Die Tochter des Münzmeisters
Antwort wartete. Sie befanden sich in dem Stockwerk unterhalb des ersten großen Saales, in dem sich unter anderem auch die Wachen aufhielten. Heinrich saß zusammen mit drei seiner Ministerialen an einem groben Holztisch und würfelte, während er in regelmäßigen Abständen seinen mit Wein gefüllten Becher an den Mund führte.
Seit über einer Stunde nun frönte der König seiner Leidenschaft, dem Würfelspiel, und gedachte erst damit aufzuhören, wenn die sächsischen Adeligen das Warten aufgaben. So jedenfalls hatte er es mit einem Augenzwinkern Randolf mitgeteilt, der nun nichts weiter tun konnte, als ihm dabei zuzusehen.
»So, und Ihr seid sicher, dass Euer Onkel wirklich alleine kommen will? Soll ich deshalb ohne Begleitung mit ihm sprechen?«, fragte Heinrich endlich beiläufig, während er den ledernen Becher mit den Würfeln zum wiederholten Mal auf den Tisch knallte.
»Er hat ausdrücklich zu mir gesagt, dass es um vertrauliche Dinge geht, die nur Euch und ihn betreffen. Deshalb bittet er Euch aufs Untertänigste darum, allein zu erscheinen«, bat Dietbert schmeichelnd.
Das gefiel dem König offensichtlich, denn er erhob sich mit einem Ruck und gab bekannt, dass er sich gnädigzeigen und dem Wunsch des Grafen von Northeim nachkommen wolle.
»Euer Majestät, ich bitte darum, Euch begleiten zu dürfen. Es könnte sich um eine Falle handeln«, warnte Randolf ihn mit leisen, aber eindringlichen Worten, damit Dietbert ihn nicht hören konnte, und trat einen Schritt auf ihn zu.
Heinrich lehnte mit einer Handbewegung ab. »Dietbert, begebt Euch hinaus zu Eurem Onkel und führt ihn zu mir. Allerdings nicht an den Ort, den Ihr vorgeschlagen habt, sondern einen Raum weiter. Wenn er unterhalb der Arkaden zur rechten Seite hin das Gebäude betritt, wird ihm trotzdem nicht die Gnade gewährt, offiziell zu einer Audienz vorgelassen zu werden. Andererseits zeige ich mich großmütig und gewähre ihm eine persönliche Unterredung.«
Randolf sah dem davoneilenden Dietbert nach und wollte erneut sein Glück versuchen, aber der König kam ihm zuvor.
»Ihr haltet Euch mit ein paar Männern bereit und wartet auf ein Zeichen von mir. Ich denke, der vorgeschlagene Vorratsraum eignet sich hervorragend dafür, denn er ist nah genug, um notfalls rechtzeitig eingreifen zu können.«
Randolf nickte, gab drei Männern der Wache den Befehl, ihm zu folgen, und verließ sofort mit ihnen die Wachstube. Auf dem Weg zu dem Ort, wo sie warten sollten, grübelte er darüber, was es wohl mit dem angeblichen Wunsch des Northeimers auf sich haben könnte.
Dietbert hatte die Vorratskammer schnell erreicht, denn dort sollte sich wie abgesprochen sein Komplize Egeno befinden. Durch die unerwartete Entscheidung des Königs,einen anderen Raum für das Treffen zu wählen, war sein schöner Plan ins Wanken geraten, und er verfluchte Heinrich innerlich. Noch ärgerlicher wurde er, als er niemanden in dem Lagerraum entdecken konnte. Ratlos blieb er für einen Moment am Eingang stehen, dann beschloss er, nebenan nachzusehen, falls der Mann ihn falsch verstanden haben sollte. Zu Dietberts großer Erleichterung zeigte er sich, kaum dass er eingetreten war.
»Mann, abgesprochen war der Raum nebenan! Aber deine Blödheit hat sogar etwas Gutes, denn das Treffen findet nun hier statt. Ich gehe jetzt und hole meinen Onkel, der König wird gleich eintreffen.«
Egeno zeigte sich von den ungnädigen Worten nur wenig beeindruckt und sah seinem Komplizen mit gleichmütiger Miene nach, als er nach draußen verschwand. Dietbert musste nun nur noch seinen Onkel davon überzeugen, dass der König ihn unbedingt unter vier Augen sprechen wollte. Der Mann mit dem fehlenden Ohr stellte sich die Aufgabe nicht sonderlich schwierig vor, denn er hatte seine eigenen Erfahrungen mit dem Northeimer gemacht. Wenngleich ihm die Beschuldigung Graf Ottos als angeblichem Verräter des Königs nicht viel eingebracht hatte, so hatte dennoch für den damaligen Herzog von Baiern eine schlimme Leidenszeit begonnen. Egeno hatte nichts gegen den Mann, es war nur ein gutbezahlter Auftrag gewesen, weiter nichts.
Ein Auftrag wie dieser, allerdings musste er auch diesmal die Gefahr für sein eigenes Leib und Leben so gering wie möglich halten. Deshalb hatte er sich auch nicht an dem abgesprochenen Ort versteckt, sondern in dem kleinen Raum nebenan. Es geschah nicht aus Versehen, wie Dietbert angenommen hatte, sondernaus purem Selbsterhaltungstrieb. Sollte etwas an dem Plan
Weitere Kostenlose Bücher