Die Tochter des Münzmeisters
Es hatte ihr schon immer gut gefallen, wenn Randolf sie wie eine ebenbürtige Gesprächspartnerin in solch wichtigen Dingen behandelte. »Was glaubt Ihr? Wie lange lässt der König die Fürsten wohl noch warten?«
Randolf ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf die Bank fallen und wies mit der Hand auf den Platz neben ihm. Zögernd kam sie seiner Aufforderung nach, wobei sieauf einen ausreichend großen Abstand zu ihm achtete, und lauschte mit großem Interesse dem kurzen Abriss seiner Unterhaltung, die er mit dem König zuvor geführt hatte.
Als Henrika hörte, dass Heinrich unnachgiebig bleiben wollte, griff sie ohne Hintergedanken nach dem Arm des Ritters. »Sie werden sich das nicht gefallen lassen, oder?«, fragte sie mit Furcht in der Stimme und vergaß, dass sie eigentlich jede Berührung mit ihm vermeiden wollte.
»So eine Demütigung?«, stieß Randolf bitter hervor und legte seine Hand wie beiläufig auf die ihre. »Ganz sicher nicht! Allerdings gibt es vielleicht noch jemanden, der den König vom Gegenteil überzeugen könnte und den ich hiernach noch aufsuchen will«, fügte er mit leiser Stimme hinzu und suchte ihren Blick.
Obwohl sie wusste, dass sie sich selbst damit quälte, zog sie die Hand nicht zurück, und mit einem Mal erzählte sie ihm von dem Vorschlag, den Dietbert von Hanenstein ihr gemacht hatte.
»Seid Ihr von Sinnen? Wie könnt Ihr auch nur für einen Moment erwägen, diesen Mann zu ehelichen?«, warf Randolf ihr erregt vor, während er aufsprang und sich mit wütender Miene vor ihr aufbaute.
»Es würde meiner Großmutter so viel bedeuten! Was wisst Ihr denn schon von ihren Leiden?«, verteidigte die junge Frau sich erregt, freute sich insgeheim aber über seine Reaktion, obwohl sie es bedauerte, dass er nun nicht mehr ihre Hand hielt.
Immer noch aufgebracht ging Randolf ein paar Schritte im Garten umher, dann setzte er sich wieder und atmete tief durch. »Ihr könnt sicher sein, dass ich es weiß, denn auch mir bedeutet die Sache unglaublich viel«, gab er Henrika zu verstehen und ergriff erneut ihre Hand.»Aber es gibt bestimmt noch einen anderen Weg, um Eure Großmutter glücklich zu machen! Versprecht mir, dass Ihr nie wieder so etwas in Erwägung ziehen werdet.«
Henrika hatte seinen eindringlichen Worten nichts entgegenzusetzen und nickte nur stumm. Unter seiner Berührung und dem flehenden Blick geriet selbst ihr geliebter Garten, in dem sie saßen, ins Vergessen, und auch den schönen Gesang der Vögel nahm Henrika kaum wahr.
»Empfindet Ihr etwas für ihn?«
Schlagartig war die Harmonie zwischen ihnen zerstört, und mit weit aufgerissenen Augen starrte Henrika den Ritter an. »Für Dietbert?«, fragte sie fassungslos.
»Nein«, entgegnete Randolf mit leichtem Ärger, »ich meine natürlich den jungen Grafen. Vorhin hat er Eure Hand gehalten und vor Euch auf dem Boden gekniet! Was sollte ich sonst denken?«, stieß er hervor, als er ihre Empörung bemerkte.
Mühsam beherrscht zog Henrika ihre Hand ruckartig zurück, während sie über die Abwegigkeit dieser Frage den Kopf schüttelte. »Ihr wart doch dabei, als der König ihn mir als meinen zukünftigen Gemahl präsentiert hat! Es ist wohl sein gutes Recht, meine Hand zu halten, denke ich.« Als sie sich von ihrem Platz erhob und zurück ins Haus ging, musste sie sich zwingen, nicht zu rennen.
Randolf saß noch einen Augenblick da und sah auf die leere Türöffnung, durch die Henrika gerade verschwunden war, als ihm einfiel, dass er sie eigentlich um etwas hatte bitten wollen. Obwohl er ihr nach seiner törichten Frage am liebsten aus dem Weg gegangen wäre, lief erHenrika nach, während er ihren Namen rief und dabei beinahe in der Werkstatt den Münzmeister umgelaufen hätte.
»Herr Randolf, was kann meine Tochter noch für Euch tun?«, fragte Clemens zurückhaltend, da ihm das ungestüme Verhalten des sonst so besonnenen Ritters nicht sonderlich gut gefiel.
»Ich bitte mein ungebührliches Eindringen vorhin zu entschuldigen, aber ich hatte keine andere Wahl«, gab Randolf leicht zerknirscht zurück. Die Haltung des Münzmeisters änderte sich augenblicklich. »Außerdem wollte ich Fräulein Henrika darum bitten, sich freundlicherweise um meinen Sohn zu kümmern, da es meiner Frau seit gestern Abend leider nicht gutgeht und ich aus verständlichen Gründen beim König unabkömmlich bin.«
Henrika, die nach Randolfs Rufen zurückgekehrt war, vergaß ihren Ärger über seine ungebührliche Frage und erkundigte sich
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