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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Vater unentwegt Henrika ansah, deren weizenblonde Haare im Licht der warmen Junisonne schimmerten. Schließlich blickte sie verlegen zur Seite, und Randolf räusperte sich. Der kurze, fast magische Moment war vorbei.
    »Leider muss ich dir Fräulein Henrika kurz entführen, denn wir müssen zum König, und den dürfen wir nicht warten lassen, wie du sicher weißt«, sagte der Ritter mit belegter Stimme. »Du kannst solange in der Werkstatt des Münzmeisters warten, oder möchtest du zu deiner Mutter? Es geht ihr wieder besser.«
    Der Junge überlegte einen Augenblick, dann teilte er den beiden selbstbewusst mit, dass er sowieso Herrn Clemens versprochen habe, ihm bei der Arbeit zu helfen, und lief vor ihnen ins Haus.
    Den Weg zum Palas des Königs legten sie schweigend zurück, doch irgendwann konnte Henrika ihre Neugier nicht länger zügeln. »Warum will der König mich sehen?«, fragte sie.
    Randolf schüttelte nur den Kopf und blieb ihr die Antwort schuldig.
    Verwirrt bemerkte die junge Frau, dass sich seine Miene verdüsterte, und sie verkniff sich eine erneute Frage. Stattdessen nahm ein ungutes Gefühl von ihr Besitz, das sich bis zu ihrer Ankunft im großen Empfangsraum des Palas von König Heinrich weiter verstärkte.
    Der Monarch war nicht alleine, sondern unterhielt sich gerade mit einem jungen Mann von höchstens zwanzig Jahren. Beide verstummten, als Henrika in Randolfs Begleitung eintrat, und wandten ihnen ihre Aufmerksamkeit zu. Die junge Frau versank in einem tiefen Knicks, während Randolf sich knapp vor dem König verbeugte und mit grimmigem Blick zusah, wie Heinrich seiner Besucherin die Hand reichte und sie sich erhob.
    »Ihr seid in den vergangenen Monaten wahrlich noch schöner geworden, edles Fräulein«, sagte der König.
    Henrika senkte verlegen das Haupt unter dem durchdringenden Blick seiner dunklen Augen. »Vielen Dank, Euer Majestät«, flüsterte sie, sah dabei aber weiter zu Boden.
    »Es wäre in der Tat ungeheuer schade, wenn wir diesen Anblick der restlichen Gesellschaft vorenthalten würden«, fuhr der Monarch fort und schlug dem jungen Mann an seiner Seite auf die Schulter.
    Verdutzt hob Henrika den Kopf. Sie spürte, wie dasunangenehme Gefühl sich stärker in ihr ausbreitete, und wappnete sich gegen das, was noch kommen würde. Der andere Mann war genau das Gegenteil des Königs, mit seinen kurzen, hellen Haaren und der ebenfalls sehr hellen Haut. In seinen fast wasserblauen Augen konnte Henrika die gleiche Bewunderung lesen, die ihr bereits bei Dietbert aufgefallen war, wenngleich sie bei dem ihr unbekannten Mann nicht unangenehm wirkte. Heinrich wirkte dagegen eher düster und von sich eingenommen, wobei Henrika nicht umhinkonnte, ihm eine gewisse charismatische Ausstrahlung zuzusprechen.
    »Daher habe ich entschieden, dass Ihr Euch in diesem Jahr noch vermählen sollt, Euren Vater ließ ich bereits unterrichten«, teilte der König ihr leichthin mit. »Darf ich vorstellen: Kuno von Beichlingen, der Sohn des Grafen von Northeim und Euer zukünftiger Ehemann«, fuhr er fort, und seine Augen blitzten förmlich auf, als er sah, wie Randolf die leicht schwankende junge Frau sofort stützte. »Selbstverständlich werdet Ihr noch heute in das Haus Eures Vaters umziehen, wo Ihr dann die Zeit bis zu Eurer Vermählung verbringen könnt.«
    Spät in der Nacht lag die unglückliche Henrika auf ihrem Bett und starrte in die Dunkelheit des Raumes. Zum ersten Mal hatte sie Anlass dazu, dem König dankbar zu sein, denn nun brauchte sie sich wenigstens nicht auch noch den Qualen aussetzen, jeden Abend miterleben zu müssen, wie Randolf mit seiner Frau dasselbe Gemach aufsuchte.
    Sie hatte zusammen mit dem ihr vom König präsentierten Ehemann an dem Abendessen teilnehmen müssen. Zu ihrer großen Erleichterung waren noch viele andere Personen anwesend, von denen sie, außer Randolf und seiner Frau, jedoch niemanden kannte. Nichtzuletzt trug die Tatsache, dass Dietbert von Hanenstein sich nicht unter den Gästen befand, zu einer gelösteren Haltung bei.
    Kuno erwies sich als äußerst galant und schien mit der Entscheidung des Königs mehr als zufrieden zu sein. Henrika hatte ein Kleid ihrer Mutter an, das Waltraut ihr in aller Eile umgeändert hatte. Um den Größenunterschied auszugleichen, trug die junge Frau ein langes perlmuttfarbenes Unterkleid unter der zartblauen Kotte, die zwar nicht mehr ganz der gängigen Mode entsprach, aber für den Anlass genügte. Henrika fiel zwar im Laufe des

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