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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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aus!«
    Gottwald erhob sich aus seiner Verbeugung und stimmte ihr mit einem angedeuteten Nicken zu.
    In der Tat war das Kaiserpaar ein erhebender Anblick. Agnes war, trotz ihrer sechs Kinder, von schmaler Gestalt, und beide schienen durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden zu sein, denn ihre Innigkeit war offensichtlich. Während die kleine Familie langsam zu ihrem Platz am Kopf der Tafel ging, warf Hemma einen Blick auf Heinrich, den Sohn der beiden. Er war der ersehnte Thronerbe nach drei Mädchen und war bereits vor zwei Jahren in Köln zum König gekrönt worden. Auf den ersten Blick wirkte er ein wenig schüchtern, doch als Hemma ihn genauer betrachtete, stellte sie die gleiche trotzige Haltung fest, die sie selbst nur zu gut von sich kannte. Ansonsten war er durchaus als hübsch zu bezeichnen. Er war von normaler Größe und Statur, und das Gesicht des Sechsjährigen umrahmten braune Locken. Allerdings war bereits jetzt zu erkennen, dass auch er einmal den leicht düsteren Ausdruck seines Vaters bekommen würde. Die etwas tief liegenden, eng zusammenstehenden, dunklen Augen und die kräftige Nase deuteten jedenfalls darauf hin. Der trotzige Ausdruck entstand sicherlich auch durch den Mund, da die schmalen Lippen an den Seiten nach unten zeigten.
    »Nachher ergibt sich bestimmt eine Gelegenheit, dass sie dich begrüßen werden«, raunte Gottwald seiner Tochter ins Ohr.
    Nachdem die kaiserliche Familie ihre Plätze eingenommen hatte, erklang das Rascheln der seidenen Gewänder, als sich die Gäste ebenfalls setzten. Gleich darauf wurde es wieder still, denn Papst Viktor sprach mit wohlklingender Stimme ein Tischgebet, in dem er für die Speisen dankte und um Schutz für das Kaiserpaar bat. Schließlich erschienen fast zwei Dutzend Bedienstete, die Unmengen von Platten mit den verschiedensten Gerichten hereintrugen.
    Hemma, die sich auch sonst nicht über mangelnde Vielfalt beim Essen beklagen konnte, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Während einige Diener die großen Scheiben Brot vor den Gästen auf den Tisch legten, um darauf dann das Fleisch zu geben, stellten andere Schüsseln auf die langen Tischreihen, in denen das dampfende Essen wartete. Das gegrillte Fleisch war so schwer, dass jeweils zwei Männer die großen Holzbretter tragen mussten. Hemma entdeckte darauf Ferkel und Hammelkeulen, mehrere Sorten Geflügel, darunter Hühner, Tauben und Fasane. Sogar einen Pfau trugen sie herbei, dessen bunte, wunderschöne Federn in dem gegrillten Körper steckten und so ein letztes Rad schlugen. Eine Platte mit Forellen und einem Fisch, den Hemma nicht kannte, stand ganz in ihrer Nähe auf dem Tisch. Natürlich fehlten auch die verschiedenen Wildsorten aus den heimischen Wäldern des Harzes nicht. Von Hasen bis hin zu Rehen und Hirschen war fast alles vertreten.
    Hemma wusste von ihrem Vater, dass der Kaiser mit großer Gesellschaft nach seinem Aufenthalt hier weiter nach Bodfeld zog, wo sich sein Jagdhof befand. Mit großer Wahrscheinlichkeit stand dort dann weiteren Tieren die letzte Stunde bevor.
    Da fingen im Hintergrund die Musiker wieder leise an zu spielen.
    »Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, Euch meine Bewunderung kundzutun. Ihr stellt alles andere hier in den Schatten, mit Ausnahme unserer verehrten Kaiserin«, versuchte sich Pfalzgraf Friedrich bei Hemma einzuschmeicheln.
    Zu ihrem Leidwesen saß er ihr direkt gegenüber, während sein Bruder ein paar Plätze weiter ganz in der Nähe des Kaisers saß. Sie dankte ihm kühl. Auch der leicht vorwurfsvolle Blick ihres Vaters konnte nichts an ihrem Verhalten ändern. Wenn sie auch zu machtlos war, um die Hochzeit zu verhindern, so konnte sie doch niemand dazu zwingen, Friedrich falsche Freundlichkeit vorzutäuschen.
    Ihr zukünftiger Gemahl war niemand, der so leicht aufgab. »Ich hoffe doch sehr, dass Ihr nicht mehr ungehalten seid wegen des leidlichen Zwischenfalls heute, edles Fräulein. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich noch immer Euren Zorn auf mich zöge.«
    Durch seine Frage war sie gezwungen, auf ihn einzugehen und gleichzeitig ihre Verärgerung darüber zu überspielen. »Ich bin gewiss kein nachtragender Mensch, Graf Friedrich. Aber ich bitte um Nachsicht, wenn ich nicht so gesprächig bin, denn bisher habe ich noch keinem Festessen beigewohnt, das so prächtig war wie dieses.«
    Ihr Vater schien sich genötigt zu sehen, unterstützend einzugreifen. »Meine Tochter ist noch jung, werter Graf, und es fehlt ihr an Erfahrung«,

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