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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Abends das Atmen immer schwerer, da ihre Mutter insgesamt schmaler gebaut gewesen war als sie, doch sie schaffte es, sich nichts anmerken zu lassen.
    Ein paar Mal wagte sie einen verstohlenen Blick zu Randolf, der die meiste Zeit düster vor sich hin brütete, während Betlindis allem Anschein nach nichts von seiner schlechten Stimmung bemerkte. Sie amüsierte sich offensichtlich prächtig und plauderte angeregt mit einer älteren Gräfin, die ihr gegenübersaß.
    Unendlich erleichtert stand Henrika auf, nachdem sie das festliche Mahl hinter sich gebracht hatte, und war über alle Maßen froh, als sie endlich ihre Zimmertür hinter sich schließen konnte.
    Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie die Königin gar nicht gesehen hatte, und sie nahm sich vor, Betlindis bei Gelegenheit danach zu fragen. Andererseits war es ihr auch völlig gleichgültig, denn am liebsten hätte sie sich einfach in Luft aufgelöst, obwohl ihr durchaus klar war, dass sie es viel schlimmer hätte treffen können. Kuno sah nicht schlecht aus und verfügte über einigen Charme und gute Manieren, allerdings überzeugte sie mit diesen Argumenten nicht ihr Herz. Hätte Henrika zu dem Zeitpunkt bereits gewusst, dass sich ihre Mutter siebzehnJahre zuvor in einer ähnlichen Situation befunden hatte, wäre es für sie sicherlich sehr tröstlich gewesen. Wenn auch die Rahmenbedingungen damals bei der prachtvoll ausgerichteten Curie, die kurz vor dem Tod des Kaisers in Goslar stattgefunden hatte, ungleich festlicher gewesen waren, so litt ihre Mutter zu diesem Zeitpunkt ebenfalls unsäglich unter Liebeskummer.
    Niedergeschlagen darüber, dass Esiko den Hof und damit auch sie verlassen wollte, hakte Hemma sich bei ihrem Vater ein und ging langsam mit ihm zum Hof hinaus, wo Esiko bereits im Wagen wartete. Sie warf ihm einen scheuen Blick zu, und die offensichtliche Bewunderung in seinen Augen machte ihr zusätzlich zu schaffen. Vor allem, weil sein linkes Auge durch den Faustschlag des Pfalzgrafen Friedrich fast völlig zugeschwollen war.
    Die kurze Fahrt verlief schweigend, doch Hemmas Stimmung hob sich ein wenig, als sie in den Pfalzbezirk einfuhren und das festlich beleuchtete Gebäude vor ihnen auftauchte. Nicht nur an den Fensterarkaden im Obergeschoss brannten zwischen den einzelnen Öffnungen Fackeln, sondern der gesamte Weg und auch die Ritterhäuser links und rechts davon leuchteten im Licht der flackernden Feuer auf, und die kaiserliche Pfalz bot mit ihrer Umgebung in der abendlichen Dämmerung ein atemberaubendes Lichterschauspiel.
    Langsam fuhren sie den Hügel hinauf, wo sie sich in die lange Kolonne einreihten. Die Musik, die sie aus der Ferne bereits leise gehört hatten, erklang nun immer lauter, und während Hemma einige Musiker auf dem Platz vor der Pfalz erkannte, versuchte sie ihre Aufmerksamkeit ganz auf die vor ihr liegenden Stunden zu lenken. Esiko hielt direkt vor dem Gebäude, und Gottwald half seiner Tochter beim Aussteigen. Hemma freute sich, als sie den Stolz in den Augen ihres Vaters aufglimmen sah, während er ihr aufmunternd zulächelte. Eine Geste, die ihr dabei half, das Privileg, am Arm ihres stattlichen Vaters gehen zu dürfen, zu genießen. Gottwalds seidene Kotte schimmerte nachtblau und war am Kragen, auf den Ärmeln sowie am Saum mit einer schwarzen, mit Silberfäden durchwirkten Borte verziert. Sein Bart war frisch gestutzt, und das Schwert lag ausnahmsweise zu Hause. Damit passte er gut zu seiner ebenfalls in Blau gekleideten Tochter, bei der die Farbe ihres Gewands mit dem Blau ihrer Augen wetteiferte.
    Während Esiko den Wagen wegbrachte, um mit den anderen Bediensteten auf das Ende der festlichen Veranstaltung zu warten, betrat Hemma mit ihrem Vater die Pfalz. Begleitet von der Musik, gingen sie durch den halbrunden Eingang und gelangten in den Saal, der sich im Erdgeschoss befand. Er war ein Spiegelbild des oberen Saals, der in den kalten Monaten nicht benutzt werden konnte. Selbst die dicken Decken, die vor den großen Fensteröffnungen hingen, vermochten die Kälte, die der eisige Ostwind hereintrug, nicht aufzuhalten. Daher hielt der Kaiser, wenn er in den Wintermonaten in Goslar weilte, seine Versammlungen und Festlichkeiten immer in dem unteren Saal ab, der sogar über eine Warmluftheizung verfügte und zudem kleinere Fensteröffnungen hatte. Zahlreiche Diener waren seit dem Ende der Beratungen damit beschäftigt, den oberen Saal für das festliche Essen herzurichten.
    Hemma, die noch nie zuvor einem solch

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