist
nicht mehr nötig, daß du losziehst und jemanden für mich
zusammenschlägst.« Sie lächelte und wußte, daß er ebenfalls an Sam
Wyatt dachte. »Diesmal habe ich das schon allein besorgt.«
»Nur reden«, versicherte Luke. Es sei denn, er fand, daß ein
bißchen mehr Nachdruck angebracht wäre.
»Tatsächlich könntest du mir einen Gefallen tun.« Sie zögerte
ein wenig, da es ihr schwerfiel, darüber zu reden. »Ich bin nicht ganz
sicher, aber er … er hat so was gesagt, daß …«
»Was?«
»Ich glaube, er hatte irgendwo heimlich eine Kamera laufen.
Wollte das Ereignis filmen, weißt du?«
Luke öffnete den Mund, aber er brachte vor Verblüffung keinen
Ton heraus – was wahrscheinlich auch besser war. »Wie bitte?«
»Er studiert Film«, erklärte sie hastig. »Ist total
filmverrückt und hat so einen Videofimmel. Deshalb bin ich ja mit in
sein Apartment gegangen. Wir wollten uns ein paar klassische Filme
anschauen. Und er …« Sie holte tief Atem. »Na ja, ich bin
ziemlich sicher, daß er eine Kamera laufen hatte, damit wir uns nachher
selbst anschauen könnten.«
»Dieses perverse Arschloch.«
»Ich habe nur gedacht, wenn du schon unbedingt mit ihm reden
willst, könntest du ihn vielleicht dazu bringen, daß er dir das Band
gibt.«
»Verlaß dich drauf. Und wenn du je wieder so was
machst …«
»Ich?« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Hör mal, du
Schwachkopf, ich bin fast vergewaltigt worden. Das heißt, ich bin das
Opfer, kapiert?«
»Ich habe doch nicht gemeint …«
»Halt die Klappe. Das ist wieder mal typisch männlich. Du
denkst natürlich, ich muß es irgendwie herausgefordert haben, ja?
Garantiert meinst du, ich hätte diesen armen, wehrlosen Mann in meine
Fänge gelockt und dann um Hilfe geschrien, als es zur Sache ging.«
»Blödsinn.« Er zog sie fest an sich. »Tut mir leid. Ich habe
nichts dergleichen gemeint. Herrgott, Roxanne, kannst du nicht
verstehen, was du mir für einen Schrecken eingejagt hast? Ich weiß
nicht, was ich getan hätte, wenn er … Ich weiß wirklich nicht,
was ich dann getan hätte.«
»Schon gut.« Ein Schauder überlief sie bei der Erinnerung.
»Okay.« Er streichelte sie tröstend, und sein Mund suchte unwillkürlich
ihre Lippen. »Niemand wird dir jemals wieder etwas tun.« Sanft küßte er
die Regentropfen von ihren Lippen, doch rasch wurden seine Küsse immer
leidenschaftlicher. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, und einen
Moment lang, einen herrlichen Moment lang, gab er sich der Illusion
hin, es könne Wirklichkeit sein.
»Fühlst du dich besser?« fragte er mit einem angespannten
Lächeln und wich einen Schritt zurück.
»Jetzt schon«, flüsterte sie leise und wollte seine Wange
streicheln. Als er ihre Hand ergriff und seine Lippen in die
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